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Restaurant Jungsik, New York

Vor diesem Urlaub hatten wir natürlich überlegt, was wir alles in den Urlaub packen wollen und was davon Pflicht ist. Und da der Urlaub über unseren 15. Jahrestag geht, war an dem entsprechenden Abend natürlich ein angemessenes Essen etwas, was selbstverständlich in die Kategorie „Pflicht“ fiel.

Die Auswahl an „Fine Dining“-Restaurants in New York ist recht groß, so gibt es alleine 68 Restaurants mit mindestens einem Stern. Ursprünglich wollten wir eines der renommiertesten Restaurants der USA, das Le Bernadin, besuchen. Dort waren aber die freien Plätze für den Samstag Abend so etwa 2 Minuten nachdem die Buchung freigeschaltet wurde, weg.

Also überlegten wir an Alternativen und wir wollten uns was Neuem öffnen. Klassische französische Restaurants auf Top Niveau haben wir auch in Deutschland oder eben in Frankreich selber, mehr oder weniger vor der Haustür. Japanische Gourmet-Küche hatten wir am Ankunftsabend schon und ehrlich gesagt waren die aufgerufenen Preise auch ganz schön happig bei den entsprechenden Lokalen.

Ein Restaurant welches uns aber beim Durchsuchen der relevanten Quellen auch ins Auge fiel und was einem gewissen, gar nicht mal so neuen Trend folgt, war das Jungsik. Ein 2 Sterne gekröntes, koreanisches Restaurant in Downtown Manhattan, was moderne koreanische Küche seit 2012 anbietet und seit 2015 mindestens einen Stern sein Eigen nennt. Gourmet-Koreaner hatten wir so noch nicht und diverse Quellen wie Food Blogs oder andere Berichte sagten uns, dass wir dort Spaß haben würden. Ein Tisch war auch noch frei und somit war die Wahl klar: Es geht ins Jungsik, was in einer recht ruhigen Gegend in Tribeca liegt.

Gleich um die Ecke vom Ghostbusters HQ, nur so als unnütze Info … 😉

Frohe Erwartung sieht übrigens so aus:

Vom sehr aufmerksamen und angenehmen Kellner wurden wir in Empfang genommen und bekamen, da wir vorab schon das Menü mit Weinbegleitung gebucht hatten, auch gleich das Menü auf den Tisch gelegt neben zwei feuchten Tüchern.

Das Menü wurde nach dem ersten Gespräch weggenommen und kurz danach wieder an unseren Tisch gebracht. Wir hatten in einem Nebensatz erwähnt, dass heute unser 15. Jahrestag ist.

Naja und auf dem Level wird dann eben auch das Menü dafür kurz umgeschrieben:

Die Unterschrift vom Sous Chef, der heute Abend das Zepter in der Hand hatte, kam erst später dazu.

Aber das ist eben das Level an Service, was man hier bekommt. Und was uns halt gefällt und was wir zu schätzen wissen.

Grüße aus der Küche gab es auch hier und zwar gleich 5 Stück gleichzeitig.

Eine knusprige Teigrolle mit Amberjack und Apfel und Kerbel.

Rindertartar mit Meerrettich, Kräutern auf einem kleine Toast.

Eine in Asche gewälzte Kugel aus weißem Fisch (nicht genau notiert, was das genau war, aber es war lecker!)

Eine Tartelette mit vegetarischer „Gänseleber“ und ein Birnen-Gelee darauf.

Das Ei mit der sehr kräftigen Buttermilch-Suppe darin haben wir vor lauter Vorfreude gar nicht so gut fotografiert.

Alles sehr klassisch französisch und weniger koreanisch von den Aromen her. Nur die Birne hatte uns ein wenig an das rohe Tartar mit Birne erinnert, was wir in Gwangju 2016 hatten. Aber lecker und gewiss solide und handwerklich einwandfreie Amuse Bouche.

Erster Gang von der Karte war dann direkt ein Knaller: Striped Jack oder auch Cocinero, eine Art Makrele. Diese wurde hier mit einer Dashi-Emulsion, etwas Kimchi, Lakritze und einem recht neutralen Schnittlauch Öl sowie dem obligatorischen Kaviar präsentiert.

Wobei hier der Kaviar endlich mal Sinn machte, da der Rest recht salzfrei gewürzt war und der Rogen so beim drauf beißen eine schöne Menge Salz- und Meeresaroma dem Gericht hinzufügte.

Ein starker Beginn, der passend fortgeführt wurde mit einem norwegischen Langustino, Miso-Espuma und mit Tintenfisch-Tinte gefärbtem Reis sowie etwas Kohl und getoasteten Buchweizen.

Der Reis war sogar am Ende des Gerichtes besser als am Anfang, denn durch den heißen Topf wurde er zu so einer Art „sticky rice“ und ergab dann noch eine weitere Textur zu dem auf den Punkt zubereiteten Langustino und der Umami-Soße!

