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Restaurant Soil, Athen

Für den ersten richtigen Abend in Athen hatten wir für uns auch gleich das beste Abendessen geplant. Dazu mussten wir allerdings unsere ersten Gehversuche mit dem Busverkehr in Athen sammeln, denn die Metro hätte mehrfaches Umsteigen bedeutet.

Der Weg zur recht dezent markierten Haltestelle war schonmal eher abschreckend, denn in einer Straße sahen wir Zeichen des akuten Drogenproblems Athens – nicht so schön anzusehen, gehört aber eben zu dieser Stadt leider auch dazu. Hier leben immerhin viele Menschen unterhalb der Armutsgrenze und vegetieren so vor sich hin, immer auf der Suche nach dem nächsten Schuss. Insofern war es etwas surreal als wir mit Hemd und Kleid bekleidet auf dem Weg in ein Gourmet-Restaurant da vorbei gingen.

Für uns ein Grund mehr immer wieder zu schätzen, dass wir uns sowas aktuell leisten können und wir aus irgendwelchen glücklichen Gründen nicht mit solchen Problemen konfrontiert worden zu sein.

Der Bus lies dann lange auf sich warten, was aber die übrigen Wartenden nicht zu stören schien.

Aber auf einmal kamen dann mehrere Busse verschiedenster Ausstattung an und einer davon sollte uns fast direkt zu unserem Ziel bringen.

In Athen gilt übrigens im Bus: Fenster ist auf!

20 Minuten (und eine irritierende, deutsch sprechende Familie) später waren wir auch schon da.

Wir hatten mit einer etwas längeren Fahrzeit gerechnet und konnten insofern eine kleine Runde durch dieses Wohnviertel drehen. Dann aber ging es hinein in das Gourmet-Restaurant Soil, ausgezeichnet mit einem Michelin Stern und einer Zusatzauszeichnung für nachhaltige Gastronomie.

Freundlich wurden wir in Empfang genommen und gleich in einem Zimmer in der ersten Etage platziert. Das Haus scheint wirklich noch den Grundriß eines Wohnhauses zu haben, nur mit einer etwas größeren Küche auf jeder Ebene.

Aber ansonsten sehr schön eingerichtet.

Die Bestellung war natürlich wieder einfach, denn das Menü sollte es sein und mit einer Weinbegleitung auch, bitte sehr!

Die Weine hier sind vorwiegend griechischen Ursprungs und als der erste Wein direkt mal ein Cuvee von Santorini war, wussten wir: Das wird gut heute!

Der erste Gang war dann gleich mal sehr stylish angerichtet auf Algenblättern.

Darunter befanden sich die beiden super buttrigen Schrimps, die sich zu Orange, Pekannuss und einem süßen Öl gesellten.

Wow – das war schonmal ein starker Anfang und erinnerte uns tatsächlich an die Shrimps im KOKS vor ein paar Monaten.

Ach so, als Beilage gab es im Löffel noch ein Schaum dazu, quasi als Ergänzung des Gerichtes.

Starker Anfang und es wurde gleich dekadent nachgelegt mit Kaviar und einer Auster! Wer kann, der kann …

Dazu gab es fermentierte Gurke und eine unreife Feige, die zur Auster gut und zum Kaviar weniger gut passte. Aber wir sind auch keine Kaviar-Fans, zumindest was den Stör-Kaviar angeht.

Dann ein handwerklich schöner Gang mit Bernsteinmakrele, gepickelter Limone, klein geschnittenen Muscheln und Kohlrabi. Das war auch geschmacklich sehr gut, denn die eher feste Makrele passte sehr gut zur Limone und dem Öl.

Wunderbarer Anfang, wobei zwischendurch uns das Tempo im Service schon fast zu hoch war. Aber ging gerade noch so ohne sich wirklich gedrängelt gefühlt zu haben. Etwas schwierig war es, dass nicht angesagt wurde, für wie viele Gänge das Glas Wein jetzt gedacht war und so hatten wir hier und da etwas wenig Wein und andererseits noch ein halb-volles Glas als das nächste an den Tisch gebracht wurde. Hier wäre etwas Info schön gewesen. Das sind aber auch schon die beiden einzigen Kritikpunkte am Service, wenn man das überhaupt als Kritik sehen möchte. Der Rest war nämlich hervorragend, freundlich und sehr aufmerksam.

Weiter mit einem sehr schönen Tintenfisch mit Sanddorn und kleinen, penibel genau gelegten Kürbisschreiben.

Sehr fein angerichtet, sehr klare Aromen mit Fokus auf dem Tintenfisch. Wie bei jedem Teller vorher auch schon gab es ein Hauptprodukt auf dem Teller und ergänzende Komponenten – nicht gerade der französische Ansatz, aber halt auch eher unser Geschmack, insofern schmeckte es uns sehr gut bisher.

