Zum Inhalt springen

Wanderung 13. Etappe RheinBurgenWeg Trechtingshausen-Bingen

Donnerstag Abend, eine Couch in Köln-Dellbrück. Meike und Jens überlegen, was sie am Wochenende machen wollen. Und was sie essen wollen. Angesichts von schwülen 31 Grad Celsius war der Drang aufwendig und vor allem mit viel Hitze zu kochen eher … gering. Und aus irgendwelchen Gründen schaute Jens dann in seinem Handy auf eine noch offene Buchungsseite und … nun … Freitag Nachmittag saßen wir in Boppard und tranken auf der Außenterrasse der Weinstube Baudobriga einen schönen Mittelrhein-Riesling.

Und dies war der Auftakt zum obligatorischen Besuch im Weinhaus Heilig Grab.

Und der üblichen Bestellung bestehend aus einem Strammen Max, Spundekäs und einer Wurstplatte.

Es hatte uns also wieder nach Boppard verschlagen. Denn am 23.04.2021 hatten wir, damals noch während der eher eingeschränkten Urlaubs- und Reisemöglichkeiten durch die Corona-Pandemie, spontan die erste Etappe des RheinBurgenWeges von Rolandseck nach Remagen gewandert. Und nicht gedacht, dass wir 1.184 Tage später die letzte Etappe des knapp 200 Kilometer langen Fernwanderweges in Angriff nehmen würden.

Tatsächlich hatten wir irgendwann sowohl das Gefühl „Ach, das machen wir dieses Jahr noch fertig!“, was dann ziemlich schnell in ein „Das werden wir niemals fertig machen!“ schwenken konnte. Und um uns ein wenig zu motivieren, hatten wir vor einiger Zeit vereinbart, dass wir, wenn wir den RheinBurgenWeg abschließen, uns mit einem Gourmet-Essen in Perl/Nennig bei Christian Bau (3 Michelin Sterne, Träger des Bundesverdienstkreuzes sowie Ehrenbotschafter für die japanische Küche) belohnen. Um den Druck noch etwas zu erhöhen haben wir dann auch für Oktober den Tisch dort gebucht und waren so in Zugzwang.

Das Wetter versprach sonnig zu werden und so buchten wir spontan ein Genießerwochenende im Hotel Bellevue in Boppard, aßen wie gesagt am Freitag im Heilig Grab und standen recht früh auf dem Bahnsteig in Boppard, um zumindest für den RheinBurgenWeg ein letztes Mal in die RB26 einzusteigen.

Die Bahn hatte ja die geniale Idee in den Sommerferien die Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt zu sanieren, weswegen wir in den Genuss einiger umgeleiteten ICEs und einer Verspätung kamen. Aber da sind wir ja schon schlimmeres gewohnt.

Immerhin ergatterten wir noch einen Sitzplatz und mussten auf dem Weg nach Trechtingshausen, wo die letzte Etappe beginnt, nur ein paar Radfahrer aushalten. Die eine Exemplarstudie für „Mansplaining“ abgegeben hätten, so wie der Mann seine Frau die Welt, Bahnfahren und überhaupt alles erklärt hat.

30 Minuten später konnten wir dann aussteigen und standen bei schönstem Sonnenschein auf dem Bahnsteig.

Daneben sehr viel Lärm, denn unter dem Dach hatten so 20-30 Schwalben ihre Nester platziert und flogen ein und aus. Die Fenster sahen entsprechend aus.

Unsere letzte Etappe versprach nochmal eine würdige „RheinBurgenWeg“-Etappe zu werden: Rhein, Burgen und diverse Höhenmeter. Im Gegensatz zu anderen Etappen ging es aber nicht direkt hinauf, sondern erst einmal was am Rhein entlang. Dazu mussten wir aber die Bahnstrecke queren, was aufgrund der eingangs erwähnten Umleitung der ICEs etwas zeitaufwendiger als gedacht war.

Denn die erste Schranke wartete noch auf einen Güterzug in Richtung Koblenz bevor sie den Weg freigab.

Zwischen Eisenbahn und Rhein ging es dann an ein paar kleinen Gärten entlang. Ein kläffender Hund gab es natürlich auch, ansonsten wären das auch keine richtigen Gärten. Am Ende baute ein Dorfverein einen Rastplatz für die vielen Radfahrer, die am Rhein entlang fahren – schöne Sache.

Um dann nach etwa einem Kilometer zur ersten Burg der Etappe, der Burg Reichenstein, zu kommen mussten wie wieder über die Bahngleise. Und das war hier was schwieriger, denn dieser Bahnübergang ist immer geschlossen. Damit er geöffnet wird, muss man per Sprachtaste dieses anmelden. Als Antwort kam erst einmal, das noch ein Zug käme und dann die Schranke geöffnet wird.

Wurde dann auch und dauerte nur ein paar Minuten. Jens meldete dann auch wieder per Sprechtaste, dass der Bahnübergang frei ist (stand so da, dass man das machen sollte) und die Schranken schlossen sich wieder.

