Nachdem wir ja gestern erst etwas später zurück in unsere Exklusiv-Unterkunft bekommen waren, waren wir froh, dass wir unser Frühstück für eine ebenfalls etwas spätere Zeit angekündigt haben. Da wir ja die einzigen Gäste in der Pension waren, war das kein Problem.
Also stellten wir, wie immer, unsere Koffer an die vereinbarte Stelle und gingen eine Tür weiter in die Vinothek nebenan, wo auch schon ein Tisch für uns vorbereitet war.
Sehr cool – eine echt schöne Pension, die man wärmsten empfehlen kann.
Ein letzter Schluck Kaffee und schon konnten wir zu unseren Rädern gehen (Die laut Frau Eifel schon laut nach uns gerufen haben) und bereiteten die nächste Etappe vor.
Eine recht kurze, denn angekündigt waren 35 Kilometer, also wirklich nur ein kleiner Hoppser.
Insofern gönnten wir uns auf dem Weg diverse Stopps, um die Landschaft zu genießen oder einfach nur Blödsinn zu machen.
Wobei in den kleinen Orten, durch die wir fuhren, auch echt schön anzusehen waren.
In Neumagen-Dhron fanden wir dann beispielsweise das Stella Noviomagi, der Nachbau eines römischen Weinschiffes, das mit einer Länge von knapp 18 Metern das größte jemals im deutschen Sprachraum nachgebaute, schwimmfähige Römerschiff.
Auf der Mosel schwammen dagegen modernere Schiffe vorbei. Und Schwäne. So viele Schwäne.
Der Weg führte dann ein wenig von der Mosel weg durch ein paar Parzellen.
Die Anzahl der E-Bikes war wieder sehr groß, unserem Gefühl nach waren etwa 90% der anderen Radler mit einem E-Bike unterwegs. Das dann teilweise sehr schnell und unsicher und, wenn es schlecht lief, dann auch noch mit diesen Außenspiegeln, wo die Dimensionen falsch eingeschätzt wurden.
Insofern feierten wir jede erfolgreiche Begegnung, wo wir nicht ausweichen mussten.
Als nächstes fanden wir dann ein paar Tiere. Sehr gefährliche Tiere!
Also … einige davon.
Aber tatsächlich gab es einen Hirsch, der durch den Zaun nach Nahrung suchte. Also nach Fleisch.
Andere dagegen versuchten juckende Teile ihrer Hörner zu entfernen.
Wie verbrachten hier doch einige Zeit, denn … nun, wir hatten nunmal Zeit! Es war auch ein schöner Fleck Erde hier.
Und wer zu schnell fährt, der … nunja …
Also war das Gebot der Stunde, dass wir möglichst viel Zeit vertrödeln. Und wie geht das besser also mit Obstsalat … 😉
Überraschend passend zur Mittagszeit und mit nur noch wenigen Kilometern zu fahren tauchte die Wein Hütte des Weingutes Mars auf und es war noch sehr viel Platz. Das sollte sich während unseres Aufenthaltes ändern, denn am Ende waren die meisten Tische belegt.
Ein, zwei Schorlen und einen Federweißen später brachen wir dann aber auch auf. Denn von hier aus würden wir nicht zum Hotel schieben, was aber mit viel Wein im Kopf nötig gewesen wäre. Eine sehr schöne Hütte mit einer netten Bedienung und guten Produkten, soweit wir das sehen konnten.
Vinotheken beziehungsweise Weingüter hat es hier sehr, sehr viele.
Was aber auch bedeutet, dass man beim Weinkonsum aufpassen muss. Denn der Radweg hat auch seine Tücken, wie diese Konstruktion von einem dieser Flusskreuzfahrtschiffe beweist. Warum man sowas über einen Radweg baut – keine Ahnung!
Brauerzeugnisse spielten bei dieser Tour eher eine untergeordnete Rolle, auch wenn die Möglichkeiten gegeben waren.
Der letzte größere Ort vor unserem heutigen Ziel war Bernkastel-Kues. Einer dieser touristisch sehr ausgeschlachteten Orte, die es seit den 60er-70er Jahren gibt. Aber auch das mit Grund, denn die ersten Zeugnisse menschlicher Besiedlung (3000 v. Chr.) an der Mosel entdeckten Archäologen in Kues. Heute leben in den Stadtteile Bernkastel und Andel am rechten und den Stadtteile Wehlen und Kues am linken Moselufer knapp 8000 Einwohner.
Und die Menge an Touristen war dann für Jens etwas zu viel. Gerade auch die Parkgewohnheiten der hier einfallenden Horden waren irritierend. Auch das mit dem Rad-Abstellen war anfangs etwas blöde, denn außer „Hier keine Räder abstellen“-Schildern war da nix.
Da wir immer noch viel zu früh waren, setzten wir uns in ein Restaurant, was Jens Laune wieder etwas gehoben hat: Den alten Moselbahnhof.
Dieser Bahnhof gehörte zur 1962 stillgelegten Moselbahn, eine rechts der Mosel gelegene 102 km lange Kleinbahnstrecke von Trier nach Bullay. 1878/79 wurde die links der Mosel gelegene Verbindung von Koblenz nach Trier (Moselstrecke) eröffnet, führte aber zwischen Trier und Bullay nicht durch das Moseltal, sondern nimmt einen kürzeren Weg durch die Wittlicher Senke. Dadurch blieben viele Ortschaften des Moseltals vorerst ohne Bahnanschluss, obwohl durch Weinbau und den aufkommenden Fremdenverkehr bereits ein Verkehrsinteresse bestand. Das wurde nach einigen Planungen 1899 durch die Gründung der Moselbahn AG geändert, die dann 1905 den Verkehr zwischen Trier und Bullay aufnahm.
