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Auf dem Topptarnet am Holmenkollbakken

Ein Sonntag morgen so in den 90er Jahren in Hunstig sah im Hause Hardt nicht selten so aus, dass sich einige Familienmitglieder vor dem Fernseher versammelten und Wintersport schauen. Und auch heute sieht ein typischer Wochenend-Vormittag im Winter bei Meike und Jens nicht selten so aus, dass wir uns gerne Skispringen und Biathlon und das ein oder andere Skirennen anschauen. Hat nicht wirklich einen Grund, aber irgendwie ist es eine schöne Tradition.

Nun, das Ende einer jeden Saison bei den Biathleten findet immer in Oslo statt. Und die einigen Athleten nach schönste Skisprungschanze steht in Oslo. Und dies ist auch gleichzeitig die älteste Sprunganlage der Welt.

Und all dies findet man auf dem Berg Holmenkollen im Norden von Oslo. Und genau da ging es heute hin.

Wenn dort ein Weltcup stattfindet, kommt man nicht mit dem Auto hin, sondern muss die Holmenkollenbahn nehmen, eine bereits 1898 eröffnete Vorortlinie, die heute zur Metro Oslos gehört. Also einmal über zum Hauptbahnhof und runter zum Bahnsteig.

Die Metro Oslos, auch Tunnelnbane genannt, besteht aus 5 Linien, die mit den auch in Wien ähnlich fahrenden MX3000 betrieben werden. Im Minuten-Takt fuhren Züge an der Station ein und wieder aus.

Bis auf die Linie 1 in Richtung Holmenkollen, denn diese Linie ist etwas besonders.

Nachdem der Stadttunnel beim Nationaltheater verlassen wurde, biegt diese Bahn auf die alte Holmenkollen Linie ab, die halt schon sehr alt ist. Und sehr kurvenreich. Und sehr kurze Bahnhöfe hat.

Tatsächlich sind ab der Station Frøen die Bahnsteige so kurz, dass nur die ersten beiden Waggons die Türen öffnen können. Der Rest steht einfach nicht an einem Bahnsteig, sondern davor auf einer Kreuzung oder an Bäumen oder sonst wo. Spannende Linienführung, die durch die Tatsache, dass es auf einen Berg hinauf geht, noch besser wurde. Denn von 9 Metern unter dem Meeresspiegel an der letzten Tunnelstation geht es bis zum Ziel Frognerseteren auf 469 Metern rauf, teilweise schon recht steil.

Eine Haltestelle wird auch nicht mehr angefahren, da sie in einer Kurve liegt und Türen im ungünstigsten Falle knappe 54 Zentimeter vom Bahnsteig entfernt wären. „Mind the gap“ wäre hier gnadenlos untertrieben.

Während der Fahrt ist der Ausblick auf Oslo inklusive, wenn man an der richtigen Seite sitzt. Ansonsten muss man eben erstaunlich winterlich gekleidete Norweger mit auf das Bild nehmen.

Die Station Holmenkollen ist die einzige Haltestelle, die groß genug für die 6 Waggon-Einheiten ist, die normalerweise die Linien der Oslo Metro befahren. Denn nur mit langen Zügen ist es überhaupt möglich an einem Wettkampftag die Menschen hier rauf zu bekommen.

Die Touristen in unserem Zug ließen wir erst einmal vorneweg gehen und Jens konnte noch ein wenig den Bahnhof und die Streckenführung bewundern.

Dann wollten wir aber endlich das in Echt anschauen, was wir so viele Sonntag-Vormittage im TV gesehen haben. Zum Areal mit den 5 Sprungtürmen und dem Biathlon-Stadion ging es aber noch einmal ordentlich bergan.

Das Skimuseum ist leider aufgrund eines Neubaus geschlossen. Wieder ein Grund noch einmal hier her zu kommen.

Dann tauchte aber im Nebel die bekannte Silhouette des Sprungturms vom Holmenkollbakken, der wie gesagt als älteste Sprunganlage der Welt gilt.

Die Anlage, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde, wurde jedoch mehrfach umgebaut. Die heutigen Bauten sind daher deutlich neuer und wurden zuletzt 2008 mehr oder weniger neu gebaut.