Danach hieß es „Einmal im Quartal gibt es Aal!“

Ein schönes Stück Aal mit Teriyaki-Glasur und ein Mini-Aal-Burger mit winzig kleinem Brioche-Brötchen. Sehr verspielt und doch, gerade beim Burger, ein schöner Gang durch die Fettigkeit des Aals und das ebenfalls saftige Brötchen. Wirklich, wirklich gut!

Man merkt schon das wir wenig zu meckern hatten. Und das sollte auch so bleiben.

Um uns herum füllten sich die Tische in der Zwischenzeit und wie immer sollten wir mehr oder weniger auch sehen, wie sie sich wieder leerten. Keine Ahnung, warum die anderen sich so wenig Zeit für ein so feines und aufwendiges Essen nehmen.

Bei uns ging es, weiterhin im japanischen Herbst-Thema bleibend, mit dünnen Rindfleisch-Streifen, Kirsch-Pflaumen-Sud, Meerrettich und Kapern weiter.

Leider viel zu klein, davon hätte gerade Jens einen ganzen Teller verspeisen können. Direkt danach ein weiterer Herbst-Gang, diesmal allerdings vegetarisch mit einem Steinpilz, Haselnuss und gepickelten Pilzen.

Sogar für Jens essbar, auch wenn die Konsistenz für ihn schon grenzwertig war.

Brot wird hier übrigens zu einem eigenen Gang hochgestuft, was durchaus gerechtfertigt war.

Danach folgenden die 2 bis 3 Hauptgänge, beginnend bei dem zur Roulade gebundenen Kabeljau in einer wunderbaren Kombu Beurre Blanc. Gut, dass wir das Brot noch hatten, denn es mangelte an Löffeln und um unsere Finger für die Saucenreste zu nutzen hatten wir noch zu wenig Wein zu dem Zeitpunkt.

Dann was sehr spezielles: Ziege mit Bohnen-Püree und wildem Knoblauch.

Ziege ist ja etwas, was man seltener auf diesem Niveau bekommt. Um so angenehmer war, dass es hier in einer vorzüglichen Qualität gereicht wurde und einen echt stimmigen Eindruck hinterließ. Mit dezentem Knoblauch und den Bohnen und einem sehr guten Garpunkt war das wirklich lecker.

Danach gab es einen Zusatzgang, wo Jens per Reflex direkt beim Lesen des Menüs schon „Ja – her damit!“ gesagt hatte. Dazu musste aber auch der passende Wein gereicht werden – die gesamte Weinbegleitung stammte von griechischen Weingütern und reichte von „super lecker“ bis „spannende Wahl“. Und es ist ja nichts schlimmer als ein Wein in einer Begleitung, der nichtssagend ist und geschmacklich untergeht. War hier nicht so.

Der Zusatzgang war: Wagyu! Nicht mehr und nicht weniger! Und das war gut so!

Super lecker und auch Meike bekam einen Räuberteller und konnte so partizipieren.

Damit gingen wir in den Nachtisch-Teil des Menüs über. Etwas als Übergang und „palate cleanser“ diente die Limone mit grünem Apfel, einer Limonen Verbene und einem Tee aus Zitrusblättern.

Es folgte, wiederum handwerklich wunderschön angerichtet, Pfirsich mit Pistazien, Fenchelblüten (sehr spannend durch den Anis Geschmack) und Ysop, eine sehr alte Gewürz- und Heilpflanze.

Cool und gelungener Abschluss eines echt schönen Abends. Das ganze Menü war sehr rund, sehr klar und immer an einer Hauptkomponente ausgerichtet. Leicht asiatisch-japanisch angehaucht war es auch, was natürlich unserem Geschmack entgegen kam. Die Weinbegleitung war sehr ergänzend, wobei gerade bei den Hauptgängen schon starke Weine dabei waren, was aber aufgrund der dann stärker gewürzten Gänge auch sinnvoll war.

Ach ja, zum Abschluss kam dann die Schatzkiste raus.

Dazu Macaron und ein Löffel mit Fruchtcreme, was eine schöne Reminiszenz an den Anfang des Menüs darstellte. Bei den Pralinen konnte man so viele aussuchen, wie man wollte. Also einmal von jedem.

Den Koffer durften wir aber nicht mit ins Hotel nehmen. Schade, aber verständlich. Und in keiner Weise ein Schatten auf einem hervorragenden Abend!
Athen hat also auch kulinarisch was zu bieten – das Soil ist eine sehr beeindruckende Adresse.

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