Da die Moseltalbahn durch viele bekannte Weinbauorte an der Mosel verlief, unter anderem Bernkastel, Trarbach und Zell, wurde sie im Volksmund auch als „Saufbähnchen“ bezeichnet – In den Zügen wurde als Touristenattraktion sogar Wein serviert, mit den entsprechenden Folgen für die Stimmung der Fahrgäste, die auch in einer Geschichte von Kurt Tucholsky 1930 beschrieben wurde.
„Bähnchen“ hießen die Züge auch deshalb, weil sie ein relativ langsames Verkehrsmittel waren: Die 1905 vier Stunden dauernde Fahrt entlang der ganzen Strecke, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h entspricht, konnte auch nach fünfzig Jahren nur wenig verkürzt werden. Selbst die seit den 1950er-Jahren überwiegend eingesetzten Dieseltriebwagen waren nicht viel schneller.
Die Bedienung im alten Moselbahnhof von Bernkastel war auf jeden Fall schneller und brachte uns unsere Bestellung. Wir hatten eigentlich nur einen kleinen Snack geplant und die Bestellung war … größer als gedacht.
Wir waren froh, dass wir danach noch auf unsere Räder passten. Beziehungsweise die Reifen nicht platzten, denn irgendwie waren wir schon recht vollgefressen, anders kann man es nicht sagen.
Da unser Weinkonsum schon für die Fahrt erledigt war, sprangen wir über das Weingut Dr. Loosen hinweg und kauften nicht ein. Schade, denn Jens hatte sich schon darauf vorbereitet zu sagen „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein!“ (Loriot-Referenz für die Unwissenden)
Das Wetter wurde auch etwas schlechter und daher hielten wir nur noch ein paar Mal an.
Und dann waren wir auch am Ziel angekommen: Zeltingen an der Mosel, ein Ort der, umgeben von Weinbergen, in der großen Moselschleife zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trarbach. Übernachten würden wir im passend bezeichneten Zeltinger Hof.
Dem irgendwie alle Gebäude an der Straße zu gehören scheinen.
Meike checkte uns ein und erhielt Anweisungen, wo wir unsere Räder abstellen konnten. Vorteil so einer Radtour im Oktober: Man hat Platz in den Radgaragen!
Unser Zimmer lag dieses Mal im 3. Stock. Natürlich. Irgendwie schienen wir bei der Anmeldung angegeben zu haben, dass wir immer möglichst die höchste Etage haben wollen.
Kurz noch die Statistik, wobei man sagen muss, dass die 2:33 die reine Fahrzeit waren. In etwa haben wir auch die gleiche Zeit Pause gemacht.
Die Zimmer hatten in dem Haus, in dem wir übernachtet haben, übrigens keine Nummer, sondern Namen. Ob das mit ausländischen Gästen so eine gute Idee ist, glauben wir eher nicht.
Dann ging es zum Abendessen, allerdings etwas später als üblich. Was einerseits bedeutete, dass wir wieder etwas Hunger hatten. Und andererseits, dass andere Gäste auch da waren.
Und während wir so die Weinkarte durchforsteten mussten wir doch so einige Gespräche anhören, für die der Begriff „Stammtischgespräch“ erfunden wurde. Ach Du meine Güte, was für Themen und was für Ansichten. Hoffen wir mal, dass diese Leute nicht aus ihrem Dorf herauskommen. Und kein Internet haben, um ihren Schwachsinn zu verbreiten.
Der „Herr des Weinkellers“ war übrigens ein äußerst kompetenter und freundlicher Vietnamese (glauben wir, haben nicht gefragt), der als Hobby „Wein“ hat. Und zu den knapp 100 offenen Weinen was erzählen konnte. Oder, wie in unserem Fall, zu unserer Speisenwahl einen Wein empfehlen konnte.
Ach ja, das Essen. Irgendwie haben wir zu dem Zeitpunkt unsere Selbstbeherrschung etwas verloren. Denn obwohl Meike nur eine Vorspeise mit lokal hergestellten Würstchen orderte …
… lies sich Jens vom Wiener Schnitzel mit sehr guten Bratskartoffeln (das „s“ steht für „Speck“!) verführen.
Und da wir noch was Wein haben wollten …
… gab es auch noch Nachtisch. Die Waage wird es nicht verzeihen, aber wir sind eben auch im Urlaub.
Und … nun, wir waren im Weinwahn, unterhielten uns mit dem Service über die verschiedenen Weine der Gegend und er holte eine interessante Weinflasche nach der anderen heraus. Wie etwa eine Beerenauslese von 1988.
Oder einen recht guten PiWi-Wein aus der Region.
Wir waren so begeistert, da wir die Bar, zu der wir im Anschuss an das Essen gewechselt waren, gar nicht mehr verließen.
Vorher quatschten wir noch mit zwei Österreichern aus der Steiermark über die Weine und tauschten Adressen und Ratschläge für die verschiedenen Weinregionen aus.
Und dann kämpften wir uns die 3 Etagen zurück in unseren Raum und, man kann es nicht anders sagen, fielen todmüde und etwas betüddelt im Kopf ins Bett.
Schöner Tag, obwohl das Radfahren etwas im Hintergrund war. Aber „Genussradeln“ war ja unser Thema in diesem Urlaub und das war es auf alle Fälle.