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Ein regnerischer (und damit etwas fauler) Tag in Portland

Bei Wettervorhersagen sind wir ja etwas „gebrannte Kinder“, denn in all unseren Urlauben war es eigentlich meistens so, dass die offiziellen Vorhersagen nicht stimmen und man lieber den „Eingeborenen“ zuhört und ihren Empfehlungen folgt. So auch für heute, wo eigentlich trockenes Wetter vorhergesagt war, wir aber gestern des Öfteren das Wort „Regen“ gehört haben. Und daher haben wir auch heute etwas ausgeschlafen und den Tag spät begonnen.

Ganz im Gegensatz zu den Baumfäll-Arbeiten vor unseren Wohnzimmerfenstern, die gerade Jens, der früh wach war und eigentlich was in Ruhe lesen wollte, nervten.

Als wir dann beide wach waren, überlegten wir was wir tun wollen. Als wir in unserer GPS-Self guided walks-App zwei Tracks für Portland fanden, war die Entscheidung leicht und wir würden Portland auf eigene Faust erkunden.

Portland hat eine bewegte Geschichte für amerikanische Verhältnisse. Ursprünglich lebten hier die Abenaki, die die Gegend Machigonne (Großer Hals) nannten. Bereits 1632 wurde die Hafenstadt Portland als Handels- und Fischersiedlung gegründet, wurde aber 1675 und 1690 durch die Indianer überfallen und beim zweiten Überfall auch komplett zerstört und alle Siedler getötet.

1716 wurde dann der Hafen von Samuel Moody neu aufgebaut und Falmouth Neck genannt. Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurde Portland durch die britischen Truppen bombardiert und niedergebrannt. 1786 wurde es dann erneut aufgebaut, diesmal unter dem Namen Portland.

Mit der Unabhängigkeit von Massachusetts im Jahr 1820 wurde Portland bis zum Jahr 1831 zur Hauptstadt von Maine. Danach war aber nicht Ruhe, denn am Unabhängigkeitstag 1866, dem 4. Juli 1866 zerstörte ein Feuer einen großen Teil von Portland. Ein achtlos geworfener Feuerwerkskörper setzte ein Geschäft auf der Commercial Street in Brand, das Feuer griff auf das Brown Sugar House über und von dort diagonal durch die Stadt. Es verbreitete sich fächerförmig. Komplette Straßenzüge, einschließlich massiver Lagerhäuser, Kirchen und Wohnhäuser wurden zerstört. Das Feuer endete in der Nähe des Munjoy Hills. Etwa 1.500 Gebäude in 58 Straßenzügen wurden zerstört. Dadurch wurden etwa 10.000 Einwohner obdachlos. Im Zuge des Wiederaufbaus, wurden die alten Straßen verbreitert und begradigt. Nach etwa zehn Jahren waren die Trümmer beseitigt und Portland fast ganz wieder aufgebaut.

Und das macht es so besonders, denn in den 1880er Jahren baute man halt anders als 100 Jahre zuvor und das würden wir uns anschauen wollen.

Vorher wollte wir aber was Essen und einer der häufigsten Restaurant-Tips war die Eventide Oyster Bar. Direkt über die Hauptstraße von unserm Apartment … ach, eben in der Nähe gelegen. Dort war noch ein Platz frei und so setzten wir uns hin und orderten unser karges Mittagessen.

Cevice vom Fluke, übersetzt als „Sommer Flunder“, mit eingelegten Zwiebeln, Koriander und kleinen, krossen Teigstangen

Und natürlich Austern für Jens! Die hier grandios waren und tatsächlich Damariscotta als einen von Jens Lieblings-Oyster-Orten zementierte (von dort gab es schon 3 Mal Austern und jedes Mal waren sie hervorragend fest, fleischig und nicht zu jodig bzw. meerig).

Spannend, dass es hier auch Muscheln aus New Brunswick also aus Neubraunschweig in Kanada gab. Aber warum die aus der Ferne nehmen, wenn es hier so gute Qualität gibt!

