Der eigentliche Grund für die Reise nach Aberdeen war ja die Aktionärsversammlung von Brewdog am Samstag. Wo wir ja leider zu spät gemerkt haben, dass wir da keine Tickets mehr bekommen.
Also haben wir uns eine Alternative gesucht und sind dabei auf die „Whisky-Line“ gekommen, einer kleinen Museumsbahn, die von dem Ort Keith in die „Hauptstadt“ des Whiskys, Dufftown, fährt. Nette Idee und vielleicht findet sich ja auch eine Destille, wo wir eine kleine Tour machen können. Also los.
Nach Keith sind wir mit der „normalen“ Bahn gefahren, also ab zum Bahnhof nach dem Frühstück.
Am Bahnhof haben wir uns noch mit Proviant und was zu lesen eingedeckt und ab ging es in die Region Speyside. Die Fahrt dauerte eine gute Stunde und war sehr angenehm.
Und nach einer Weile merkte man, was hier der Haupt-Exportschlager ist …
In Keith angekommen noch kurz eine Recycling-Methode für alte Fässer gefunden …
.. und den Charme der alten britischen Eisenbahn mit diesen alten Formsignalen bewundert.
Und dann hiess es einen kleinen Fussmarsch zum Bahnhof der Keith-Dufftown-Railway, Keith Town, zu unternehmen. Die Museumsstrecke hat nämlich keine Verbindung zum Bahnnetz der Scotrail.
Auf dem Weg schon gleich ein Schloss …
Na gut, die Rutsche wurde nachträglich drangebaut … 😉
Dann aber eine richtige Destille: Strathisla
Leider hat es nur für einen Besuch im Shop gereicht (Jens hat nichts gekauft, auch wenn es verlockend war) – die Abfahrt des Zuges rückte immer näher.
Keith selber sah aber auch ganz nett aus, für ein kleines, verschlafenes Nest im Nirgendwo.
Nach ein paar Minuten kam dann der Bahnhof Keith Town in Sicht. Und kurz danach kam auch unser Zug, eine alte Class 108 DMU (d.h. Dieseltriebwagen).
Wir KVB-Erfahrenen Einsteiger haben uns direkt die besten Plätze im Zug gesichert: Direkt hinter dem Fahrer.
Leider hat sich nach der Abfahrt der Regen verschlimmert, sodass das mit der Sicht immer schlechter wurde.
Ansonsten zuckelte der Zug mit maximal 30 km/h entlang von Wiesen, Wäldern, Mooren und vielen Schafen die paar Kilometer nach Dufftown, wo wir nach etwa 35 Minuten auch ankamen. Wieder begrüßt von einer Destille …
Der Spruch „Rome was build von seven hills, Dufftown stands on seven stills!“ kommt nicht von ungefähr, denn mit den Destillen Balvenie, Dufftown, Glendullan, Glenfiddich, Kininvie und Mortlach gibt es gleich sechs Produzenten von Whisky im Dorf, drei weitere sind aktuell stillgelegt (Convalmore, Parkmore und Pittyvaich).
Nachdem wir uns vorher noch was an dem kleinen Bahnhof umgesehen haben, ging es zu Fuß in die „Stadt“ (Dufftown hat ca. 1600 Einwohner).
Und da das Wetter schön ist, wollten wir ein wenig durch die Ge … oh, eine Destille!
Na gut, im Ernst: Wir wollten da auch hin. Glenfiddich ist aktuell der größte Produzent von Single Malt (also nix mit Blend-Gedöns) der Welt, fast 10 Millionen Liter werden jährlich produziert. Dadurch kann man sich auch ein sehr professionelles Besucherprogramm mit Film und Führung leisten, was wir dann auch in Anspruch genommen haben.
Die Destille wurde von William Grant 1886 gebaut und produziert seit 1887 Whisky mit einer der kleinsten Brennblasen in Schottland. Das Unternehmen Glenfiddich ist – als letzte schottische Whisky-Brennerei – noch im Besitz der Gründerfamilie. Auch interessant ist, dass sich Glenfiddich (und die ebenfalls zum Unternehmen gehörende Balvenie-Destille gleich nebenan) eine eigene Küferei leisten und die Fässer selber herstellen. Die meisten der Angestellten sind schon 30-40 Jahre dort, ein unglaublicher Erfahrungsschatz in der Produktion von Whisky.
Wir wollen jetzt nicht auf den Herstellungsprozess eingehen, als Besonderheit wäre aber das „Solera-Verfahren“ bei der Herstellung des 15 Jahre alten „Solera“ zu nennen, was man sich von den Sherry-Herstellern in Spanien abgeguckt hat. Ansonsten waren wir eine kleine Gruppe (mit Spaniern und Holländern) und hatten eine nette Führung.
Jede Führung wird natürlich gekrönt durch eine Verkostung: Es gab den 12-, den 14- (Rich Oak), den 15- (Solera) und den 18-jährigen zu kosten.
Für mich (Jens) ist Glenfiddich ein solider, aber recht uninteressanter Whisky. Aber die Qualität ist gleichbleibend gut und in Preis-Leistung ist das auch in Ordnung.
Danach sind wir noch kurz über das Gelände gegangen und in den Shop rein.
Jens konnte noch so gerade eben vom Kauf einer Whisky-Flasche abgehalten werden …
Nach der Tour hatten wir noch gute zwei Stunden Pause und die wollten wir jetzt aber wirklich mit einem kleinen Spaziergang ausfüllen. Gleich in der Nähe der Destille steht ein richtiges Castle (Balvenie Castle), also hin mit uns. Nachteil: Schlösser und Burgen stehen auf Hügeln …
Kurz Eintritt gezahlt und alleine in der Burg rumgelaufen. Balvenie Castle wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut und ist damit eine der ältesten Burgen Schottlands. Und wird zur Zeit restauriert, weswegen ein paar Dinge nicht zugänglich waren.
