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Restaurant Statholderens Mat og Vinkjeller, Oslo

Für den zweiten Abend hatten wir uns für die Kombination „klassische französische Küche und historisches Ambiente“ entschieden. Genauer gesagt für das Restaurant „Statholderens Mat & Vinkjeller“ im historischen Statholdergaarden.

Das Haus selber wurde 1640 erbaut und diente als Stadthaus für diverse aristokratische bzw. einfach reiche Familien über die ganzen Jahre. In 1914 wurde ein Cafe eröffnet, was heute als Restaurant bekannt ist und 1998 einen Michelin Stern erhielt. Da wir allerdings schon morgen einen wahren Gourmet-Tempel besuchen würden, haben wir uns für das im Keller liegende quasi-Bistro entschieden, dessen Zusatz „Mat & Vinkjeller“ frei übersetzt sowas wie „Lebensmittel- und Weinkeller“ bedeutet. Wörtlich zu nehmen, denn es ging in den Keller, wo in den alten Kellergewölben der kleine Ableger der im Erdgeschoss zu finden Sterne-Gastronomie anzufinden ist.

Sehr urig, etwas kalt und trotzdem fühlten wir uns gleich wohl.

Was auch daran lag, dass eine nette Familie mit zwei Kindern im gleichen Raum saß und die Kinder bei der Ankündigung der alkoholfreien Getränkebegleitung mit großen Augen der Bedienung folgten – voll süß.

Bei uns gab es die in den nordischen Ländern häufig gewählte Kombi: Einer alkoholfrei, einer mit Alkohol. Was den Vorteil hat, dass wir uns gegenseitig abgeben können, wenn etwas besonders lecker ist und ein breiteres Spektrum probiert werden kann.

Beim ersten Gang gab es beispielsweise für Jens einen Riesling von der Nahe.

Und für Meike einen sprudelnden, frischen Cuveé aus Apfel und Birne.

Und das gab es zu einem Tartar vom Lachs mit einer Kohlrabi-Scheibe, in der Gurke und eine Dill Emulsion zu finden waren. Darauf dann noch ein Chip Roggenbrot.

Ach ja, Meike war noch von gestern sowie dem Mittagessen satt und damit das morgige Essen nicht in Gefahr gerät, hat sie sich nicht für das 10-Gänge Menü entschieden, sondern für das reduzierte 5-Gang Menü. Was im Grunde genommen aber nicht so schlau war, denn der Unterschied war, dass es einige Gänge nur für Jens gab, der Rest aber verdoppelt wurde. Im genannten ersten Gang hatte Meike also zwei Chips, zwei Scheiben Kohlrabi, zwei Rollen vom Lachs Tartar.

In Summe war es also nicht wirklich weniger Menge. Und konkret im ersten Gang dann auch noch gemein, denn der war echt gut: Gepökeltes Wild mit Preiselbeeren, Haselnuss, Grünkohlblättern und einem wahnsinnig gut passenden Meerrettich-Malto-Schnee.

Das war wirklich, wirklich gut und Jens war schon etwas neidisch auf Meike, weil sie eben die doppelte Portion hatte.

Bei Jens tröstete dann die Weinbegleitung über einiges hinweg, auch wenn er sich bei dem Wein aus Georgien, einem möglichen Reiseziel für 2024, mehr versprochen hatte.

Beim perfekt herbstlichen Gang mit der Consommé aus Ochsenschwanz und Pilzen, die auf die zarte Kalbszunge, die Knocchi und die zu Brunoise geschnittenen Wurzelgemüse sowie einem echt leckeren Shiitake gegossen wurde, war dann aber die Welt wieder in Ordnung.

Schon schön so eine wärmende Suppe im Herbst! Und handwerklich gab es hier auch nichts zu meckern, was beim nächsten Gang erneut unter Beweis gestellt wurde: Gebackene Topinambur, rote Beete, Shimeji PIlze (eigentlich ein Wunder, dass Jens hier noch sitzt) und frittierte Topinambur-Chips. Dazu Angeber-Perlen aus Rübensaft.

Schon sehr technisch und das mit der roten Beete beziehungsweise der Topinambur scheint ja schon einige Zeit ein Trend in der gehobenen Küche zu sein. Aber auch der Gang war gut zusammengebaut, keine Aromen überlagerten zu stark die anderen.

Und trendig war der nächste Gang dann nicht, eher französisch angehauchter Soul-Food: Paste mit Bouillabaisse, Fenchel und Parmesan.

