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Restaurant Varoulko Seaside, Piräus

Mittagessen. Das ging in der Planung ungefähr so:

Jens: „Guck mal, das Restaurant hat einen Stern und nur Fisch-Gerichte. Und das klingt doch gut, oder?“

Meike: „Au ja, gute Idee!“

Jens: „Mist, das hat an keinem Abend mehr einen Tisch frei … sollen wir da Mittags hingehen?“

Meike: „Gerne! Werden dann ja zwar nicht so viel essen, aber ein kleines Mittagessen wäre ja nicht verkehrt …“

Berühmte letzte Worte!

Auf jeden Fall standen wir überpünktlich vor dem Restaurant Varoulko Seaside, was sich in diesem recht großen Gebäude befindet.

Nach ein paar Warteminuten wurden wir in den Aufzug zur großen Terrasse gebeten, wo wir einen schönen Tisch im Schatten zugewiesen bekamen.

Neben uns waren nur noch 2 chinesische Familien da, die Cola bestellten und sich einen griechischen Salat teilten. Naja, jeder wie er/sie will, nur dafür in ein Sterne-Restaurant zu gehen, will sich uns nicht erschließen.

Wir dagegen waren zufrieden und genossen den Aperitif und die Oliven (Kalamata) sowie eine spannende Tomatenpaste mit Vanille.

Hier hatten wir noch den Plan kein Menü zu essen sondern „nur was von der Karte“. Was dann schnell zu der Frage „Wieviele Vorspeisen kann man denn normalerweise essen?“ an den Kellner führte – da waren so viele Gerichte die lecker klangen, dass wir die Qual der Wahl hatten.

Mit dem Sommellier wurde schnell eine Wein besprochen und ab ging die wilde Fahrt, die zu einer echten Erlebnisreise durch die griechische Fischküche werden sollte.

Carpaccio vom marinierten Wolfsbarsch, Bulgur, Zitrusfrüchte und Kapern waren es bei Jens. Super spannend waren die links so als kleine Strauch zu findenden Algen, die eine angenehme Säure-Salz-Note zum ansonsten recht naturell gelassenen Fisch brachten.

Und das war kein kleiner Teller, insofern hatten wir schon hier etwas Zweifel an der Aussage, dass wir unsere 2-3 Vorspeisen und den Hauptgang schaffen könnten.

Meike hatte sich für Flusskrebs-Tartar in Zitrusfrüchten, Gurkensorbet und schwarzem Trüffelöl entschieden. Gurken mit Tartar ist ja eine gute Kombination, die wir uns auch oft selber gönnen – hier richtig edel mit den leichten Trüffelnoten zubereitet.

Spätestens hier waren wir völlig im Foodie-Modus und vergaßen vollständig, dass wir eigentlich „nur“ ein Mittagessen einnehmen wollten. Der wunderbar freundliche Service, allen voran der Sommelier, brachte Witz und Spaß in das Menü, lies uns aber auch Freiheit, wenn wir uns unterhielten. So muss moderner Gourmet-Service unserer Meinung nach auch sein.

Als zweite Vorspeise gönnte sich Meike etwas Krabbenfleisch, Wakame-Algen, Trüffel und Bonito. Das ganze getoppt von Mandarinenschaum. Das Krabbenfleisch war natürlich anders als beispielsweise in Kanada oder beispielsweise in Grönland. Aber generell war es auf eine stark mediterrane Art und Weise zubereitet und passte genau so hier hin.

Jens konnte sich, genau wie Meike beim Krabbenfleisch, nicht bei den Jakobsmuscheln zurück halten. Die kamen mit einer Art Pulver aus Chorizo, gepickelter Lotuswurzel und Tomatenwasser.

Die Lotuswurzel war etwas merkwürdig, ansonsten war das ein sagenhaft vollmündiger Gang mit allem, was Jens gerne mag.

Hier begannen wir uns zu ärgern, dass wir keinen Tisch am Abend mehr ergattert hatten und planten schon den nächsten Besuch.

Bei Jens waren beim Bestellen übrigens die Augen mal wieder größer als der Magen und daher hatte er sich noch eine dritte Vorspeise gegönnt. Und wie immer bekam Meike einen Räuberteller, einen Wein und Jens die Aufforderung „nicht zu wenig abzugeben, man wird Dich beobachten!“.

Das Abgeben war super schwer. Das war mit Abstand der beste Tintenfisch in Jens Leben: Vormittags gefangener Tintenfisch, super gegrillt – fest und dennoch gut essbar – und dazu Fischrogen, gerösteter Salat und Ouzo-Perlen.

