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Der 5.18 Memorial Park

Hier nun ein wenig Geschichte, welche direkt Auswirkungen auf die Art, wie Südkorea heute so ist, hatte: Die Aufstände vom Mai 1980.

Besuchen wollten wir heute den 5.18 Memorial Park, welcher zur Erinnerung an die Aufstände vom 18. Mai 1980 dient. Vorher befand sich dort eine Kaserne der Spezial-Kräfte. Das Gelände wurde enteeignet und in diesen Park umgewidmet, auf dem Wanderwege, ein Tempel und die entsprechenden Memorials angelegt sind.

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Und natürlich gibt es hier auch ein Gym …

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Da es sich hierbei um eine wichtige Episode (wenn nicht sogar die wichtigste der jüngeren Geschichte Koreas) handelt, die sehr gut die innre Zerissenheit des Landes symbolisiert und wie leicht hier die Situation explodieren kann, hier der Ablauf des Aufstandes (teilweise aus Wikipedia, ergänzt durch Infos aus dem 5.18 Park):

Nach dem Attentat am 26. Oktober 1979 auf den seit 1961 regierenden Diktator Park Chung-hee hatte Premierminister Choi Kyu-ha das Amt des Präsidenten von Südkorea übernommen. De facto wurde das Land aber weiterhin von der Armeeführung beherrscht, in der sich General Chun Doo-hwan am 12. Dezember 1979 an die Spitze geputscht hatte und im April 1980 die Macht in der Korean Central Intelligence Agency (KCIA) übernahm. Der sich gegen ihn formierende Widerstand fand seinen ersten Höhepunkt am 15. Mai in Seoul, als zwischen 70.000 und 100.000 Studenten auf die Straße gingen, Chuns und Chois Rücktritt forderten und die Rücknahme des Kriegsrechts sowie die Abschaffung der Yushin-Verfassung zur Bedingung machten. Unterstützt von den Demonstranten auf der Straße stellte die Opposition einen Antrag auf Beendigung des Kriegsrechts im Parlament. Die Abstimmung darüber, die am 20. Mai stattfinden sollte, kam allerdings nicht mehr zustande.

General Chun reagierte auf die Demonstrationen mit Härte und ließ mit dem Dekret Nummer 10 am 17. Mai den Ausnahmezustand und das Kriegsrecht verschärfen und auf das gesamte Land ausweiten. Universitäten wurden geschlossen, die Nationalversammlung aufgelöst, jegliche politische Aktivitäten verboten und 26 Oppositionspolitiker verhaftet, unter ihnen Kim Dae-jung und Kim Jong-pil. Einige Quellen sprechen von bis zu 70 Oppositionspolitikern, die verhaftet worden sind.

Als Reaktion auf die Verschärfung des Kriegsrechts und die Verhaftung von Kim Dae-jung, der in Gwangju seine politische Heimat hatte, forderten am Sonntag, den 18. Mai 1980 im Stadtzentrum von Gwangju rund 600 Studenten der traditionell eher nationalistisch und antiamerikanisch geprägten Chonnam National University die Aufhebung des Ausnahmezustandes und die Freilassung von Kim Dae-jung. Die Demonstrationen begannen gegen 10:00 Uhr morgens und wuchsen schnell an, unterstützt von Bürgern der Stadt und mit Sit-ins (Sitzstreik) als Protestform. Als paramilitärische Einheiten mit Militärfahrzeugen und Soldaten mit aufgestecktem Bajonett von zwei Seiten aus die Demonstranten in die Zange nahmen die Versammlung mit Gewalt auflösen wollten, warfen Einzelne aus der Menge heraus Steine und Molotowcocktails gegen die Militärs. Die Situation eskalierte. Die Soldaten gingen mit einer unbeschreiblichen Brutalität gegen jeden vor, der sich auf der Straße befand, ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, oder des auf Grund der Kleidung erkennbaren Status. Im Verlauf des Tages kam es an insgesamt 15 Stellen der Stadt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und den Soldaten.

Einen Tag später, am 19. Mai, formierte sich dann die erste große Demonstration, bestehend aus Studenten, Arbeitern und Bürgern der Stadt. Sich solidarisierend, bildeten Bus- und Taxifahrer einen langen Konvoi, der mit lautem Hupkonzert durch die Stadt ziehend die militärischen Einheiten demoralisieren sollten. Es gab wieder Zusammenstöße mit den paramilitärischen Truppen, die Tränengas, Schlagstöcke und ihre Bajonette einsetzten. Teile der Demonstranten warfen Steine und Molotowcocktails.

Der Morgen des 20. Mai begann mit Aktionen von rund 5.000 Demonstranten gegen die Barrikaden der Polizei. Zum Abend hin versammelten sich über 100.000 Bewohner der Stadt und belagerten das Regierungsgebäude der Provinzhauptstadt Gwangju. Mit 9 Bussen und über 200 Taxis führten ihre Fahrer eine Demonstration auf der Hauptstraße Geumnamno an. In der Nacht zündeten sie Fahrzeuge an und bewegten sie in Richtung der Militärs. Die Kampfeinheiten der Armee eröffneten das Feuer und töten gezielt Demonstranten, was zur weiteren Eskalation des Aufstandes führte. Während des Aufstands in Gwangju traten zahlreiche Minister der ohnehin schwachen Regierung Choi Kyu-has in Seoul aus Protest zurück.