Da waren wir dann froh, dass es Brot gab, denn hier darf man eigentlich schon vom Gesetz her nichts auf dem Teller lassen. Was – und das sagen wir bei diesen Gelegenheiten eigentlich immer – ein sehr hohes Kompliment ist, wenn der Teller wie abgeleckt aussieht. Oder es sogar wurde.

So ging es von Gang zu Gang, der Service war zwischenzeitlich etwas seltener da, denn nebenan fand eine Art Weihnachtsfeier oder sowas statt und da waren 20+ Leute, die gleichzeitig ihr Essen haben wollten. Aber langweilig wurde uns nicht, denn das Wasser stand erreichbar neben uns und unterhalten können wir uns ja auch ab und zu untereinander.

Weiter: Gebratener Seelachs, recht hell, mit Zwiebel-Espuma, Brokkoli, Fenchel, Kohl und brauner Butter mit Sojasauce versetzt.

Die Sojasauce gab dem ganzen einen spannenden asiatischen Einschlag, auch wenn das hier bei den bisherigen Gängen eher deplatziert anfühlte. Aber halt ein kleiner Kick, der dem eher klassischen Gericht das gewisse Etwas gab.

Danach – und auch von sowas sind wie große Fans – ein „Palate cleanser“, also ein Gang, der die Geschmacksknospen etwas beruhigen soll. Birnensorbet mit einer ordentlichen Menge an Ingwer und Pfeffer, dazu Joghurt Espuma.

Gerade der Ingwer hinterließ eine echte Schärfe im Mund und das war für diesen Gang etwas ungewohnt. Aber am Ende hatte es so ein wenig den Einfluss von Gari, also dem Ingwer beim Sushi und unsere Gaumen waren danach bereit für den Hauptgang.

Lamm und Lamm-Krokette! Wir sind ja seit einem Besuch auf einem Streetfood-Festival und dem Genuss einer Rehpraline (die bei uns immer noch als Referenz für solche Speisen herhalten muss) begeistert, wenn sich sowas uns darbietet. Und die hier war auf jeden Fall vorne mit dabei.

Dazu gab es gebackenen Sellerie (allerdings nicht im Salzmantel, wie wir es machen – haben nachgefragt), Selleriepüree, eingelegter roter Zwiebel, einem Spinat-Bonbon und einem Jus mit Rosmarin und einer guten Menge Knoblauch.

Das was schon gut, wenn auch etwas wild und von den Proportionen unrund. Aber die einzelnen Komponenten waren gut bis hervorragend und das Fleisch war bei Jens sehr gut. Meike hatte leider ein etwas fettiges und leicht sehniges Stück. Aber sie hatte ja auch wieder zwei … 😉

Danach läutete ein überraschend herzhafter Moscalt aus dem Setubal in Portugal den Nachtisch ein.

Der bei Jens zu seinem Leid aus einem überschaubaren und nur aus französischen Käsen bestehenden Käsegang bestand. Da hatte er sich mehr erhofft, auch wenn im Keller sicherlich keiner seiner geliebten Käsewagen seinen Weg durch die Katakomben bahnen konnte.

Der eigentliche süße Nachtisch war dafür wieder echt klasse, denn es gab im Grunde genommen Himbeeren in verschiedensten Variante mit einem schön fluffigen Limetten-Sorbet.

Mit der Kellnerin, die nachdem die Familie und die große Gruppe (keine Ahnung, ob die nur eine Suppe gegessen haben – die waren so schnell wieder weg wie sie gekommen waren) bezahlt hatten und keine Aufmerksamkeit mehr brauchten, haben wir uns dann noch über Restaurant-Alternativen unterhalten und über die morgige Restaurantbuchung gequatscht. Und über die Teller, denn die haben uns als Geschirr-Nerds, die wir inzwischen sind, sehr interessiert. Ihr Kommentar zum letzten Teller: Sieht schön aus, ist aber echt der Endboss für Servierkräfte und zum Stapeln auch eher nicht geeignet.

Und so endete ein wirklich feiner Abend in einem feinen Restaurant. Wir wären eigentlich gerne auch noch oben im Sterne-Restaurant Essen gegangen, wenn sich das ergeben hätte. Aber die Abende in Oslo waren endlich und immer Gourmet ist ja jetzt auch nicht so wirklich unseres. Auch wenn es lecker ist wie heute Abend wieder bewiesen wurde.

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