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Ein wenig Arbeiten aus der Hauptstadt und das Restaurant Dae Mon, Berlin

Ähh ja … ein Bericht über ein Restaurantbesuch fängt ja normalerweise mit etwas Vorgeplänkel an. So auch dieser, wobei das Vorgeplänkel ein sehr anstrengender Vormittag im Hotelzimmer mit Arbeiten war. Und das „Anstrengend“ war nicht wegen der Arbeit, sondern wegen des Abends vorher.

Aber gut: Wer feiern kann, kann auch arbeiten und daher schauten wir auf den Breitscheidplatz und die Kaiser-Wilhelm Gedächtniskirche und kurbelten die Termine dieses Freitags ab.

Dann hieß es: Auschecken und schauen, was wir mit dem Rest des Tages so machen. „Zufälligerweise“ waren auch andere Equity Punks von Brewdog in der Stadt und mit zwei von diesen wollten wir uns in der Lemke Brauerei treffen. Beide kamen per Flugzeug in die Stadt und waren insofern nicht vom Bahnstreik betroffen.

Also standen wir so um 1 Uhr vor der wichtigen Entscheidung: Welches Bier zum Mittag?

Da gestern noch etwas in den Knochen steckte und wir am Abend noch ein Gourmet-Essen geplant hatten, blieb es bei den eher leichteren Getränken wie einem Budike Weisse.

Markus und Holger mit denen wir uns getroffen haben mussten dann ins Hotel und einchecken. Und weil wir Zeit hatten, dachten wir uns: Hey, in 2 von 3 Brewdog-Bars in Berlin waren wir schon. Warum fahren wir dann nicht einfach zur dritten?

Gesagt, getan!

Mit der S-Bahn zur Warschauer Straße und weiter mit der Tram.

Ab zum Frankfurter Tor, einer Kreuzung zwischen der Frankfurter Allee beziehungsweise der Karl-Marx-Allee mit der Warschauer Straße. Mit seinen 1953 erbauten Gebäude im Stil der Schinkelschule, einer gerade im Ostteil von Berlin verbreiteten Bauweise. Für uns erinnerte das alles eher an Ostblock und Monumentalbauten, aber vielleicht haben wir auch keine Ahnung.

Brewdog hat hier auf jeden Fall seine dritte Aussenstelle, eine relativ neue namens „Brewdog Friedrichshain“.

Also rein mit uns und die ganzen alkohollastigen Biere ausblenden. Ehrlich gesagt haben wir am Anfang sogar alkoholfreie Biere bestellt, denn die schmecken uns sehr gut und wir trinken sie zu Hause auch in der Regel.

Tja, dann übernahm aber Bruder Leichtsinn das Steuer und Jens orderte am Ende sowas hier …

War aber auch gut und das Geld wert. Generell war wenig los, aber nach dem Barkeeper ist das später nicht mehr so und die Bar ist gut frequentiert. Schön zu hören.

Wir brachen dann aber unsere Zelte ab, denn wir mussten ja noch unsere Koffer aus dem 25hours holen und in das Novotel bringen, wo wir dann bis Sonntag übernachten würden.

Das klappte dann auch sehr gut und so standen wir dann pünktlich zum reservierten Tisch vor dem Restaurant das Abends: dem koreanischen Restaurant Dae Mon in der Nähe des Hackeschen Marktes.

Das Restaurant hatte einen Michelin Stern erkocht und dies wurde vom Guide mit dem Stil der „open minded cuisine“ begründet, also der Tatsache, dass es hier moderne Gerichte gibt, die Techniken und Aromen der japanischen und koreanischen Küche auf vielfältige Weise verbinden.

Im Inneren, zu Beginn noch leer und am Ende dann auf den letzten Platz gefüllt, bekam man schon starke „Berlin-Hispter“ Vibes.

Aber der freundliche Service brachte dann schon eine angenehme Stimmung rüber, auch wenn es natürlich schon fast klischeehaft war, dass man hier Englisch spricht. Im Laufe des Abends wurden, gerade von den anderen Gästen, noch einige Berlin-Klischees mehr bestätigt.

Die feuchten Tücher wurden spannenderweise als Tabletten gereicht, die man in das Wasser werfen musste.

