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Vom Savygnplatz über die Zitadelle Spandau nach Kreuzberg (mit ein bisschen Heimat)

Nach dem gestrigen Abend und den unvorsichtigerweise an der Hotelbar noch getrunkenen Bieren kamen wir an diesem Freitag eher schwer in die Gänge.

Im Hotel hatten wir, wie oft, ohne Frühstück gebucht. Wir hatten aber durchaus Hunger und glücklicherweise hatte Jens da natürlich ein paar Ideen in Petto. Und nachdem Meike und Jens noch ein paar berufliche Dinge aus dem Hotelzimmer heraus geregelt hatten, ging es durch schönen Sonnenschein mit der S-Bahn zum Savygnplatz.

Wo wir unschönerweise an unseren Arbeitgeber erinnert wurden.

Hier um die Station herum sind in den letzten Jahren einige Viertel und Straßenzüge komplett umgebaut worden. Ob man das jetzt unter dem Label „Gentrifizierung“ läuft oder nicht sei dahingestellt, dafür sind wir auch zu weit weg, was hier passiert. Es gibt aber auf jeden Fall das ein oder andere Cafe, Restaurant oder Bar hier, die interessant sind. Und Cafe mit herzhaftem Frühstück war jetzt das, was wir haben wollten.

Und das fanden wir im Cafe „Die Stulle“ in der Carmerstraße. Koffein, Fett und Gewürze – das war dringend nötig!

Während die Lebensgeister so langsam wieder zurück kamen überlegten wir, was wir heute machen wollten. Abends wollten wir uns mit Uwe und Nina sowie Jens (und Uwes) Tante sowie dem Neffen mit seiner Frau treffen. Aber bis dahin war ja noch Zeit.

Ein Ort, wo Jens schon immer mal hin wollte, war die Zitadelle Spandau. Spandau selber auch ein Ort, wo Jens Großvater oft war, denn dort spielte er Wasserball. Mit der U-Bahn kommt man bequem dort hin und eine bessere Idee fiel uns ehrlicherweise auch gerade nicht sein. Also ab dafür!

Mit dem Bus zur Wilmersdorfer Strasse und dann durch nach Spandau.

Spandau selber war eigentlich ehemals eine eigene Stadt und wurde erst 1920 in Berlin eingemeindet.

Für den Bahn-Nerd spannend: Die Bahnhöfe in Spandau sind schon cool! Der Bahnhof „Spandau Zitadelle“ wurde 1984 eröffnet und vom Architekten mit verklinkerten Wänden und aufwendigen Portalen gestaltet. Seit 2017 steht der Bahnhof unter Denkmalschutz.

Aber genug davon, denn wir machten uns auf den 10 Minuten Fußweg zur Zitadelle selber.

Diese ist eine der bedeutenden und besterhaltenen Festungen der Hochrenaissance in Europa. Sie liegt direkt am Havelufer, wo man durch archäologische Funde belegen kann, dass sich hier bereits im 11. Jahrhundert eine slawische Befestigungsanlage befand.

Im 16. Jahrhundert wurde hier dann die heutige Festung erreichtet und immer wieder ausgebaut und verändert. Im 2.Weltkrieg befand sich hier unter anderem ein Laboratorium zum Thema „Nervengas“ und nach dem 2.Weltkrieg dann zuerst die britische Verwaltung ihres Sektors in Berlin. Von 1950 bis 1986 war hier eine Fachoberschule für Baugewerbe, Bauwesen und Vermessungstechnik.

Spannend ist, dass heute sowohl „normale“ Gebäude wie eine Musikschule als auch Museen und Ausstellungen in der Zitadelle beheimatet sind. Also ein bunter Mix von Dingen, die wir uns anschauen können. Und werden.

Erster Halt war, nachdem wir den doch eher versteckten Eingang gefunden hatten, der Juliusturm und das daneben liegende „Archäologische Fenster der Burg Spandau“ – eine kleine, aber feine Ausstellung von Grabungsfunden.

Ebenfalls waren hier alte jüdische Grabsteine ausgestellt, die im 15. Jahrhundert zum Bau der Burg genutzt wurden.

Spannend, aber auch schon jetzt zu viel Input. Daher werden wir, wie immer, maximal 1 % aller Informationen aufschreiben können und für den Rest muss man dann eben hier hin kommen. 😉

Man kann quasi überall herumspazieren und das bedeutet auch, zumindest in unserem Fall, dass man auch oftmals nicht genau weiß, ob man den richtigen Weg geht.

Irgendwann fanden wir uns dann auf jeden Fall auf der Festungsmauer wieder.

Gut, wenn man schonmal hier ist, dann kann man es ja auch genießen. So zum Beispiel mit dem zu Beginn des 13. Jahrhundert erbauten und 1836 mit seinem typischen Zinnenkranz vollendeten Juliusturm.

Wobei man heute immer noch keine Ahnung hat, warum der Turm überhaupt „Julius“ heißt.

Die 153 Stufen ging dann Meike rauf. Jens war noch etwas groggy und setzte sich lieber auf die Wiese neben dem Eingang.

Wobei der Blick schon durchaus die Mühe wert gewesen wäre.

Während Meike auf dem Turm war, hatte Jens das nächste Ziel ausgemacht: Das Stadtgeschichtliche Museum Spandau.

Also da hinein.

Hier gibt es über 300 Ausstellungsstücke zur Geschichte Spandaus. Spannend, weil Spandau ja eben erst 1920 eingemeindet wurde, was seinerzeit mit den Worten „Was Spandau bei Groß-Berlin soll, ist nicht recht klar“ von einem Ratspolitiker kommentiert wurde.