Ahhh … sehr lecker. Überflüssig zu erwähnen, dass wir spätestens jetzt unsere bisherigen Kellern über die Techniken oder die Zutaten ausgefragt haben und so schon vorneweg wieder mehr Infos erhielten als die Tisch nebenan, die das gleiche Menü hatten. Ausgenommen davon war eine Dame, die uns Wasser nachschenkte und die (noch) etwas unkommunikativ und fast schon grummelig drein blickte.

Nächster Gang war ein „Signature Dish“ des Restaurants: Tentakel vom San Nakji, einem Langarm-Oktopus, in Dashi gegart und kurz frittiert mit einer Gochujang-Aioli und kleinen Kräuterspitzen drauf, die auch noch leicht frittiert wurden. Inspiriert wurde dieser Gang vom koreanischen „Nakji Bokkeum„, ein Streetfood Gericht aus Korea, wo der Tentakel mit viel Knoblauch, Sesam und Zwiebeln sowie Gochujang gekocht wird.

Ein echter „Signature Dish“, denn das war schlicht der beste Pulpo (obwohl das eigentlich der falsche Oktopus ist), den wir bislang jemals in unserem Leben gegessen haben. Der Pulpo in Boppard war ja schon immer gut, aber der hier war noch eine Spur besser zubereitet, etwas fleischiger im Inneren und etwas fester außen. Und die recht scharfe koreanische Sauce passte hervorragend dazu.

Ein echter Traumgang!

Beim nächsten Gang freute sich Jens besonders: Seesaibling mit kross gebratener Haut! Kommt ja leider auch nicht immer vor. Das Stück wurde tatsächlich nur kurz mit einer Marinade eingerieben und dann mit dem Brenner abgeflämmt. Zuerst dachten wir, dass das Stück gebeizt sein muss, so fest wie es war. Aber es war einfach frischer und sehr guter Fisch. Dazu eine Kombu-Sauce mit Sesamblättern, Kimchi, fermentierter Tomate und geräuchertem Saiblingskaviar sowie einem Egomaöl oder auch Perillaöl, was aus einer in Ostasien beheimaten Pflanze gewonnen wurde.

Wieder ein eher französischer Gang von der Technik her, was aber nicht schlimm war, denn erstens war der Geschmack wieder koreanisch und außerdem super lecker und zweitens ging es danach direkt komplett koreanisch weiter.

Ach ja, die oben genannte Dame, die immer sehr reserviert geschaut hat und nicht mit uns so richtig gesprochen hatte, hat beim Saiblings-Gang ihre Sprachlosigkeit verloren und das lag an Meike. Die hat nämlich, gerade in dem Moment wo die Dame unsere Teller abräumen wollte, mit dem Finger die wirklich letzten Reste der Sauce noch aufwischen wollen und hat sich ein wenig erschreckt, als auf einmal jemand den immer noch mit letzten Tropfen der Sauce gefüllten Teller wegnehmen wollte. Was wiederum die Service-Dame erschreckte und sie gleich in ein herzhaftes Lachen hat ausbrechen lassen. Und dann meinte „I appreciate your style with your fingers. I would do the same, if I ate here …“.

Ab dem Moment haben wie sie an unserem Tisch nur lächelnd gesehen. Wie man in den Wald reinruft, so …

Der nächste Gang war dann wie gesagt wieder sehr koreanisch: Es gab Kimbap, also koreanische Maki wenn man so will. Nur hier etwas spannender dargeboten (die Pinzette rechts wurde von der jetzt fröhlichen Dame mit den Worten „We are getting surgical now!“ hingelegt) indem die warme Algenrolle mit sehr gutem Reis links lag und man je nach Gusto den Gelbschwanzthunfisch rechts mit der Pinzette hinzufügen beziehungsweise drauflegen konnte. Beides dann in den Mund und genießen.

Zeit für den Hauptgang: Galbi, also Rindfleisch aus Upstate New York mit einem sehr fettigen Lack, wo wir leider vergessen haben was das war. Dazu gab es (für Jens erstaunlich feste und damit essbare) Pilze und unter dem Fleisch war noch Reis, eingelegter Rettich und eine leichte Shoyu-Sauce.

Wieder sehr asiatisch auch wenn wir das jetzt nicht direkt nach Korea verortet hätten. Aber die Kombination machte Sinn, war hervorragend kombiniert auch von den Proportionen her.

Bis hier hin waren wir sehr, sehr begeistert: Der Service war super nett und sehr aufmerksam. Jeder Wein war gut bis sehr gut. wobei natürlich hier die Weine aus unseren Nachbarländern Frankreich, Italien und Österreich ausgeschenkt wurden und weniger die Weine der neuen Welt, welche uns wiederum mehr interessiert hätten. Wobei es beim Rindfleisch einen Cabernet Sauvignon aus dem Napa Valley gab, also eine Ausnahme von der Regel. Aber auch die anderen Weine waren gut gewählt und gerade der Cuvee Eponyme von Dominique Belluard von 2019 beim Pulpo sowie der weiße Bordeaux von Opalie de Château Coutet ebenfalls von 2019 mit einer Mischung aus Semillon und Sauvignon beim Saibling haben uns nachhaltig beeindruckt.