Das Essen sollte also koreanisch-japanisch sein und uns auf jeden Fall zusagen. Bei den Getränken waren wir allerdings ob unseres Verbrauches etwas ratlos. Und so traf es sich hervorragend, dass es hier neben einer Weinbegleitung auch eine Tee-Begleitung gibt. Also bestellten wir einmal Wein und einmal Tee und teilten hier, wenn es was spannendes gab.

Gute Idee, oder?

Dann aber los mit den Grüßen aus der Küche – sehr kreativ und sehr stark gewürzt. Zuerst eine Hamachi mit Rettich-Scheibe in einem Yin-Yang-Spiegel aus zweierlei Ölen.

Und dann ein Senfei mit Rauchaal.

Und dann ein Hühnerhaut-Chip mit einem Fruchtgel und einer Chili aus der Hölle.

Im Ernst: So schlimm war es dann nicht, aber es war schon asiatisch gewürzt und nicht europäisch. Und das freute uns sehr, denn oftmals wird ja alles asiatische in Europa irgendwie dem europäischen Gaumen angepasst.

Angepasst war beim ersten Gang dann mal gar nix, denn die Kombination war so merkwürdig, dass wir sie eigentlich nirgendwo hin platzieren konnten. Und dennoch: War das lecker!

Ein perfekt gegarter Oktopus mit einem salzig-scharfen Lack, Marschmallow und Daikan. Dazu eine Creme aus Cashew-Nüssen.

Nutella mit Oktopus – wirklich, es schmeckte sehr, sehr gut! Überraschend gut!

Und die Überraschungen nahmen nicht ab, denn als nächstes gab es Dreierlei vom Rindfleisch: Einmal als Tartar auf einem Sauerteig-Brot, einmal roh um die Stäbchen gewickelt und einmal mit einem koreanischer Gochujang bestrichen.

Ach ja, das Tartar war noch mit etwas Birne und Radieschen belegt, was und direkt nach Gwangju und unser ungeplantem Abendessen mit dem rohen Fleisch transportiert hat.

Weiter im koreanischen Kontext: ein Corn Dog. Mit einer fermentierten Walnuss drauf.

Im Gegensatz zu den ersten beiden etwas einfach, aber ins Bild passend.

Der Laden wurde langsam von Klischee-Gästen geflutet, so manche Gespräche will man ja nicht mithören. Zum Beispiel – nicht die Tischnachbarn hier im Bild – der Wunsch nach einem bestimmten Matetee. Und der Antwort, als man erfahren hat, dass es diesen hier nicht gibt, ein abfälliges „Also das verstehe ich nicht. Skandalös, dass man hier sowas nicht hat!“.

Also volle Konzentration auf das Essen. Und die Getränke, wo Meikes Tees fast noch länger annonciert wurden als Jens Weine. Von einem Oolong aus China über einen Sencha aus Japan zu schwarzen Tees aus Indien und China war alles dabei. Und weil wir so neugierig waren, haben wir auch ständig nachgefragt, wieso das so ausgewählt wurde. Was anscheinend wieder mal dazu geführt hat, dass wir auch mehr Infos bekamen als die anderen Tische und ab und zu der Sommelier noch da war, als das Essen kam.

Als nächstes was vegetarisches: Wurzelgemüse mit Püree.

Das war jetzt der erste Gang, obwohl auch lecker, der in der Qualität und Kreativität etwas gegenüber den andern abfiel. Und das beim Gang, wo Jens einen Grünen Veltliner bekam – einen unserer Lieblingstrauben.

Na gut, eine Schwäche kann ja immer sein, also war es Zeit für eine Bio-Pause.

Apropos „Pause: Das Paar an unserem Nachbartisch stand nach jedem Gang (!) auf und ging raus, um zu rauchen. Und Fußball-Bundesliga auf dem Handy zu schauen. Vielleicht sind wir ja auch in der Minderheit, aber wenn man Essen geht, dann doch um zu Essen und nicht um die langweiligen Teile des Spiels zu überbrücken, oder?

Wir blieben sitzen, sprachen über den Tag und über die Getränke (im Nachhinein haben wir uns auch ein Fachbuch zum Thema „alkoholfreie Getränkebegleitungen“ gekauft und experimentieren seitdem selber damit rum) und freuten uns über jeden Gang. So auch über den Dumpling mit Mairübe und der Nashi-Birne.