Apropos Qualität und Lecker und so: Dann gab es ein Scallop Waffle-Yaki! Wortwörtlich eine Kombination aus Jakobsmuscheln mit Waffeln und japanischer Okonomiyaki-Sauce!

Sa-gen-haft! Auch wenn die Jakobsmuschen viel Teig hatten in Relation zum Muschelfleisch.

Auch sehr gut waren die gebratenen Tintenfische mit kleinen, sehr süßen Tomaten, Radieschen und Zwiebeln.

Und dann: Toro Pastrami mit Sauerkraut! Eine spannende Kombination mit geräuchertem Thunfisch und mildem Sauerkraut, auch wenn der Thunfisch uns nicht vom Hocker gehauen hat.

Nachtisch für Meike, Jens trank währenddessen lieber noch ein Bier, ein Bun mit Lobster! Gute Qualität aber überraschend klein.

Auf dem Tagesmenü stand noch was besonders, nämlich eine südamerikanische, sehr kräftige Variante einer Tiradito mit Jakobsmuscheln, Oliven und kleinen Fäden aus getrockneten Chilies. Sehr stark und nur für die kommende Portland Restaurant-Week ins Programm genommen.

Tiradito ist quasi wie Ceviche, wobei eine Ceviche aus Würfeln ist und eine Tiradito in Steifen geschnittener roher Fisch ist, der, was der nächste Unterschied zur Ceviche ist, auch nicht mariniert wurde, sondern roh auf den Teller kommt.

Für ein kleines Mittagessen gar nicht mal so schlecht und die hinter uns platzierten New Yorker Yuppies, die laut Blödsinn redend und über ihre ach so richtig wichtigen Geschäfte und Vermögen redeten. Keine Ahnung wen sie damit beeindrucken wollten, denn uns nervte es nur und den Gesichtern nach alle anderen im Restaurant auch. Und mitten im Restaurant stehen und telefonieren … also unsere Erziehung verbietet uns sowas. Den mit Sonnenbrillen im Restaurant sitzenden Idioten war allerdings Scham ein Fremdwort und so waren wir froh, dass wir den Großteil unseres Essens in Ruhe verbringen konnten.

Danach begannen wir unsern Rundweg durch Portland. Partnerstadt von Portland ist übrigens der Stadtteil Shinagawa in Tokyo, also der Stadtteil südlich von Tamachi, wo wir immer übernachten in Tokyo. Zu einer Feier wurden diese japanischen Postkästen auf einen Platz im Zentrum aufgestellt und sie erinnerten uns angenehm an Japan.

Auch die Pandemie-Vorschriften waren … japanisch angehaucht!

Ansonsten war dies eben ein Arbeitstag, wo natürlich nicht so viel los war. Portland selber machte auf uns aber einen sehr schönen Eindruck, was aber auch am trockenen und teilweise sogar leicht sonnigen Wetter lag. Viele kleine Läden, viel zu sehen und zu entdecken. Und das nicht nur kulinarisch oder Bier-technisch.

Ein kleiner Laden namens „The Maine Souvenier Shop“ mit Produkten von lokalen Künstlern interessierte uns dann so sehr – und nicht nur wegen dem Buchtitel – sodass wir reingingen. Und auch was kauften.

Sehr schöne Atmosphäre, wobei uns auch hier klar ist, dass das im Sommer vermutlich anders sein dürfte. Aber wir waren froh es so zu erleben und spazierten den GPS Track ab.

Wobei uns diese Gasse namens Wharf Street irgendwie anlockte …

Oh, Bier!

Und was für ein Laden „Mash Tun“ war: Eher wie so eine Dive Bar, sehr dunkel und ein wenig … bedrohlich vom Ambiente her. Die Sprüche auf den Stühlen halfen dann auch wenig.

Alleine am Klo konnte man schon erkennen, dass das hier in Richtung Craftbeer geht.

