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Einmal quer durch Vermont mit Eis und Eisenbahn

Nach einer überraschend angenehmen Nacht (trotz einem überhitzten Bad und einem sehr, sehr kalten Bad – von Jens um 5 Uhr morgens getestet!) ging es relativ früh und ohne Frühstück (was wir bei Mara hätten buchen können) los zu unserer Rundtour durch Vermont auf.

Auf dem Weg ein Blick in den Leseraum, der allen Gästen des Inns zur Verfügung steht.

Draußen wurde es ziemlich schnell ziemlich kalt. Sehr kalt. Sehr, sehr kalt. Sinnbildlich eine Wasserflasche, die wir im Auto liegen hatten.

Komplett zugefroren. Was allerdings bei schönem Winterwetter gar nicht so schlimm war. Naja, bis darauf, dass wir eben kein Wasser mehr hatten.

Den heutigen Tag haben wir eigentlich nur deswegen gebucht, weil wir im Lincoln Inn zu Abend essen wollten und sie dort 2 Nächte Mindestübernachtung haben. Also hieß es: Einmal kreuz und quer durch Vermont.

Der Bundesstaat an der Grenze zu Kanada ist landesweit vor allem für seinen Ahornsirup, die Milchwirtschaft, den Abbau und die Weiterverarbeitung von Marmor und die idyllischen Berglandschaften bekannt. Die Green Mountains und der Lake Champlain sind beliebte Erholungsgebiete, weshalb er auch den Beinamen Green Mountain State trägt. Viele Wohlhabende der umliegenden Bundesstaaten besitzen hier ein Wochenendhaus. Ersteres würden wir eher nicht sehen, die Wochenendhäuser dagegen schon.

Die Berge, Flüsse und Seen bieten sich für Freizeitaktivitäten von Skifahren im Winter bis hin zum Angeln (Fliegenfischen), Wandern, Trekking und Camping in den anderen Jahreszeiten an. Im Herbst prägt das sich verfärbende Herbstlaub des sogenannten Indian Summer die Landschaft. 2013 kamen rund 12,8 Millionen Touristen nach Vermont. Vermont hat übrigens knapp 650.000 Einwohner und ist somit kleiner als Köln.

Die Straßen waren dementsprechend auch, wenn man nicht gerade an einem Skigebiet vorbeifuhr, recht leer.

So langsam musste unser BMW mal gefüttert werden, was wir im Ort Rutland, wo wir auf die den Staat durchquerende U.S. Highway Nummer 7 abbogen, dann auch taten. Nachdem die Probleme mit der deutschen Kreditkarte von einem jüngeren Angestellten behoben wurde. Die ältere Dame hinter der Thema hat das Konzept „ausländische Kreditkarte“ und „Wir haben keine US Postleitzahl“ nicht so wirklich verstanden.

Aber egal: Der BMW war mit gutem Benzin gefüttert und kurz danach standen wir auf einem sehr leeren Parkplatz.

Das hatte Jens so geplant, denn hier ist ein Bahnhof namens Ferrisburgh–Vergennes und es sollte bald ein Zug vorbei kommen. Und das war dann auch so, nur so etwa mit 15 Minuten Verspätung, wie wir vom Amtrak Angestellten erfuhren, der uns auf dem Bahnsteig sah und gleich raus kam, um uns in das Gebäude zu bitten.

Also: Der eine Zug am Tag nach New York kommt hier vorbei und hört auf den Namen „Ethan Allen Express„.

Seinen Namen hat der tägliche Zug zwischen Burlington und New York von Ethan Allen, einem ein US-amerikanischer Freiheitskämpfer der während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges für die Unabhängigkeit Vermonts kämpfte.

Der Zug selber fährt morgens von Burlington los und braucht für die knapp 500 Kilometer bis nach New York etwa 7 1/2 Stunden. In die Gegenrichtung fährt man am frühen Nachmittag los und ist dann nachts wieder in Vermont. Die Verbindung wurde 1996 eröffnet und fuhr anfangs nur bis Rutland. Erst 2022 wurde die Strecke bis Burlington verlängert wodurch die Passagierzahlen etwa um 50% anstiegen.

Die Verbindung wird vom Staat Vermont subventioniert, um den Tourismus zu fördern und auch ein bisschen den Flugverkehr zu verringern.

So richtig scheint das hier mit der Eisenbahn noch nicht verbreitet zu sein, denn man muss anscheinend „Bahnübergänge“ wieder in Erinnerung rufen.