Für uns ging es jetzt hinter der Burg Reichenstein hinein in das Morgenbachtal, einem kleinen Bach, der hier in den Rhein mündete. Nachdem wir einem hochmotorisierten polnischen Mustang, der sich offensichtlich verfahren hatte, ausgewichen sind, ging es dann auch auch vom Bach weg den ersten Anstieg hinauf. Endlich möchte man sagen.

Und was kann an einem „Eselspfad“ schon schlimm sein. Gut, die Tiere können halt ordentliche Steigungen bewältigen und so. Aber … ach mist!

Es wurde echt steil!

Oben angekommen gab es erst einmal genügend Auswahl an Richtungen.

Und auch einen schönen Ausblick, den wir etwas schnaufend genossen. Dabei vereinbarten wir aufgrund des Wetters mindestens alle 30 Minute eine Pause einzulegen und jede zweite Pause eine Sitzgelegenheit zu suchen.

Das sollte sich als ganz sinnvoll erweisen, denn insgesamt sollten es wieder knappe 450 Höhenmeter werden.

Ach ja, kurz nachdem wir oberhalb des Morgenbachtals angekommen waren, ging es auch gleich wieder runter. Natürlich!

Der Wegeplaner und wir werden auch auf der letzten Etappe keine Freunde mehr. Mehr als einmal überlegten wir laut, warum keine Zipline oder Rolltreppe oder sowas verbaut wurde.

Aber ein bisschen mögen wir ja auch die Herausforderung und am Anfang nimmt man das alles ja noch mit einem Lachen. So kamen wir in guter Laune an der zweiten Burg des Tages an, der Burg Rheinstein.

Hier wäre eine Einkehr möglich gewesen, da wir aber vor der größten Hitze ankommen wollten und außerdem auch Äpfel und Müsliriegel neben dem Wasser eingepackt hatten, gingen wir einfach an der Burg vorbei und machten nur ein paar Fotos.

Aber schön sah es schon hier aus.

Bereits hier sichtbar: Unser Ziel Bingen! Aber das sollte noch was hin sein …

Und da die Laune gerade gut war: Selfie-Time!

Danach ging es recht steil und fast direkt wieder hinauf. Nicht wie sonst in Serpentinen, auch eher selten auf dem RheinBurgenWeg. Oben angekommen wäre erneut eine Einkehrmöglichkeit gewesen, das Schweizerhaus hat aber aktuell aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen. Schade, denn der Blick wäre schon cool gewesen.

Von hier aus wanderten wir dann weiter durch den Wald – die ganze Etappe war sehr „waldig“, was bei den steigenden Temperaturen super war. Der Wald schützte etwas vor der Sonne, bot frische Waldluft und hier und da auch ein paar erfrischende Windböen.

Ab hier wurde die Etappe dann etwas belebter, eine Dame, die von Bingen nach Trechtingshausen wanderte erzählte uns von „vielen Hunden, die frei herumlaufen“ und beschwerte sich über die Junggesellinenabschiede in der Regionalbahn. Unaufgefordert. Naja … die „vielen Hunde“ waren dann 2 Hunde, die bei ihren Herrchen und Frauchen standen und im Morgenbach badeten.

Ja genau, der Morgenbach. Der gleiche an dem wir schon zu Beginn der Etappe waren.

Vorteil, wenn man an einem Bach entlang geht: Schlimme Steigungen sind nicht zu erwarten. Und Zusatzvorteil bei diesem Wetter: Man kann sich mal die Hände und das Gesicht kühlen.

Die nächsten Kilometer sind wir dann durch den Wald auf einem schönen, breiten Wanderweg unterwegs – eine sehr angenehme aber auch nicht besonders abwechslungsreiche Passage.

Das sollte sich dann aber bei der nächsten Abzweigung ändern, denn hier stießen wir in die Stecheschlääferklamm. Der Name des Wanderweges ist der ansässigen Mundart entlehnt und spielt darauf an, dass der Wanderer seine Wanderstöcke (Steche) über den Boden schleifen (schlääfe) lässt.

Und Wanderer hatte es hier sehr, sehr viele. So viele wie auf keinem bisherigen Abschnitt des Weges, denn eine 40-50 Personen-Gruppe mit vielen Kindern wollte auch gerade die Klamm entern. So mussten wir uns die ersten Meter an diversen Familien und vor allem kleine Kinder mit Stöcken vorbeischlängeln.

Ging aber.

Ab 1971 wurden durch den lokalen Wanderverein 15 Brücken über den kleinen Hasselbach gebaut und die Klamm somit wandertechnisch erschlossen. Ein Mitglied schnitzte dabei 46 kleine Kunstwerke, vorwiegend Gesichter, in geeignete Bäume und macht den Weg somit auch zu einer Art Entdeckungs-Abschnitt.

Sogar ein Holz-Teleskop stand bereit, wenn man nicht alleine die Gesichter finden konnte.