Aber auch hier war es nicht so kreativ wie die ersten Gänge es versprochen haben. Es wirkte fast so, als ob die Küche all ihre Kreativität bei den ersten Gängen verschossen hatte. Es war gut, aber eben nicht die Qualität vom Anfang.

Aber rausgehen wollten wir dann doch nicht, auch wenn der Platz vor dem Restaurant schon einladend war und wir so manchen Anwohner vorbeischlendern sahen. Arm war hier übrigens niemand, der Stadtteil ist vollständig gentrifiziert und in unseren Köpfen schwäbelt hier auch jeder.

Beim Hauptgang waren wir dann wieder sehr zufrieden, denn der war auf Par mit den ersten Gängen. Es gab ein schönes Stück Seeteufel (einer unserer Lieblingsfische) mit Lardo umwickelt, Polenta und Amazake-Schaum, also aus einem süßen Sake.

Das war echt, echt gut! Der Fisch war perfekt gegart, der Lardo schmolz dahin und der Schaum half alles zusammen zu führen. Dazu ein Riesling aus der Pfalz und ein gelber Tee aus China, die beide auf ihre Art und Weise zum Gang passte.

Kreativ war der erste Nachtisch auch, nur bestimmt nicht für jeden. Denn hier wurde Comte und Gruyere mit einem Hagebutten-Joghurt und Amarant gemischt.

Schon etwas wild, aber irgendwie auch witzig. Der Käse mit der Hagebutte macht ja schon irgendwie Sinn, aber der Joghurt war unerwartet. Aber es schmeckte und am Ende ist es doch das, was wichtig ist.

Danach kam die Getränkebegleitung übrigens in den Nachtisch rein: Denn der Wermut Rosé wurde zu der Litschi und der Schokolade und dem Pistazien-Sorbet hinzugegeben.

Auch kreativ, wenn auch nicht so verrückt wir vorher. Das Thema „Verrückt“ wurde dann aber beim dritten Nachtisch wieder vollends getroffen, denn einerseits war der Teller natürlich ein Hingucker. Aber die drei, völlig disjunkte Nachspeisen, die sich darauf wiederfanden, haben uns vor einige Rätsel gestellt.

Es gab einmal ein Schaum aus Matcha, soweit, so klar. Ein Madelaine ist uns jetzt auch nicht unbekannt. Kaviar auf Käse und das zum Nachtisch ist uns aber noch nie untergekommen.

Wir gehen jetzt nicht so weit, als das wir glauben würden, dass wir jetzt voll die Ahnung in der Gastro-Szene zu haben. Noch glauben wir, dass wir Food-Pairing-Experten wären. Wir lesen aber viel, wir schauen Reportagen und andere Dinge und wir gehen auch oft Essen. Und das war … unerwartet. Um es nett zu sagen.

Kaviar-Fans sind wir ja eher nicht, insofern war es jetzt nicht unser Ding. Aber 10 Pluspunkte für Überraschung und Kreativität, denn unpassend war die Kombi jetzt nicht.

Der Wunsch nach einem letzten Digestif (ja, so hatte es gestern auch angefangen) wurde entsprochen und eine dem Namen diese Blogs angemessene Flasche fand ihren Weg an unseren Tisch: Ein Shochu aus Koji und Muscovado, gemischt mit 5 Jahre in Eichenholz gelagertem Shochu aus der Provinz Kagoshima.

Ein gelungener Abschluss eines denkwürdigen Abends. Der das Ende eines denkwürdigen Tages war.

Die Tram brauchten wir dann nicht mehr, denn es ging mit der S-Bahn zu unserem Novotel am Tiergarten. Satt, zufrieden, ohne Termine und leicht einen sitzen.

Das Restaurant Dae Mon haben wir seitdem ein paar Mal empfohlen, obwohl wir eine uneinheitliche Meinung darüber haben, wie uns das Menu gefallen hat. Einerseits war es sehr kreativ und ein paar Gänge haben uns umgehauen. Außerdem ist das mit der Tee-Begleitung natürlich eine klasse Sache und ein Alleinstellungsmerkmal. Andererseits gab es doch ein paar schwache Gänge. Und die harten „Berlin-esken“-Vibes sind auch nicht zu ignorieren. Hingehen würden wir aber gerne nochmal, alleine, um zu schauen, ob das nur eine Sache der Tagesform war. Sowohl von uns als auch vom Restaurant.

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