Im kleinen Haus am Bahnsteig gab es auch eine kleine Ausstellung zum Ort selber – nett gemacht.

Und alles ziemlich neu, was man dadurch erklären kann, dass die Strecke erst wieder seit 2021 von dem einen Personenzug benutzt wird. Und das lässt sich der Staat Vermont viel kosten, denn die Mehrkosten trägt der Bundesstaat.

Relativ geplant, also inklusive der 15 Minuten Verspätung, kam dann der Amtrak Zug schön in der Sonne mit einer neuen P32AC-DM Lok von General Electric eingefahren.

Kurzer Halt, ein paar Menschen stiegen ein und niemand aus. 2022 stiegen hier insgesamt 522 (!) Passagiere im ganzen Jahr ein oder aus.

Ehrlich, da hat jede Bushaltestelle bei uns mehr Betrieb, was sich auch am Parkplatz zeigte. Der aber für mehr Verkehr ausgelegt ist wie es scheint. Vielleicht für eine weitere Verbindung am Tag …

Aber egal – für ein paar Fotos war das schon gut so und dann fuhr der Zug weiter auf seine lange Reise nach New York. Wir blieben auf dem kalten und jetzt wirklich leeren Bahnsteig zurück.

Also zurück ins warme Auto, Heizung an und weiter an den Ausgangspunkt des Zuges: Nach Burlington.

Burlington ist mit knappen 45.000 Einwohnern die größte Stadt des US-Bundesstaates Vermont und liegt am Lake Champlain an einem Hügel. Uns erinnerte das stark an den Urlaub in Nova Scotia und die Stadt Sydney.

Ursprünglich wollten wir hier eine Nacht verbringen, dies wurde aber, wie gesagt, der zweiten Nacht in Woodstock „geopfert“. Also parkten wir unser Auto in einer Garage in der Mitte des Ortes und gingen zu Fuß los.

In der Fußgängerzone, dann gleich was schönes:

Hundis! Die sich teils mehr, teils weniger begeistert streicheln ließen.

Die Menschen, die ein Stück weiter Eisskulpturen machten, wollten sich dagegen partout nicht streicheln lassen.

Ansonsten machte Burlington auf uns einen netten Eindruck.

Durch das echt kalte Wetter haben wir uns dann aber in ein Cafe verzogen und erst einmal ein Heißgetränk geordert.

Und was zu essen gab es dann auch noch – auch wenn anscheinend der halbe Ort hier war.

So aufgewärmt und gestärkt ging es dann weiter an den See und zum Bahnhof des Ortes.

Keine Ahnung, ob jemals Züge hier weiter gen Norden und vielleicht bis nach Kanada fahren werden.

Wir spazierten daraufhin etwas am Lake Champlain entlang und genossen die Stille und das Wetter, denn in der Sonne war es dann doch angenehm und auszuhalten.

Haben wir schon erwähnt, dass es aber dennoch kalt war? Also so -9 °C?

Der Lake Champlain ist das neuntgrößte Binnengewässer in den Vereinigten Staaten. Er liegt südlich von Montreal an der Grenze der US-Staaten Vermont und New York und hat im Norden noch geringen Anteil in der kanadischen Provinz Québec. Im etwa 180 km langen und bis zu 19 km breiten See befinden sich etwa 80 Inseln, von denen eine ein eigenes County im US-Staat Vermont bildet.

Historisches gab es hier dann auch was zu finden, denn tatsächlich hat in Burlington das erste internationale Eishockey-Spiel der Welt stattgefunden. Wieder etwas für den großen Schatz an unnützem Wissen.

Von Burlington aus ging es dann auf der Route 2 gen Osten.

Vorbei an vielen Eis-„Fossen“, wie wir sie seit Island 2021 nennen.

Wobei das Thema „Eis“ an dieser Stelle eine grandiose Überleitung ist: Denn der nächste Halt hatte genau das zum Thema.

In Waterbury hat nämlich die weltweit bekannte Eis Marke „Ben & Jerry´s“ ihren Ursprung. Und wird auch heute noch, zumindest für den nordamerikanischen Markt, hier und in einer etwas nördlich liegender Fabrik, produziert.

Mit den Worten unseres Guides Emmert, den wir bei der vorab gebuchten Tour haben werden: Es gibt wirklich viele Wortespiele mit „Moo“!

Zuerst würde es einen „Moo“-vie geben …

Der Film war ganz nett gemacht, die beiden Inhaber sind schon seit Anfang dieses Jahrhunderts nicht mehr im Besitz der Firma, denn sie gehört jetzt einem internationalen Food-Konzern. Aber, und darauf wurde immer wieder hingewiesen, es gibt ein Board von ehemaligen Mitarbeitern, was Entscheidungen den Konzern betreffend ändern oder blockieren kann.

