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Von A (Auswanderung) bis B (Bier)

Samstag morgen, schönster Sonnenschein. Nicht ganz das, was die Wettervorhersage uns angekündigt hatte, aber wir werden uns nicht beschweren. Für den einzigen ganzen Tag, den wir dieses Mal in Hamburg haben, hatten wir ungefähr 50 Ideen. Und starteten mit der ersten, die grundsätzlich erst einmal Jens interessierte: Bahnfahren! Und das mit der U4, die wir schon gestern vom Hauptbahnhof zum Hotel genutzt haben – die neueste U-Bahnlinie Hamburgs

Die Strecke der U4 hat insgesamt eine Länge von rund 13,3 Kilometern und teilt sich von Bilstedt bis zum Jungfernstieg die Strecke mit der U2. Ab dort geht es auf einer eigenen Strecke durch die HafenCity auf einer Länge von 5 Kilometern bis zur oberirdischen Endstation Elbbrücken. Die Strecke ist 2018 in Betrieb gegangen und erschießt eben den neuen Stadtteil. Es ist angedacht die U-Bahn bis nach Harburg zu verlängern, das ist aber noch nicht einmal richtig geplant.

Die Haltestelle der U-Bahn, die über einen Skywalk mit der gleichnamigen S-Bahn-Station verbunden ist, sieht schon klasse aus und endet wortwörtlich direkt an der Elbe.

Die S-Bahn dagegen führt weiter in Richtung Harburg und mit dieser wollten wir dann eine Haltestelle weiter fahren.

Denn unser echtes erstes Ziel für den Tag, so schön das Bahnfahren auch ist, ist die Ballinstadt mit ihrem Auswanderermuseum im Stadtteil Veddel.

Hier wurde 2007 ein Museum zur Geschichte der Auswanderung generell und der Bedeutung für Hamburg im Speziellen eröffnet und das wollten wir uns anschauen.

Karten waren schnell erworben und uns wurde mitgeteilt, dass die Ausstellung etwas zusammengefasst wurde, da in einer der 3 Gebäuden des Museums eine Hochzeit stattfinden sollte. Aber auch so sollte es ein sehr interessanter Museumsbesuch werden.

Und viele Fakten wären in diversen heutigen Diskussionen an der einen oder anderen Stelle interessant. Denn Migration gab es schon immer und wird es immer geben. Die Gründe verändern sich auch nur marginal dadurch, dass der Klimawandel einen weiteren Faktor hinzugefügt hat, warum Menschen ihre Heimat verlassen und woanders hin wollen oder sogar müssen.

Die Ausstellung war sehr detailliert und begann mit einer allgemeinen Definition von Migration: Von Migration spricht man, wenn eine Person ihren Lebensmittelpunkt räumlich verlegt. Und das passiert schon seit dem 16. Jahrhundert in Form von Arbeits- und Siedlungswanderungen.

Für jüngere Besucher gibt es übrigens die Maus „Jette“, die spielerisch das doch eher harte und ernste Thema vermittelt.

Das Museum folgte einer gewissen Reihenfolge: Beginnend bei der Auswanderung und den Gründen dafür. Wir konnten uns nicht mal vorstellen unter welchen Bedingungen die Menschen früher beispielsweise in die USA ausgewandert sind.

Als Gimmick konnte man an solchen Stationen seine eigene Migrationsreise antreten, das war aber eher unspektakulär.

Wie gesagt: Die Gründe zu Migrieren sind vielfach und haben sich über die Jahrhunderte teilweise nicht verändert.

Wichtig ist dann auch zu sehen, dass es eben verschiedene Formen der Migration gibt – bei Diskussionen heutzutage täte es gut nicht einfach alles zu verallgemeinern.

Von den ersten Auswanderungen führte das Museum dann bis zu den Arbeitsmigrationen in den Wirtschaftswunderjahren (inklusive dem Mopped, was der gelernte Zimmermann Armando Rodrigues de Sá aus Portugal am 10.09.1064 in Köln-Deutz als millionster Gastarbeiter erhielt).

Die Balinstadt selber und damit das Museum stehen nicht ohne Grund hier, denn hier hat die HAPAG Reederei, die ein Geschäft mit dem Transport von Auswanderern in die USA machte, einen Ersatz der 1892 errichteten sogenannte „Auswandererbaracken“ erbaut, um die Auswanderer vor ihrer Abfahrt überprüfen zu können und sie auch 14 Tage in Quarantäne zu legen, um die Erkrankungsraten auf der Überfahrt zu verringern. Insofern war natürlich ein hoher maritimer Fokus in der Ausstellung zu spüren.

Da die Reeder abgelehnte Auswanderer auf eigene Kosten zurücknehmen mussten, war das eine gute Investition.

1898 benötigte Hamburg den Grund, auf dem die Auswandererbaracken standen, zur Hafenerweiterung und bot als Alternative die Veddel an und hier wurden eben die „Auswandererhallen“ erbaut. Durch diese speziell gebauten Baracken, die einen eigenen Eisenbahnanschluss hatten, konnte die Welle der Emigranten – meist aus osteuropäischen Ländern – um die Stadt herum geleitet werden. Die neue Anlage bot in 15 Gebäuden Platz für 1200 Personen. Es gab fünf Schlaf- und Wohnpavillons, zwei bequemere Unterkünfte, eine große Speisehalle, Wasch- und Sanitäreinrichtungen in jedem Schlafpavillon, eine Synagoge und eine Kirche für die beiden christlichen Konfessionen sowie ein Verwaltungsgebäude. Darüber hinaus gab es einen Musikpavillon, in dem Konzerte stattfanden, ein Lazarett, Gepäckschuppen und einen Stall. 1905 wurden in der Nähe weitere acht Baracken errichtet. Balin selber nannte das Areal „das größte Gasthaus der Welt“.