Aber das wichtigste war da …
Es brauchte schon ein wenig Vorstellungsvermögen, um über die Ruinen hinweg das zu sehen, was hier mal gestanden hat. Vielleicht wird ja bei der Restauration etwas darauf geachtet, das ganze etwas Besucherfreundlicher zu gestalten.
Vom Castle aus wollten wir eigentlich noch einen kleinen Fußweg nach Dufftown selber und dort in das Whisky-Museum machen. Abgelenkt wurden wir aber von den Kühen hier, deren Haare wirklich lang sind (man erinnere sich an die Geschichte mit der Maische und dem alkoholisierten Viehfutter):
Wir sind dann einen Weg entlang gelaufen, der auf einmal in einem Wald mit richtigen Schatzkisten endete:
GPS funktionierte dort nur wenig, weswegen wir etwas unstrukturiert durch den Wald gewandert sind …
… und letztendlich dann an der Bushaltestelle vor einer Destille rauszukommen … Mist: Schon wieder Glenfiddich!
Schön im Kreis gelaufen. Mist!
Egal: Die Abfahrt des letzten Zuges von Dufftown nach Keith stand bevor, also wieder hin zum Bahnhof und etwas später kam der Zug auch schon.
Wir haben uns wieder auf die gleichen Plätze wie auf dem Hinweg gesetzt. Wer mitgedacht hat, wird merken, dass wir damit am Ende des Zuges saßen – Vorteil war hier, dass wir etwas Ruhe hatten.
Das Wetter war allerdings besser und so konnte man auch draußen was sehen bzw. fotografieren. Witzig waren die vielen Lämmer, die wohl zum ersten Mal in ihrem Leben einen Zug gesehen haben. Die Bahn fuhr nämlich erst zum zweiten Mal dieses Jahr.
Von neugierigen Lämmern bis hin zu hektischen Fluchtversuchen gab es alles.
Auch die Landschaft war natürlich schön anzusehen.
Und nach einer Weile waren wir wieder in Keith.
In Keith seber hatten wir jetzt ein Problem. Der nächste Zug nach Aberdeen fuhr um 18:20 Uhr, wir hatten so etwa 1 3/4 Stunde Zeit und wollten eigentlich schon zu Abend essen. Allerdings gibt es in so einem kleinen Dorf wie Keith nicht gerade viel Auswahl.
Unsere Wahl fiel daher auf das Fife Arms Hotel, weil es günstig an dem Weg zum Bahnhof liegt. Soweit, so gut – das Problem war nur, dass es vor 17:30 Uhr nix zu essen gibt. Hmm … was macht man da? Man bestellt erst einmal ein Bier und überlegt.
Das Bier haben wir in dem Schankraum des Hotels getrunken (das Restaurant liegt daneben) und an der Bar waren schon einige Leute, teilweise recht angeheitert. Im Fernsehen kam gerade das „Grand National„, einem berüchtigten Pferderennen, was im ganzen Königreich zu einem Wettfieber führt. Von einem der Gäste wurden wir auch alsbald angesprochen, ob wir mitwetten wollen würden – Einsatz waren 2 Pfund und man konnte den Namen eines der Pferde aus einem Glas ziehen. Unser Pferd hörte auf den schönen Namen „The last samurai“ und war einer der hohen Favouriten, was die Leute schon ein wenig ärgerte. Alles aber nur im Spass. Der Spass hörte dann aber beim Singen der englischen Nationalhymne auf – so viele „F***“-Wörte haben wir schon lange nicht mehr gehört.
Das Rennen geht über 2 Runden und 30 Hindernisse, am Ende liefen diverse Pferde ohne Reiter durch die Gegend. Und „The last samurai“ wurde …. zweiter!
Also dachten wir, dass wir nichts gewonnen hätten und sind in das Restaurant, denn inzwischend war es halb 6, abgezogen. Auf einmal kam der Herr, der uns zu dem Spielchen angestiftet hat, rein und gab mir 20 Pfund. Sah also so aus, als ob der zweite auch was bekommt – wir hätten niemals danach gefragt. Nette und ehrliche Menschen hier!
Nun erst einmal zu Essen: Das Restaurant war für ein so kleine Dorf sehr modern eingerichtet und es gab auch sehr interessante Gerichte. Wir hatten uns allerdings schon auf Fish&Chips bzw. Burger eingeschossen, was aber auch nicht schlecht war.
Allerdings haben wir durch das Pferderennen und das Essen den Zug verpasst … aber egal, kommt ja noch einer.
Also wieder rein in den Schankraum und noch kurz mehrfach erwähnen, dass ich ja was gewonnen habe. Scott (so heißt der Herr, der das Geld gebracht hat) und seine Freundin/Frau haben wir dann noch für ihre Ehrlichkeit ein Drink spendiert (wir haben es ja, da wir was gewonnen haben!) und uns noch kurz unterhalten. Und dann ein Taxi zum Bahnhof genommen, wo auch kurz danach der Zug zurück nach Aberdeen kam.
Die Anzahl der Mitfahrer war übersichtlich – es ist anscheinend nicht so üblich, dass am Samstag Abend in die Stadt fährt. Erst zum Schluss stiegen einige stark angemalte und riechende Damen und Herren ein.
Nach diesem Tag ging es dann für uns fast direkt ins Hotel, wo wir noch ein wenig Fern gesehen haben und dann auch müde, aber zufrieden ins Bettchen gefallen sind.