Wenn man schon einmal in Frankreich ist, dann muss ja quasi auch einmal „Fine Dining“ dabei sein. Fanden wir zumindest, denn gehobene Küche zu erleben ist ein Hobby von uns, was wir, sofern finanziell möglich, gerne ausleben. Und Strasbourg schien uns ein gutes Pflaster zu sein, was diese Restaurants angeht, denn hier gibt es gleich mehrere besternte Adressen unter denen man auswählen kann.
Unsere Wahl, das 1741, war ehrlich gesagt nicht die erste Wahl gewesen. Aber, soviel vorneweg, es war trotzdem eine sehr gute Wahl, denn Lage, Service, Kulinarik – alles war vom Feinsten.
Noch ein Vorteil: Vom Hotel konnten wir wieder zu Fuß gehen, einmal vorbei am Flammkuchen-Laden des ersten Abends an der Ill entlang.
Und schon waren wir da, etwas zu früh. Gegenüber dem Palais Rohan, dem 1741 fertiggestellten architektonischen Meisterwerk was wir ja gestern anschaut hatten, liegt in einem alten aber 2023 renovierten Handelshaus das Restaurant 1741. Hier hat Chef Jérémy Page das Zepter in der Hand und kreiert nach seiner Ausbildung bei Robuchon delikate, präzise Rezepte, die mit kleinen Anspielungen auf das Elsass gespickt sind.
Nach der Reservierung bekamen wir irgendwann eine Nachricht, dass wir an den Chef´s Table platziert wurden, ob uns das stören würde.
Nö – tut es nicht! 🙂
Mit einem Sparking Wine aus dem Elsass sollte der Abend beginnen. Kommunikation war über Englisch möglich, auch wenn hier und da auch Französisch oder Deutsch zum Einsatz kommen sollten.
Unser Sitzplatz war hervorragend, ein Blick auf die kalte Küche hatten wir um die Ecke, die Herdplatten für die Fleischgänge waren direkt vor uns. Und der Pass war gleich nebenan. Die Plätze neben uns waren anfangs noch frei, wurden aber alsbald von einem amerikanischen Ehepaar belegt, mit denen wir uns am Ende noch unterhalten haben. Aber mehr als Small Talk war da nicht, denn die beiden machten den Eindruck auf uns, als könnten sie das Gebotene auch nicht so richtig schätzen. Und sie waren etwas … picky.
Der Gruß aus der Küche kam dann auch bald und zeigte schon einmal, wo die Reise hier hingehen würde.
Am Erinnerungswürdigsten (gibt es das Wort überhaupt?) war das warme Küchlein hinten, was sehr floral garniert und mit einer wunderbaren Creme gefüllt war. Aber auch der Aal in der Mitte war super lecker und die Art Pommes souflées unten links hatten eine echt schöne Textur. Ach, am Ende war alles lecker und machte genau das, was ein Gruß aus der Küche machen soll: Appetit anregen und Vorfreude steigern.
Der nächste Gruß war ein Käse-Schaum mit scharfen Gewürzen. Überraschend leicht und mit ein bisschen Gemüse unter dem Schaum – schlicht aussehend aber wir stehen ja weiterhin mit Espumas und unserem ISI Syphon auf Kriegsfuß.
Dann kam Brot und gesalzene Butter. Die Idee mit dem Brotbrett links auf dem auch immer das Besteck abgelegt wurde, war brilliant. Nix mit von links und rechts am Gast vorbei, einfach da ablegen, wo man eh sonst nix stehen hat.
Der letzte Gruß war ein vegetarischer Gang: Blumenkohl, Tomaten und eine sagenhafte Vinaigrette. Der Blumenkohl war leicht fermentiert und durch die vielen Kräuter hatte das ganze einen recht wilde Charakter. Aber es passte, denn so waren wir gut auf den ersten Gang des Menüs vorbereitet.