Danach konnte man einen Blick auf die Produktion von Eis werfen, die jetzt nicht wirklich schwierig oder beeindruckend ist. Fotografieren durfte man auch nicht, aber das Ganze war unterhaltsam gemacht und es wurden ein paar witzige Fragen gestellt. Unter anderem braucht man (Thema „unnützes Wissen“) 16 bis 36 Stunden, um die ganze Anlage zu reinigen. Was, da hier doch mehrere Sorten produziert werden, oft passiert.

Am Ende einer jeden guten Fabriktour, zumindest wenn es nicht eine Werft oder sowas ist, ist ja: Die Produkt-Probe!

Hier gibt es immer besondere, exklusive Sorten zu verkosten.

Der Blick vor allem der jüngeren Teilnehmer an der Führung war grandios! Der Witz greift anscheinend immer und wurde auch entsprechend von Emmert ausgekostet.

Aber es gab natürlich etwas allgemeintaugliches, nämlich ein himmelblaues Marshmallow Eis was bald auf den Markt kommen soll.

Sehr lecker! Und nach dem üblichen Werbeblock ging es dann raus.

Exit though the gift shop … as always!

Aber eine nette Tour zu einem leckeren Thema!

Wo man viele Eissorten kreiert und auch viel ausprobieren möchte und es auch tut, kann es im übrigen auch sein, dass auch mal was schief läuft. Und für die schlimmsten Kreationen oder die, wo man sich auch ein bisschen ärgert, dass sie nicht mehr verkauft werden, gibt es hier auch was: Den Friedhof der Eissorten!

Und da sind wir am Schluss noch, trotz der dicken Eisdecke davor, über ein paar Umwege hingegangen. Jedes Jahr wird hier feierlich eine Eis Sorte „Zu Grabe getragen“ und ihr Grabstein mit einem netten Spruch oder Reim versehen.

Unser Lieblingsreim war für das Popcorn-Eis:

Peanuts, Popcorn – mix them in a pot!

Plop them in your ice cream – well … maybe not!

Außen kalt, innen kalt – Zeit für ein wenig Autofahren. In der ursprünglichen Planung haben wir uns noch für den in der Nähe befindlichen Ort Stowe interessiert. Da das Abendessen erst um 18:30 beginnen sollte und der Tank ja voll war, haben wir die 30 Minuten investiert.

Um festzustellen: Die 30 Minuten waren es nicht wert.

Stowe ist ein schöner, kleiner Ort aber eben auch nur das. Im Winter ist hier sicherlich mehr los, denn der selbst gegebene Slogan ist „The Ski Capital of the East“. Also drehten wir rasch um und machten uns auf zurück nach Woodstock.

Denn für das Abendessen wollten wir uns noch duschen und vorher konnte eine kleine Pause ja auch nicht schaden – soll ja Urlaub sein. Für die Rückfahrt suchten wir uns ein paar kleinere Straßen aus und sind einen etwas anderen Weg zurück gefahren.

Hörbuch rein (oder einen Podcast, keine Ahnung, was wir da gehört haben), Tempomat und genießen.

Wobei: In guter Nordamerika-Tradition wurde Jens mal wieder vom Navi auf eine „Gravel Road“ geführt. Keine Ahnung, warum das meistens nur Jens passiert, aber irgendwie scheint das jetzt Tradition zu sein.

Aber egal, denn der BMW fuhr sich auch hier echt angenehm und brachte uns heil zurück ins Inn. Wo schon das Feuer im Kamin brannte und der Abend seine Schatten warf.

Vermont: Kalt aber schön wäre vielleicht unser Fazit. Da wir so zwischen „Wintersport-Zeit“ und „Sommer“ da waren, hatte vieles nicht auf oder war noch nicht so nutzbar wie es zu einer geeigneten Zeit gewesen wäre. Aber viele nette Menschen, lustige Ideen und … ein Knöllchen haben wir auch noch kassiert. Das Parkhaus in Burlington hatte nämlich, nicht wie andere Parkhäuser, ein „Pay by plate“ Verfahren, sondern man musste, wie bei einem normalen Parkplatz an der Straße, vorab ein Ticket kaufen und dann im Auto sichtbar hinterlegen. Haben wir vergessen und das damit mit 20 US$ teuer bezahlt. Naja … aber da kann ja Vermont nix für … 😉

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