Der erste Skisprungwettkampf am Holmenkollen fand am 31. Januar 1892 statt, der erste Schanzenrekord wurde mit 21,5 Meter durch den Norweger Arne Ustvedt aufgestellt. Den aktuellen Schanzenrekord hält mit 144 Metern Robert Johansson. 60 Meter ist der Sprungturm hoch, der Konstruktionspunkt liegt bei 120 Metern.

Und das Ding sieht unglaublich beeindruckend aus!

Was uns mit am stärksten beeindruckt hat ist, dass die Springer quasi in ein Becken springen, was an der breitesten Stelle 34 Meter hat. Links und Rechts davon sind Felsen, die, wenn man dahin springt, wohl ein schmerzvolles Ende des Lebens nach sich ziehen würden.

Krass und irgendwie waren wir auch froh, dass die Ziplines nicht in Betrieb waren. Oder wir zu schwer waren. Wir hatten auf jeden Fall einen guten Grund hier nur zu Fuß herum zu spazieren.

Jedes Schild hat seine Geschichte …

Wir gingen also weiter herum und saugten die Eindrücke des Areals in uns auf.

Naja und dann mussten wir halt auch in den sauren Apfel beißen und irgendwie zum Absprung kommen, denn von dort aus konnte man (mit der Oslo Card inklusive) den Schrägaufzug zum Absprung nehmen. Also ab die steilen Zuschauerstufen hianuf.

Zwei Sportler haben übrigens diese Stufen zum Training genutzt und waren oben ähnlich wie wir total fertig. Gut, die beiden sind auch hoch gesprintet.

Oben angekommen hörten wir sehr, sehr viel Deutsch. Und sahen im Hafen eine Aida liegen, was schon einmal den Tag dahingehend prägte, als das wir versuchen mussten, diesen Reisegruppen auszuweichen.

Das Denkmal für die Hunde, von denen so ziemlich jedes Jahr mindestens einer in den Sprungbereich rennt. Warum man diesen Hunden ein Denkmal widmet: Keine Ahnung! Aber süß sah es aus.

Neben der Sprunganlage das Biathlonstadion mit der bekannten Kurve über die Schießanlage, die kleine Brücke am Anfang der Zuschauertribünen und der Zielgeraden.

Unser Weg führte dann aber weiter nach oben. Leider nicht wie die feinen Damen und Herrn Skispringer mit dem Sessellift, sondern zu Fuß. Und auf einem kleinen Umweg, denn die Baustelle des neuen Skimuseums machte die Wegführung etwas umständlicher.

Dort angekommen sahen wir schon wieder die Phantasialand-Schlangen die allerdings … völlig unnütz waren. Nachdem unsere Oslo-Pässe gescannt wurden, meinte die Dame nur „Gehen sie zum Aufzug und drücken sie einfach den Knopf.“ Also ab zum putzig bezeichneten „Hoppturm“.

Im Aufzug: Noch eine deutsche Familie, aber immerhin eine von der netten Sorte aus dem Schwabenländler. Andere, wesentlich nervigere Exemplare sollten schon bald folgen.

Aber wir genossen erst einmal den Ausblick. Nicht, dass die SportlerInnen hier oben ähnliche Blicke haben, denn wir glauben, dass die sich eher die ganze Zeit sagen „Auf jeden Fall geradeaus! Auf jeden Fall geradeaus! Nicht hinfallen! Und nicht abdriften! Einfach nur geradeaus!“

Beeindruckend Höhe – wer hier runterspringt muss höchst professionell sein und den Sport beherrschen!

Über eine Treppe konnte man noch oben auf den Turm gelangen, von wo aus man dann endgültig den höchsten Punkt der Anlage erreicht hat und seine Blicke schweifen lassen konnte.

Dann gingen wir aber wieder runter, denn mit jeder Fuhre des Aufzuges wurden mehr und mehr Deutsche ausgespuckt, die teilweise schon peinlich waren. Also wieder runter mit uns.

Und ab zum Biathlon, was wir ja auch gerne sehen.

Und hier spazierten wir einfach herum und versuchten uns an Bilder von Wettkämpfen zu erinnern, wenn die Athleten hier um Strafrunden und Sekunden kämpfen.