Der wurde im französischen Menu (natürlich) als „Hummer mit Gurke und Dahlien“ beschrieben. Was völlig ausreichend war, denn genau das war es. Gut, kleine Tupfen einer Zitruscreme, etwas Kaviar und eine schön kräftige Sauce waren auch noch dabei, aber das war es halt auch. Und es sah fantastisch aus!
Glücklicherweise schmeckte es auch, der Hummer war sehr klein gehackt und passte so sehr gut zu der Größe der Kavier-Perlen. Bunt, lecker und doch kunstvoll.
Immer wieder faszinierend zu beobachten wie ruhig die Küchencrew in so einem Restaurant arbeitet. Von den oft beschriebenen „schreienden Küchenbullen“ ist man hier Jahrzehnte entfernt. Wobei man dann wohl auch eher keine offene Küche haben würde.
Ach ja, Wein-technisch hatten wir um eine Begleitung gebeten und um das Ganze noch schön kompliziert zu machen, gab es einmal die „normale“ Weinbegleitung für Meike und die „Prestige“ Weinbegleitung für Jens. Beim Sommelier hatten wir ganz am Anfang schon gewonnen, denn auf die Frage warum wir die Prestige-Begleitung haben wollen, antwortete Jens, dass wir glauben, dass diese Weine runder, länger im Geschmack und weniger ausgefallen sein würden und uns der Unterschied zu den vermutlich eher kantigeren, ausgefalleneren Weinen der normalen Begleitung interessieren würde.
Was den Sommelier zu einem „OK, das verstehe ich sehr. Ich suche mal was spannendes raus!“ animierte. Und die meisten Weine waren auch wirklich spannend und zum Teil sogar hervorragend! Und bekannt, zumindest was den Winzer angeht, denn im Chez Yvonne hatten wir ja auch einen Wein von der Domaine Kientzler empfohlen bekommen.
Während wir gestern im Chez Yvonne waren, hatten wir uns ja kurz mit einem amerikanischen Paar unterhalten, die ebenfalls schon hier gewesen waren. Und uns gestern wärmstens den „Kartoffel-Gang“ ans Herz gelegt haben.
Recht hatten sie, denn „Le caviar de la Maison Nordique, pomme de terre“ war eine Götterspeise. Endlich mal wieder ein Gang, wo der Kaviar als Würzungsmittel eingesetzt wurde, die verschiedenen Texturen der Sauce und der Kartoffel fügten sich zu einem sagenhaften Gesamtbild, sodass man einfach nur den Löffel voll machte und genoss.
Rotbarbe, Bomba-Reis, Sauce. Und noch ein paar Blumen. So ungefähr wurde der nächste Gang angekündigt und ehrlich gesagt war dies der schwächste im 11 Gang Menü, denn die Rotbarbe war recht neutral, die Haut eher flabberig und die angegossene Bisque eher zu stark für die anderen Komponenten auf dem Teller.
Die Marinade wurde übrigens vor unseren Augen auf die Rotbarben gestrichen. Und daneben wurde der Schweinenacken für den Hauptgang vorbereitet.
Doch vorher ging es nochmal in die vegetarische Richtung mit „Zucchini, Oliven, Tomaten“.
Vermutlich eher so als „Neutralisierungs“-Gang gedacht, aber trotzdem ein technisch sehr guter Gang, denn das Gemüse war knackig und nicht weich, die Zucchini-Blüten nicht zu Tode frittiert, sondern leicht angeröstet und insgesamt sehr rund in den Rest der Zutaten eingefügt.
Wir fühlten uns einfach wohl, obwohl die Taktung der Gänge eher als „nordisch“ bezeichnet werden konnte – die Teller kamen schnell und einmal sogar vor dem Wein. Das wurde aber direkt am Pass bemerkt (den hatten wir ja im Blick) und beim nächsten Gang wurde dann auch nachgefragt, wann der Wein kommt. Und dann kam das Essen beim letzten Satz des Somelliers.