Am 21. Mai plünderten Demonstranten, wütend auf das Militär und die Vorkommnisse von den Vortagen, die Waffenkammern der Polizei und die Waffendepots der Armee und bewaffneten sich. Sie besetzten den Rundfunksender der Stadt, weitere Regierungsgebäude und bestückten Fahrzeuge aus der Fabrik von Asia Motors mit Waffen. So standen an diesem Tag rund 200.000 Bürger der Stadt der Armee gegenüber, einige Tausend davon bewaffnet und bereit sich zu verteidigen und für die Freiheit zu kämpfen. Busse wurden in die Städte der Provinz geschickt um Waffen zu besorgen und den Widerstand in der Provinz zu organisieren.

Gegen 14:00 Uhr Ortszeit in Gwangju, die Demonstranten feierten Buddhas Geburtstag, teilweise sitzend auf der Straße und zum besetzten Regierungsgebäude ausgerichtet, erhob sich die Menschenmenge nach dem Singen der koreanischen Nationalhymne. Als wäre dies das Signal zum Angriff gewesen, eröffneten die Soldaten ein weiteres Mal das Feuer auf die Masse der Demonstranten. Dutzende wurde erschossen und über 500 Demonstranten verletzt. Doch die Bürger wehrten sich und hatten bis zum Abend ihre Stadt wieder unter ihrer Kontrolle.

In den folgenden Tagen bereiteten sich die Demonstrationen und Unruhen auf 22 Städte der Provinz aus. Der amerikanische General John A. Wickham sagte als Kommandeur der „ROK/US Combined Forces Command“ die Mobilisierung seiner Truppen zur Niederschlagung des Aufstandes zu.

Am 24. Mai riefen die Bürger von Gwangju das „befreite Gwangju“ aus, tags darauf errichteten die Truppen, die sich aus dem Stadtkern zurückgezogen hatte, eine Blockade um das Stadtzentrum herum. Zeitgleich verhandelte das Bürgerkomitee mit den Offizieren.

In den Morgenstunden des neunten Tages nach Ausbruch der Proteste, das Stadtzentrum von Gwangju war bereits umstellt und abgeriegelt, stürmte die Armee mit 20.000 Soldaten, Fallschirmspringern und Panzern in die Stadt und beendete den Aufstand mit einem weiteren Blutbad.

Die Opferzahlen des Gwangju-Aufstands unterscheiden sich, je nach Quelle. Nach offiziellen Angaben von Untersuchungen, die im Jahr 2006 vorgenommen wurden, sollen bei dem Massaker 154 Demonstranten getötet und 4.141 verwundet worden sein. Die Zahl der bis heute als vermisst geltenden Menschen wurde mit 74 angegeben. In den Tagen nach der Niederschlagung sollen mehr als 3.000 Menschen verhaftet worden sein.

Das Militär sprach seinerzeit hingegen von insgesamt 170 Todesopfern, darunter 144 Zivilisten und 730 Verhaftungen. Doch Pfarrer und Lehrer erstellten Listen, auf denen rund 850 Familien aufgeführt waren, die mindestens einen Familienangehörigen vermissten, und Angaben von ärztlichen Augenzeugen sprachen alleine im Chan-Nang-Provinzkrankenhaus von 440 gezählten Todesopfern, während die katholische Kirche 600 bis 1000 Tote als wahrscheinlich ansah.

Weitere Quellen gingen von über 2.000 Todesopfern aus. Die Zahl könnte realistisch sein, denn wie Asia Watch in dem Report Nummer 1 vom Januar 1986 bemerkte, lag die Sterberate der Stadt Gwangju laut Statistik der Stadt im Mai 1980 rund 2.300 Todesfälle über dem monatlichen Durchschnitt. Man kann davon ausgehen, dass viele Angehörige aus Angst vor Verfolgung und Repressalien ihre Toten in aller Stille begraben haben und nicht alle Verwundeten zur ärztlichen Versorgung in die Krankenhäuser gebracht wurden.

Der verantwortliche Armeechef Chun Doo-hwan übernahm im Februar 1981 selbst das Präsidentenamt, nachdem sein Vorgänger Choi Kyu-ha im August 1980 zurückgetreten war. Er behielt das Amt bis 1988, wonach eine allmähliche Aufarbeitung der Ereignisse und die Demokratisierung Südkoreas begann.

Die aufstrebene Demokratiebewegung in Südkorea, vor allem aus den sehr antiamerikanisch und eher nationalistisch geprägten Studenten, wurde dadurch in ihrem Bestreben bestärkt – auch wenn dafür ein hoher Blutzoll bezahlt werden musste, welchem durch dieses Memorial gedenkt wird.

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Sehr beeindruckend und, wie schon gesagt, ein Exempel, wie aufgerüttelt die koreanische Seele ist und was hier vor nicht einmal 30 Jahren geschehen ist. Im Grunde genommen passierte hier das gleiche wie 1989 in der DDR, nur das damals nicht geschossen wurde …

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