König Olav V. war übrigens ein großer Förderer des Skisports und hat deswegen hier ein Denkmal.

Echt cool das mal alles zu sehen, selbst ohne Schnee. Dafür flitzen auch diverse JugendsporterInnen auf Roll-Skiern umher. So schnell, dass überall davor gewarnt wurde, nicht auf dem Asphalt zu gehen, da die Dinger quasi lautlos sind und man jetzt nicht gerade in die Zeitung mit der Schlagzeile „Dämlicher Deutscher verursachte Unfall, der die Karriere des norwegischen Jahrhunderttalentes beendet“ kommen möchte.

Also gingen wir einen kleine Waldweg zu einem Troll-Denkmal (sind ja immer noch in Skandinavien mit ihren Trolls), denn da kommen die Rollerfahrer nicht lang. Also nicht so schnell.

Sehr schöner Ort und wir waren froh, dass wir ihn besucht haben.

Am Bahnhof hieß es dann: Was machen? Allgemein hatten wir den Plan eine Kleinigkeit zum Mittag zu essen und dann noch zu schauen, ob wir nicht noch eines der im Oslo Pass inkludierten Museen oder so besuchen. Da am Bahnhof aber schon von weitem eine Kakophonie an deutschen Peinlichkeiten zu hören war, wurde der Plan noch einmal überdacht. Echt, eine Familie brüllte ihre Kinder zusammen, die darauf gar nicht reagierten und weiter Stöcke auf die Stromschienen warfen! Ein andere Gruppe überlegte, wo sie hier ein Bier her bekamen und beklagte sich über die Preise. Dazwischen ein paar arme Norweger, die sich denken mussten, was man als Kreuzfahrtschiff-Destination nicht alles über sich ergehen lassen muss.

Also: Die nächste Bahn würde es nicht sein. Und wenn die eine Richtung nicht gut ist, nehmen wir einfach die andere – also in die Bahn den Berg weiter hinauf.

Da geht es zwar nicht viel weiter, nur zwei Station bis zur Endhaltestelle in Frognerseteren, aber dafür waren hier auch nur noch eine Handvoll Norweger und wir.

Und ein merkwürdiges Kunstobjekt namens Roseslottet, was allerdings an die zur Besetzung durch die Nazis und der Verfolgung der norwegischen Juden erinnern soll.

Ein paar Meter den Berg hinab war dann aber – und hierhin wollten wir gehen – das Restaurant Frognerseteren, was seit 1891 existiert und ein im nationalromantischen Stil erbautes Holzhaus ist, was seit über 130 Jahren Gäste bewirtschaftet wird.

Innen dann ein schöner Kamin, warmes Holz und nur ein paar Touristen. Und viele Rentner mit ihren Kindern oder Enkeln.

Das scheint so ein „Hier gehen wir mit Uroma hin“-Restaurant hin, zumindest an einem Mittwoch Mittag. Zu Essen gab es auch und zwar im Self-Service Stil einer Kantine: Man bedient sich und bezahlt am Ende. Und weil das alles so gut aussah, haben wir etwas … eskaliert.

Aber lecker war es und gar nicht mal so teuer wir befürchtet. Also ein guter Abschluss des Holmenkollen-Besuches.

Einziger Nachteil, wenn man hier viel gegessen hat und mit der T-Bana zurück fahren möchte: Die Haltestelle ist ein paar Serpentinen bergauf entfernt.

Aber so trainiert man eine Roastbeef-Scheibe mindestens wieder ab. Oben kamen wir dann auch genau pünktlich an, sodass der Bahn-Nerd Jens noch eine einfahrende Bahn fotografisch festhalten konnte.

Die einmal weg fuhr und auf dem anderen Gleis gleich wieder zurück kam, um uns die 469 Höhenmeter wieder hinab zu befördern.

Vorteil, wenn man an der Anfangsstation einsteigt: Man hat mehr oder weniger freie Platzwahl. Und da wir wussten, dass die Türen des hinteren Waggons bis wir in die Stadt kommen nicht öffnen, könnte man dort auch was Ruhe haben.

Und einen schönen Blick – mal wieder.

Und schon waren wir satt, voller schöner Eindrücke und mit einem Plan in der Innenstadt.

Skispringer werden wir aber nicht mehr.

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