Es folgten zwei Fleischgänge, beginnend mit Kalbfleisch, Aubergine, Bohnenkraut. Schlichte Beschreibung für ein puristisches, ein wenig an den „Kräutergang“ im KOKS in Grönland erinnernder Gang. Die Auberginencreme wurde vermutlich 10 Mal passiert, die Sauce war perfekt und das Fleisch … naja, die Farbe spricht für sich.
Während wir den ersten Fleischgang genossen, konnten wie die Vorbereitung auf den zweiten beobachten – für Unterhaltung war also gesorgt.
Zusätzlich zum Kalb gab es übrigens noch eine geschmorte Backe mit Kräutern, quasi als Zugabe.
Naja und dann kam der Schweinenacken vom schwarzen Bigorre-Schwein, Fenchelsalat, Thymian und Rosmarin.
Ahhhh – wunderbar! Dazu zwei sehr spannende Weine, die hervorragend zu dem kross gebratenen und sehr zarten Schweinefleisch passten.
Unsere Sitznachbarn hatten in der Zwischenzeit auch schon den Abend beendet, im Gegensatz zu uns hatten sie auch nur 7 Gänge gewählt.
Bei uns folgte, wir waren ja in Frankreich, der Käsegang. Mit leckeren aber durchaus bekannten Käse aus der Region beziehungsweise Frankreich.
Einen Käsewagen gibt es hier nicht, dafür ist das Haus zu eng. Meike freute sich über den sehr kristallinen Comte, Jens über den herzhaften Munster, so hat jeder sein Faible.
Pre-Desserts gibt es auch hier, diesmal in Form von Blaubeeren. Einmal als Sorbet mit gefriergetrockneten Exemplaren und einmal als leicht fermentierter Saft.
Und dann der erste von zwei Nachtischen. Obwohl wir schon recht satt waren, gaben wir hier noch einmal alles und bewunderten die Kombination aus Buchweizen und Honig, die sich in einem uns doch sehr bekannten Teller präsentierte.
Zu Marlon müssen wir auch mal wieder …
Der erste Nachtisch war echt super, leicht und nicht zu füllend – angesichts der vielen Gänge auch durchaus eine gute Sache. Denn so ein wunderbaren kulinarischen Abend mit einem zu vollen Magen zu beenden, das wollen wir ja nicht.
Wein gab es hier übrigens keinen mehr, was aber auch ok war. Denn mit dem dieser Kombination aus Brickteig und Pfirsich waren wir vollkommen glücklich. Auch wenn die Erdbeere, die eigentlich im Menu steht, ein wenig vermisst wurde.
Mit ein paar Pralinen und einem Espresso für Jens ging der Genuss dann zu Ende.
Und weil alleine die Pralinen knappe 5.000 Kalorien hatten, machten wir nach der Bezahlung im Erdgeschoss noch einen kleinen Stadtspaziergang.
Was nehmen wir vom 1741 mit? Eine recht moderne französische Küche mit starkem Regionalbezug. Die aber, wie uns auch Chef Chef Jérémy Page mit dem wir am Ende kurz redeten, offen für Einflüsse von außen sein soll. Er selber mag die japanische, genauer die Kansai-Küche und das merkte man an einzelnen Komponenten schon. Und er versucht auch beispielsweise Algen aus der Normandie mit einzubeziehen, das Beste aus zwei Welten quasi.
Der Sitzplatz war natürlich klasse, die Geschwindigkeit mit der die Teller kamen war aber etwas herausfordernd. Aber wir hätten ja auch was sagen können und man hätte dann sicherlich Rücksicht darauf genommen.
Also: Klare Empfehlung für de 1741 und ebenso klare Empfehlung für diese Stadt.
Wir haben es echt genossen und fanden es schade, dass es morgen wieder nach Hause geht. Wobei … zu Hause ist ja auch schon … 😉