Sa-gen-haft! Was wir in den letzten 24 Stunden leckeres gegessen haben, war wirklich einzigartig!

Ach so, Assyrtiko vom Weingut Argyros auf Santorini, einem Weingut, was wir schon bei einem unserer Aufenthalten genossen haben.

Als wir dann von der Weintour vor einem Jahr erzählt haben und das uns Artemis Karamolegos am meisten begeistert hatte, kam direkt ein kurzes Fachgespräch über die verschiedenen Inseln und die Lagen zustande. Irgendwie haben wir ein Händchen dafür, dass wir bei dem Thema irgendwie gleich Verbindung aufbauen können.

Nachdem der Tintenfisch genügen gewürdigt wurde und auch Meike genug davon abgekommen hatte, war es Zeit für den Hauptgang. Das war beide Male der Fang des Tages, wobei auf zwei verschiedene Arten zubereitet: Einmal mit peruanischen Kartoffeln und Spargel …

… und einmal mit Chorizo Creme und einem Schaum aus grünem Apfel.

Beide Male das gleiche Grundprodukt, beide Teller recht unterschiedlich in der Wirkung. Aber beide Male ein Hauptgang, wie wir ihn selten besser hatten: Sehr guter Fisch, sehr gutes Handwerk wobei vielleicht etwas grob in der Ausführung. Und ein Geschmackserlebnis sondergleichen.

Wir waren glücklich!

Und weil wir in diesem Zustand sehr einfach zu manipulier … äähhh … zu überzeugen sind, fragten wir nach der Nachtisch-Karte. Und bestellten noch was.

Wenn es einen Moment gibt, den wir exemplarisch für die Gastfreundlichkeit der Griechen erzählen sollen, dann wäre es der nun folgende. Wir wollten jeder noch ein Glas Wein für den Nachtisch bestellen, unser Wunsch nach einem Wein wurde aber zwei Mal mit „Jaja, wird schon“ recht knapp abgetan. Wir wunderten uns etwas, war doch bis dahin der Service super freundlich und gesprächig gewesen. Noch mehr wunderten wir uns als Sommelier und Kellern zu unserem Tisch kamen, zwei Gläser in der Hand und meinten „Wir haben uns für euch einen Wein aus dem Keller ausgesucht, der geht aufs Haus!“.

Die Traube nennt sich Xinomavro und ist eine autochone Traube, die vor allem im Norden Griechenlands in Imathia angebaut wird. Sie gilt auch als eine der besten Griechischen Trauben und gute Exemplare reifen aufgrund des hohen Säure- und Tanningehalts gut. Sie ähneln teilweise so sehr den aus Nebbiolo-Trauben hergestellten Weinen, dass häufig Vergleiche mit dem hoch angesehenen italienischen Barolo angestellt werden.

Winzer Apostolos Thymiopoulos gilt als der aufgehende Stern von Naoussa. Freddy Bulmer, Einkäufer von „The Wine Society“ schwärmt „Er ist einer der großen Winzer der Welt“. Master of Wine Mark Andrew schreibt über ihn „Einer der Stars seiner Generation“. Und 2018 war ein großer Jahrgang in Griechenland, was in diesem rubinroten Wein deutlich zu schmecken war. In der Nase Erdbeere, Kirsche, Himbeere aber auch Vanille, Rose und mediterrane Kräuter. Im Geschmack dann wenige kräftige Tannine, frische Frucht und ein relativ erdiger Charakter.

Und den haben wir einfach so ausgegeben bekommen und es wurde sich gefreut, dass wir uns so über den Wein freuen.

Als Nachtisch gab es, zum Teilen in die Mitte gestellt, eine Komposition aus Karamelleis mit Keksbröseln und kunstvollen Tomaten aus Erdbeercreme, Sahne und Erdbeermus.

Sowie ein Ring aus Brandteig mit Zuckerstangen, Merengue-Creme und Kaffeeeis sowie Lavendel-Pudding.

Wie gesagt: Sharing is caring! 🙂

Danach ging aber gar nix mehr in unsere Mägen.

Die Chinesen waren weg, die Locals kamen nach und nach an und setzten sich und genossen die späte Mittagssonne. Der Service wuselte umher, brachte hier was zu Essen, räumte dort was ab. Jeder trank Wein oder Wasser oder Säfte, alle waren zufrieden, so wie es ist. Und mit diesem Grundeindruck gingen wir schweren Herzens wieder los.

Wir werden wiederkommen – Auf jeden Fall! Was für ein schöner Ort!

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