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Restaurant Lysverket, Bergen

Vorab: Kein Blog ohne Bahn!

Die Stadtbahn Bergen, 2010 eingeweiht, würden wir aber heute Abend nicht mehr und auch morgen nicht nutzen. Für den morgigen Transfer zum Flughafen hätten wir zwar auch die Tram nehmen können, die Linie 1 fährt aus der Innenstadt direkt zum Flughafen, aber der Flughafenbus fährt direkt vor dem Hotel ab. Und morgen wollten wir kein Risiko eingehen, also haben wir vorab schon ein Ticket gekauft.

Jetzt wollten wir aber nicht an den morgigen Abflug denken, sondern uns auf das letzte von vielen kulinarischen Highlights des Urlaubs einstellen und dazu mussten wir am Festplatz und dem kleinen See namens Lille Lungegårdsvannet, der mitten in Bergen liegt. Spannend, dass der See immer noch mit dem Meer verbunden ist und so auch einen kleinen Tidenhub hat.

Unser Ziel lag allerdings auf der anderen Seite direkt neben dem Kunstmuseum Bergens: Das Restaurant Lysverket.

2023 feierte das Restaurant sein 10-jähriges Bestehen. Es ist ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant, das von Küchenchef Christopher Haatuft geführt wird und ihm sogar gehört. Was bedeutet, dass er als Herr seines Hauses schalten und walten kann, wie er möchte und dies auch tut. Von der New York Times wurde das Lysverket 2017 als „redefining Nordic Cuisine“ bezeichnet, was angesichts der so regional wie irgend möglich gestalteten Karte auch verständlich ist. 2017 hatte halt noch niemand von Konzepten wie „brutal regional“ oder sonstwas gehört, wie es aktuell in Berlin oder sonst irgendwo halt trendig ist. Das Restaurant ist recht schick mit einem Touch Industrie-Charme eingerichtet und war schon gut gefüllt, trotzdem wir schon um 18 Uhr einen Tisch reserviert hatten.

Es war auch recht laut und wir wurden an einen Zweiertisch in einer Reihe von drei Tischen gesetzt, was jetzt nicht gerade der schönste Ort war. Lieber hätten wir uns an eines der Fenster zum See hin gesetzt, haben aber auch nicht nachgefragt, ob dies möglich wäre. Letztendlich wären wir wohl auch dahin umgesetzt worden, denn nur einer der drei Fenster-Tische war am Ende belegt und das Pärchen, was da hin sollte, wollte auch wo anders hin.

Aber am Ende war unser Tisch auch gar nicht so schlecht, denn so konnte man auch mal links und rechts spinxen und zuhören, was dort erklärt wurde.

Eines der neuen Projekte von Chef Haatuft ist das MatTak Projekt, was er gemeinsam mit einem Gärtner aus Bergen ins Leben geruft hat und was als Ziel hat, die Produktion von Lebensmitteln im Einklang mit den hier in Bergen merkbare Klimawandel zu ändern und neue Methoden dazu auszuprobieren. Viele der im Restaurant benutzten Zutaten kommen aus den Gärten dieses Projektes und somit aus der nahen Umgebung.

Beginnen wir, nachdem wir unsere übliche Bestellung mit dem 10-Gang Menü und der Weinbegleitung, mit dem Thunfisch, Tomaten, Liebstöckel und einem selbst hergestellten Chili-Öl.

Eine nahe unserer Variante von Tohu Nakamuras Thunfisch liegender, sehr kräftiger Einstieg in das Menü. Lecker und Lust auf mehr machend, aber irgendwie auch nicht so spektakulär.

Das änderte sich dann beim nächsten Gang, denn der war gerade für Jens sehr, sehr lecker. Meike fremdelte ein wenig mit der in kleine Streifen geschnittene Islandmuschel. Dazu Gurke als Perlen, Gurkensud und ein Zitrus-Gel sowie ein Dill-Öl.

Sehr fein, sehr auf die Muscheln fokussiert und dennoch mit viel Tiefe. Dazu geb es auch einen Sake, einen Junmai-Sake aus der Gegend um Niigata. Ebenfalls eine klasse Begleitung dieses aufwendigen Gangs.

Beim nächsten Gang gab es dann wieder Wein und das auch noch mit Esel-Logo! Wobei das Bild für uns eher Spanien sagte, aber tatsächlich ein Wein aus Südafrika zierte.

Diesen Chenin Blanc von 2022 gab es zu einem sehr puristischen Gang, nämlich einem gerösteten Fisch, der vorher lediglich vakuumiert und nicht gekocht wurde und somit eine Art Sashimi darstellte. Dazu gab es einen Lavendel-Senf und ein Artischockenpüree.

Letztes wurde wieder genau erklärt, bevor wir sagen konnten „Artischocken kennen wir“ – in Norwegen scheint das nicht so verbreitet zu sein.

Der Fisch war hier das Highlight, ein sagenhaft saftiges Stück mit einer sehr starken und dadurch kräftig schmeckenden Grill-Kruste – genau richtig für unseren Geschmack.