Trotz der vielen Kinder, die natürlich auch nicht besonders leise waren, ein schöner Abschnitt!

Oben angekommen ging es über eine Straße und einen Wanderparkplatz, auf dem wir einen der beiden Hunde aus dem Morgenbach inklusiver der Besitzer wiedergetroffen haben. Und mit ihnen haben wir auch noch kurz gequatscht und uns ist danach aufgefallen, dass diese Etappe auch eine der kommunikativsten des gesamten RheinBurgenWeges war. Kann aber auch daran liegen, dass wir sonst nie so viele Menschen überhaupt getroffen haben.

Und generell war ab der Klamm sehr viel zu entdecken, so zum Beispiel eine alte Römervilla zu deren Überresten es ein paar Informationstafeln gab.

Oder Info-Tafeln zu den Bewohnern des Waldes, gerade für jüngere Wanderer gemacht.

Auch eine Hängebrücke hat es hier, da sind wir aber nicht drüber gegangen. Einerseits wurde es langsam richtig warm und auch schon etwas drückend.

Und andererseits hatte Meike bereits diese Waldmurmelbahn ins Auge gefasst. Dort kann man eine Murmel oben hineinlegen und quasi neben ihr mit spazieren und an ein paar Stellen unterstützend eingreifen. Für Kinder sicher der Hit und auch Meike war begeistert.

Bingen kam immer näher, zumindest auf der Karte. Der Wald schien aber kein Ende nehmen zu wollen und so ging es eine ganze Weile neben einer Straße auf einem etwas oberhalb verlaufenden Weg entlang. Die Begegnungen mit Menschen nahmen auch wieder ab, was auch gut war, denn einige davon waren schon etwas irritierend. Zum Beispiel die Gruppe mit freiem Oberkörper und Boombox inklusiver Pop-Musik – das war schon etwas nerviger.

Aber irgendwann konnten wir die auch nicht mehr hören und genossen den leicht abschüssigen Weg hinab nach Bingen.

Und als ob der Designer dieses Wanderweges sich gedacht hätte „Hah! Am Ende geht es nochmal richtig mies bergab und mit schlechtem Terrain! Damit die Schenkel richtig brennen zum Abschied!“: Auf einmal war Ende mit „leicht abschüssig“ und es ging links ab hinab.

Aber das konnte uns nicht schrecken, auch wenn wir hier schon langsam machen mussten, da die Steine dock etwas rutschig waren. Kurz danach kamen wir dann an der Jugendherberge von Bingen raus und blickten in das Rheintal in Richtung Bingen und Rüdesheim. Das Ende war in Sicht.

Apropos Ende: Am Anfang hatten wir den Beginn nicht gefunden und passenderweise hörten auf einmal die Wegezeichen für den RheinBurgenWeg auch auf. Oder wir haben eines verpasst. Auf jeden Fall standen wir dann auf einmal ohne jegliche Kennung für den Wanderweg da und beschlossen einfach zum Bahnhof zu gehen und dort die Tour zu beenden.

Was wir dann auch taten, da der Bingener Hauptbahnhof glücklicherweise an dem Ende von Bingen liegt, an dem wir waren.

Am Bahnhof endete also unsere RheinBurgenWeg-Reise: 13 offizielle Etappen die wir auf 17 Etappen aufgeteilt haben Offizielle 196 Kilometer, die durch unsere Zuwege, Abkürzungen und Umwege auf 213,8 Kilometer verlängert wurden. Insgesamt wurden dabei genau 5.948 Höhenmeter bestiegen.

Sind schon ein bisschen stolz auf uns!

Leider konnten wir das nicht gebührend feiern, denn der Bahnhof in Bingen war jetzt kein Ort an dem man lange verweilen möchte. Für längere Wege in die Stadt selber hatten wir keine Energie und so „feierten“ wie das Erreichte auf dem Bahnsteig sitzend mit einer Cola aus dem Automaten.

Anstoßen würden wir abends aber eh noch, insofern kein Problem.

Ein Problem war dann noch die Rückfahrt, denn durch die Sperrung und andere Themen war die RB 26 sehr, sehr voll und unbequem. Leute, die auf ihrem Handy laut irgendwelche TikTok-Videos anschauen sollte man aus dem Zug werfen dürfen. Und warum Menschen mit dem Fahrrad reisen und glauben, dass man in jedem Zug ein Mitnahmerecht haben würde (hat man nicht!) ist auch so eine Sache.

Glücklicherweise war auch ein kleines Kind unter den Fahrgästen und brachte mit einem Lachen wieder gute Laune, sogar in den grummeligen Jens.

Und so stiegen wir in Boppard aus und humpelten, da das lange Stehen in der Bahn nicht vorteilhaft für die steifen Knochen war, zurück zum Hotel. Und zur wohlverdienten Dusche und dem ebenso verdienten Abendessen!

Statistik:

  • Gelaufen am 20.07.2024
  • Dauer 4:05 Stunden
  • 12,5 Kilometer mit 449 hm

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.