Das Museum war sehr detailreich und sehr gut selber zu erkunden. Neben historisch sicherlich wertvolleren Artefakten gab es auch das ein oder andere skurrile Ding wie diese Karte für die Routen der Nachtwächter.

Oder die Lage der heutigen Altstadt und der Zitadelle mit den umliegenden Dörfern. Heute alles Berlin.

Ein großer Faktor in der Entwicklung Spandaus waren natürlich die Siemenswerke mit der dafür gebauten Siemensstadt. Auch dazu gab es natürlich was zu sehen.

Was in Spandau ebenfalls berühmt machte waren die Filmstudios, wo über 200 Kinofilme produziert wurden.

Eine Ausstellung, in die wir auf jeden Fall wollten, war eine Dauerausstellung im ehemaligen Proviantmagazin der Festung. Hier werden die aufgrund der mehrfachen politischen „Neuausrichtungen“ der Stadt aus dem öffentlich Raum entfernten Denkmäler ausgestellt mit denen die jeweiligen Herrscher ihre Macht demonstrieren wollten.

Ein sehr cooles und einzigartiges Museum, denn es gibt hier tatsächlich nur Denkmäler aus allen Epochen der Stadtgeschichte.

Teilweise waren auch interaktive Bereiche dabei, wo man sich beispielsweise hier in einen Park der 20er Jahre zurückversetzen lassen konnte.

Aber eben auch Denkmäler aus den dunkleren Jahren der Stadt haben hier ihren Platz.

Wie zum Beispiel die größenwahnsinnigen Phantasien der Nationalsozialisten für ihre Gebäude.

Oder auch Zeugen der sozialistischen Machthaber im Osten der Stadt.

Sehr spannend und am Ende noch mit einem Twist, denn der Museumaufpasser am Ausgang war in Gesprächslaune und verwickelte uns mit seiner Berliner Schnauze in ein sehr lustiges Gespräch. Wo wir am Ende noch ein paar Adressen für Restaurants in Berlin und Köln austauschten.

Fazit zur Zitadelle: Ein wirklich lohnendes Ziel mit vielfachen Möglichkeiten was anzuschauen, zu erleben oder auch zu lernen.

Unsere Köpfe waren aber jetzt sehr voll mit Wissen und das drückende Wetter tat sein übriges dazu. Also machten wir uns auf in die Altstadt.

Wir würden zwar heute Abend was Essen gehen, aber ein Bierchen geht ja immer … oh, ein Brauhaus?

Na dann mal rein. Das Bier war ok, die andern Gäste in der Regel nett. Aber einzelne waren echt anstrengend, gerade was Lautstärke und Inhalt der Diskussionen anging.

Und zu allem Überfluss waren wir ja im Oktober war. Und die goldene Regel aller Brauhäuser Deutschlands besagt ja, dass man dann irgendwas mit Oktoberfest machen muss. So will es das Gesetz.

Und als dann die Proben begannen und einige der oben erwähnten Gäste mitsangen war es für uns wahrlich Zeit für den Aufbruch.

Spandau selber machte auf uns einen echt schönen Eindruck – sehr grün, fast schon wie eine Kleinstadt am Rande der Großstadt.

So gingen wir in Richtung der U-Bahn mit der wir dann zum Treffen mit der Verwandtschaft fahren woll … was ist das?

Zunft Kölsch? In Spandau?

Ernsthaft: Jens Heimatkölsch bekommt man nicht einmal in Köln. Geschweige denn in Berlin. Also mussten (!) wir hier rein und die Geschichte dahinter rausfinden.

Es stellte sich heraus, dass der Vertriebsleiter der Zunft Brauerei bei der grünen Woche in Berlin, einer Gastro-Messe im weiteren Sinne, immer hier abgestiegen ist. Und da die Inhaber der Kneipe gerne außergewöhnliche Biere ausschenken wollen anstelle die hundertste Kneipe zu sein, die Berliner Kindl ausschenkt, gibt es hier seit vielen Jahren schon Bier aus Bielstein!

So von Heimatgefühlen übermannt hat Jens dann die Zeit vergessen und so mussten wir dann recht hektisch aufbrechen. Denn der Weg von Spandau in die Innenstadt ist zwar eine direkte U-Bahn-Fahrt – aber die ist lang.

Als wir dann am Hermannplatz ausgestiegen sind war das auch wie eine andere Welt.

Was durch die Gebäude auf dem Weg zum Treffen mit der Verwandtschaft noch verstärkt wurde.

Als wir dann ankamen, saßen schon alle vor einer Kneipe, tranken Getränke und quatschten miteinander.

Und so verging dann auch der Rest des Abends. Unterbrochen von einem „Hol man was vom Imbiss nebenan“-Gang. Das ist eben auch Berlin.

Als dann alle aufbrachen sind Meike und Jens noch in eine kleine Bar nebenan gegangen. Einerseits natürlich weil sie so schön aussah, der Platz an den Tresen so verlockend war. Oder eben weil jemand auf Klo musste. Egal warum, das Schultheiss war lecker und die Dame hinter den Tresen ebenfalls mit einer Berliner Schnauze vom feinsten gesegnet.

Vorteil hier: Der Bus zum Hauptbahnhof. Denn nach viel U-Bahn war uns nicht mehr.

Und am Hauptbahnhof dann ab in die S-Bahn zum Hotel.

Was für ein voller Tag, was für viele unterschiedliche Eindrücke und ein schöner Abend mit netten Menschen! Danke dafür!

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