Spätestens hier waren wir wieder an dem Punkt, wo uns mehr erklärt wurde und eher die Köche raus kamen, um ihre Gänge zu beschreiben. Nicht, dass der Service nicht auch gut gewesen wäre, aber gerade die Jüngeren von ihnen gaben dann doch bei der ersten Frage oft auf. Das kann aber auch an der Sprachbarriere gelegen haben.

Weiter ging es, wir fühlten uns trotz des schnellen Tempos keineswegs gehetzt, mit einem Raviolo mit Jakobsmuschel, Krabbe und Langustine in einer kräftigen Brühe.

Komplexe und puristische Gänge wechselten sich ab – was anfangs noch etwas durcheinander wirkte, machte aber irgendwie auch Spaß. Denn man konnte sich angesichts der Beschreibung nicht sicher sein, was als nächstes kommt: eher die ost-asiatische, auf ein Produkt bezogene Küche oder eher die Richtung Soul-Food mit etwas mehr Mengen auf dem Teller.

Definitiv in die zweite Kategorie fiel der Tintenfisch aus dem Skagerrak mit einer sagenhaft leckeren Brühe mit Shiitake und geräucherter Paprika. Dazu gab es dann ein Brioche, was zum Aufsaugen der Brühen-Reste gut geeignet war.

Das war echt, echt gut und richtige Wohlfühl-Küche!

Was uns immer wieder bei den skandinavischen Küchen auffällt: Weine aus der Begleitung werden für mehrere Gänge verwendet. Was leider sehr selten annonciert wurde, das bedeutet, dass wir oftmals nur noch mit einem kleinen Schluck der Weine da saßen. Man bekam zwar ab und zu nachgeschenkt, aber dennoch wäre ein „dieser Wein ist für die nächsten 2 Gänge“ schon netter. Außerdem müssen wir sagen, obwohl die Weine spannend und gut ausgesucht waren, dass es natürlich schwer ist, eine Wein zu pairen, der gleich gut zu zwei nicht besonders ähnlichen Gängen passt.

Ist aber eben so und letztendlich führte dies nicht zu einem schlechteren Erlebnis.

Erst recht, wenn so ein leckerer Gang wie der Tintenfisch von einem wie diesem sagenhaften Lamm gefolgt wird.

Das spannende hier war der blanchierte und zu einem Häufchen geformte Grünkohl, der mit dem Lamm, dem gebratenen Apfel und der mit Sojasauce versetzten braunen Butter wirklich gut funktionierte. Gerade die leicht salzige Komponente der Sojasauce, das gut gebratene Lamm und der Apfel waren eine angenehme Kombination. Meike hatte hier leider wieder ein etwas schlechteres Stück Lamm, bei diesem Urlaub hatte sie damit irgendwie kein Glück.

Der nächste Gang war dann allerdings wieder bei uns beiden der Knaller: Dry-aged Hühnchen aus Hardanger mit einer Saffran-Farce unter der Haut gebraten und einem super leckeren Jus.

Wieder einfacher, fokussiert auf dem Produkt „Hühnchen“ und sehr exakt zusammengestellt was die Aromen, die Proportionen und die Texturen angeht.

Dazu gab es noch etwas Gemüse in einem Topf nebenbei.

Wir waren hier schon sehr zufrieden und glücklich mit unserer Wahl des kulinarischen Abschlusses unserer Reise. Als dann auf einmal der Chef selber an unseren Tisch kam, um mit uns ein paar Worte zu wechseln. Ihm wurde wohl gesagt, dass hier gastronomisch interessierte Gäste sitzen und so machte er sich selbst auf den Weg zu uns, um mit uns 10 Minuten über die kulinarische Szene in Bergen und Oslo sowie ein paar Trends zu quatschen. Ein echt netter Typ der Christopher Haatuft, der auch schon in England und New York gearbeitet hat und eine starke Punk-Affinität hat. Für immer Punk!

Pre-Dessert war ein durch einen dicken Zucker-Chip versteckte Birne aus eigenem Anbau, etwas Chatreuse, also einem Likörschnapps, Blumen und einem Zitrusgel.

Klein, fein und lockerte den Gaumen nach dem Lamm und dem Huhn wunderbar auf. Und bereitete uns auf den krönenden Abschluss aus der Patisserie vor: Einem Mandel-Puff mit Pistazien-Creme darüber und darunter und einer Karamell-schwarze Johannisbeere-Creme. Ein paar Pistanzien fanden auch ihre Weg auf das Dessert, was zwar mächtig aussah, es aber nicht war.

Und so einen guten Abschluss des Essens ergaben. Was vor dem Bezahlen noch eine Überraschung für uns bereithielt.

Nette Gastgeber, sehr gutes Essen – Bergen gefällt uns wirklich gut. Auch die kulinarische Seite, denn im Laufe unserer Restaurantbesuche hatten wir noch ein, zwei weitere Tips bekommen. Also werden wir wohl noch einmal hier hinkommen.

Den Abend und den gesamten Urlaub ließen wir dann in der Hotelbar ausklingen beziehungsweise Revue passieren.

Dann mussten wir aber die Koffer packen. Satt, zufrieden und mit dem Gefühl, dass wir kulinarisch an diesem Abend alles richtig gemacht haben mit unserer Wahl des Lysverket.

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