Prädessert – immer noch eine gute Idee! Hier mit Hallabong, einer koreanischen Züchtung aus Orange und Mandarine von der Jeju Insel, sowie einem Granite aus Eistee.

Sehr frisch, sehr lecker und nach dem Rindfleisch genau das richtige, um einen auf das Dessert vorzubereiten.

Wenig vorbereitet war Meike dann auf die Kerze, die auf ihrem Teller neben der Erinnerung was heute für ein Tag war (die es übrigens nicht gebraucht hätte, so viel hatten wir nicht getrunken) brannte.

Auf den Teller wurde dann eine Karotte aus einem Pseudo-Blumenkasten gelegt – natürlich war die Karotte aus Schokolade und einer süßen Creme. Dazu Kakaopulver und ein leckeres Eis aus koreanischem schwarzen Tee.

Das Restaurant wurde inzwischen leerer, wobei zu unserer Überraschung immer wieder neue Gäste kamen. Darunter ein Paar, welchem wortlos ein Wein gebracht wurde und was sofort richtig Aufmerksamkeit von zwei Kellern erhalten hat. Vermutlich regelmäßige Kunden. Wobei wir uns auch nicht beschweren konnten, denn auch bei uns war immer einer zur Stelle und wir wurden immer wieder in nette Gespräche verwickelt und erfuhren so auch einiges über das Restaurant, die Angestellten und ein bisschen auch über das ungewöhnlich angenehme Miteinander im Service. Und als sie gemerkt haben, dass uns das „Einbahnstraßensystem“ aufgefallen ist, mit dem hier gearbeitet wird (in jedem Gang wird immer nur in eine Richtung gegangen, um Engpässe zu vermeiden), hatten wir wohl wieder den Ruf von „Food-Nerds“ weg.

Aber wir hatten unseren Spaß und aßen dabei hervorragend. Und auch der letzte Nachtisch fügte sich in die Reihe der leckeren Gänge ein: Hodu-gwaja, eine koreanische Süßigkeit aus Walnüssen. Hier in der Gourmet-Variante mit Walnuss-Kuchen gefüllt mit einer Paste aus roten Bohnen und einer Cream.

Und dann, wirklich als aller, allerletzter Gang Petit Fours. Zum Kaffee und, wir waren immerhin in einem koreanischen Restaurant, zum Soju musste das sein.

Ohne Soju wären wir hier nicht rausgegangen, soviel haben wir aus dem Bulgogi Haus übernommen. Und damit beginnt auch das Fazit: So sehr uns das Bulgogi Haus immer an unseren Korea Besuch erinnert hat, so sehr hat dies auch das Jungsik getan, wenn auch völlig anders.

Das Essen war technisch hervorragend gut mit dem Oktopus und dem Kimbap als die Gänge die Jens am stärksten in Erinnerung geblieben waren aus einem komplett erinnerungswürdigen Menü. Der Service war durch die Bank weg sehr aufmerksam mit einigen Tendenzen zum „amerikanischen Small Talk“, den allerdings wir immer initiiert haben. Wir sind uns sicher, dass, hätten wir signalisiert alleine sein zu wollen, dies auch anders hätte sein können. Gerade mit unserem „Haupt-Kellner“ und der anfangs etwas unterkühlten Dame haben wir uns am Ende echt gut unterhalten und auch ein paar Infos bekommen, die man sonst wohl nicht direkt erhält.

Insofern ein mehr als angemessenes Essen für einen Jahrestag und das Jungsik passt hervorragend in eine Reihe mit Restaurants wie der Ente in Wiesbaden (2 Sterne), dem Ox & Klee (2 Sterne) oder dem Taku (1 Stern) wo wir die letzten Jahre am 9.3. waren.

Mal schauen, wo wir 2025 sind – in 2024 waren wir auf jeden Fall sehr glücklich in New York zu sein und einen kleinen kulinarischen Ausflug nach Südkorea gemacht zu haben.

Und auch der Regen oder die verspätete und langsam fahrende Subway konnte nichts daran ändern!

Im Hotel ging es dann noch für einen letzten (und dann einen wirklich letzten) Absacker an die Hotelbar, wo wir noch auf 2 Pärchen aus Chicago trafen und uns auch noch mit 50% der Gruppe nett unterhalten haben.

Die anderen 50% waren schon recht angeheitert und konnte weder uns noch ihren Ehepartnern sprachlich oder inhaltlich folgen.

Als die dann ins Bett gingen war das auch für Meike und Jens das 100%-ige Zeichen den Tag abzuschließen.

멋진 저녁 식사 감사합니다! (Und Danke an die Frau von Jens Cousin, dass DeepL das jetzt übersetzen kann! ;-))

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