Aber: Wir wurden super freundlich in Empfang genommen. Der Barkeeper erklärte uns nachdem er unsere Vorlieben abgefragt hat, was wir bestellen können und sollten und was besser nicht. Die ebenfalls an der Bar sitzenden Menschen kamen direkt mit uns ins Gespräch und so trafen wir einen Uber Fahrer am Schichtende, einen Angestellten einer Versicherung (was der in so einer Bar nur zu suchen hat) und einen Online-Broker, der von der Bar aus seine Geschäfte machte. Mit ihm haben wir uns dann noch länger unterhalten und uns über Formel 1, Golf, englische Auto-Shows, James Mays Shows, Reisen, gutes Essen und noch über 10 andere Dinge unterhalten.

Essen wollten wir nichts, aber das Essen sah jetzt auch nicht so schlecht aus.

OK, Punktabzug gab es für das Früh Kölsch im Weihenstephan Krug.

Aber so vergingen in der Tat Stunden, sodass es schon dunkel war, als wir selig und etwas betrunken aus der Bar heraus kamen.

Hunger stellte sich allerdings langsam ein, als wir die restlichen Punkte des GPS Tracks abliefen, dies aber mehr so aus „Man muss zu Ende bringen, was man angefangen hat“ Gründen.

Also überlegten wir, was wir machen wollen. Fast Food sollte es schon sein, nur hatten wir keine Lust uns in einen Burger Joint zu setzen. Noch hatten wir aufgrund der Biere vor Auto zu fahren und zum goldenen M oder sowas wollten wir eh nicht.

Jens fiel dann noch ein weiterer Laden in Portland ein, der gerade für seine Pommes bekannt sein soll: Duckfat! Die Pommes werden hier, wie der Name sagt, in Entenfett gebraten und dies zwei Mal. Die Sandwiches sollen auch nicht so schlecht sein, also rasch geschaut, ob man da noch einen Tisch bekommt. Bekam man nicht. Man konnte aber zum Mitnehmen bestellen und dies sogar online ohne eine andere App oder sowas. Na das probiere wir doch mal aus.

Da die Bestellung in 30 Minuten abholbereit sein soll, legten wir noch einen kleinen Halt in einem Irish Pub ein, der passenderweise auf dem Weg zum Duckfat lag. Einfach nur um auf dem dortigen Untappd Board aufzutauchen.

Zum Duckfat (das überraschenderweise in der Nähe unseres Apartment lag) waren es noch ein paar Schritte.

Dort dann den Namen gesagt bzw. die Bestellungsnummer gezeigt und schon bekamen wir zwei Tüten in die Hand gedrückt.

Mit vieeelen Pommes! Und leckeren Pommes!

Und so setzten wir uns gemütlich auf die Couch, schauten was Big Bang Theory und aßen sehr, sehr gutes Fast-Food!

Genauer gesagt war es so viel, dass wir die Pommes nicht aufgegessen haben.

Die so angesammelten Kalorien wurden dann bei einem Shuffleboard-Spiel wieder verbrannt. Also 2-3 von den 2000 Kalorien, die das Abendessen gefühlt hatte.

Aber egal, denn unserer Meinung nach verbrennt gute Laune auch Kalorien und die hatten wir. Wir ließen es uns gut gehen, spielten nachdem Jens Meike überraschenderweise beim Shuffleboard geschlagen hatte, noch was Kniffel, tranken Biere einer Brauerei aus Vermont die wir noch in Woodstock gekauft hatten und die einem österreichischen Inhaber gehört, und schauten dann noch was NCAA Basketball.

Portland gefällt uns und das nicht nur wegen der Bier- und Food-Kultur hier. Auch die Menschen, die wir heute getroffen haben, waren durch die Bank weg nett und freundlich und wir haben uns sehr viel unterhalten und was über die Gegend gelernt.

Ach ja und etwa 5 neue Restaurant-Empfehlungen haben wir auch wieder bekommen. 😉

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