Zur weiteren Geschichte ist interessant, dass Anfang des 20. Jahrhunderts die Zahl der Auswanderer über Hamburg so stark anstieg, dass die Anlagen um 1907 herum nochmal erweitert wurden und auf 30 Gebäuden vergrößert wurde. 1913 wurden über das Gelände über 170 000 Emigranten geleitet und Hamburg war Deutschlands größter Auswanderungshafen geworden. Zwischen 1891 und 1914 verließen fast 1,9 Millionen Menschen Europa über den Hafen an der Elbe – die überwiegende Mehrheit in die USA, das Hauptziel europäischer Auswanderer der Jahrhundertwende.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden diese Quartiere von der deutschen Kriegsmarine in ein Lazarett umgewandelt. Nach dem Krieg begannen Emigranten wieder, über die Hamburger Auswandererhallen auszuwandern, doch betrug deren Zahl nur einen Bruchteil derer, die in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts über die Stadt ausgereist waren. Zwischen 1918 und 1954 wurden „nur noch“ um die 300 000 Auswanderer in Hamburg registriert.

In den 60er Jahren wurden die meisten Gebäude abgerissen und erst im Juli 2007 als Museum wieder eröffnet. Mit teilweise sehr persönlichen Artefakten wie Briefe oder Tagebüchern – sehr beeindruckend.

Über den Aspekt der Reise selbst, dargestellt durch ein Schiff das die zwei begehbaren Gebäude miteinander verbunden hat, kam man dann zur Ankunft im Zielland. Und den sich dort ergebenen Problemen.

Was spannend war: Inmitten der ganzen Geschichten von den Menschen die teils wochenlange Reisen auf sich nahmen, um ein besseres Leben zu finden, stand die Geschichte einer Person, die 2010 nach Mallorca auswanderte. Und dazu einfach nur in ein Flugzeug stieg und nach 3 Stunden am Ziel war.

Nun also die Ankunft in der neuen Welt und die damit verbundenen Probleme, Herausforderungen und Geschichten. Denn für wenige war mit der Einreise gleich das Leben frei von Sorgen oder Hindernissen.

Über allem steht aber dieser, sehr wahre Satz! Egal ob man als kleiner Bär aus Peru nach England geht oder von woanders nach woanders migriert.

Der etwas „gedrängte“ Teil befasste sich dann mit Alber Balin. Balin selber war übrigens Jude und kaisertreuer Patriot und hat sich am 9. November 1918, dem Tag der Bekanntgabe des Thronverzichts Wilhelms II. und der Ausrufung der Republik, mit einer Überdosis Beruhigungsmittel Suizid begangen.

Als Zusatzausstellung gab es das Thema „Demonstrationen“ zu sehen, wo Künstler mit Playmobil berühmte Demonstrationen der Geschichte nachgestellt haben. Aber das war irgendwie nicht so spannend wie gedacht. Und Playmobil selber eignet sich für sowas wir den Arbeiteraufstand in der DDR nicht wirklich, dafür lachen die Figuren zu viel.

Aber eine sehr interessante und umfangreiche Ausstellung.

Und schon war es Mittag und uns gelüstete es nach Fett und Alkohol. Und passenderweise hat eine uns wohlbekannte, schottische Brauerei eines ihrer Outlets in St. Pauli. dezent durch Neonreklame sichtbar. Was man vom Eingang nicht sagen konnte, denn erst die dritte Tür lies sich öffnen.

Also hinsetzen, Rabattkarte zücken und das (leider) Standard-Menü sichten.

Immerhin gab es mit einem sehr scharfen Chorizo-Burger etwas neues auf der Karte. Ein bisschen trauern wir ja der Individualität der früheren Brewdog-Jahre nach, wo es in Edinburgh beispielsweise einen fantastischen vegetarischen Pie gab.

Aber das Bier schmeckt!

Und für Unterhaltung war auch gesorgt, denn Jens Lieblingsband war direkt neben unserem Sitzplatz vertreten.

Nach dem Essen und dem Bier wollten wir unsere Füße etwas vertreten und machten uns entlang der Reeperbahn und den Stadtteil St. Pauli auf.

Und fanden, gerade als wir keine Lust mehr auf Spaziergang hatten, eine weitere Möglichkeit zur Einkehr.

Gut, an einem Heimspieltag von St. Pauli gegen Mainz in eine Brauerei auf dem Kiez zu gehen war jetzt nicht so wirklich eine brilliante Idee, aber … immerhin gab es ein paar Biere zu probieren.

Und auch wenn der Service am Anfang etwas langsam war, weil schlicht zu wenig Personal da war: Die Biere waren nicht schlecht. Wenn auch auf der bitteren Seite, aber das kann an den gewählten Bieren im Brewdog liegen. Aber es gab ein Tasting und das macht ja immer Spass.

Dann hatten wir aber genug und wollten uns auch nicht der Versuchung hingeben noch weiteren Alkohol zu konsumieren. Denn um 21 Uhr hatten wir heute Abend noch einen Termin, den wir auf jeden Fall mit allen Sinnen wahrnehmen wollten. Also ging es mit der Busline 111 direkt zurück zur Hafen City und aufs Zimmerchen.

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