Beim letzten Mal war die Planung ja eher in der Richtung „Wollen wir nicht Mittags noch was Essen gehen?“. Dieses Mal ging es eher so: „Ach, nach Athen? Da gehen wir aber nochmal in Piräus beim Varoulko Essen!“. Und so war schonmal ein Abendessen festgelegt, aufgrund der besseren Restaurantauswahl am Samstag dann auch direkt am Freitag. Auch wenn es bedeutete, hier nach einer Food Tour zu sein.
Aber egal, schauen wir mal, ob sich unsere hohen Erwartungen nach dem super schönen Essen vor 2 Jahren erfüllen.
Das letzte Mal sind wir ja mit der Straßenbahn da hingefahren, dieses Mal sollte es die Metro sein. Und zwar die neue M3, nicht die alte M1 mit den klapprigen und mit Graffiti beschmierten Wagen.
Rush-Hour in Athen – aber ging eigentlich noch. Da haben wir in Japan schlimmeres erlebt.
Piräus, eine eigenständige Gemeinde in Attika und der drittgrößter Hafen am Mittelmeer. Die eigentliche Gemeinde hat etwa 450.000 Einwohner, der Ballungsraum Athen-Piräus hat nach offiziellen Angaben ca. 3,8 Mio. Einwohner. Piräus ist der historische Hafen der griechischen Hauptstadt und hat auch heute mit rund 18 Millionen Passagieren (16,5 Mio. im Fährverkehr und 1,5 Mio. mit Kreuzfahrtschiffen) jährlich den größten Passagierhafen in Europa. Und an genau diesem stiegen wir von der Metro in einen Bus um, welcher uns in den kleinen Hafen bringen sollte, in dem unser heutiges Restaurant sich befindet.
Das Restaurant hatte leider Ende 2024 seinen jahrelang gehaltenen Stern verloren und rangiert nur noch unter der „Main Selection“ Kategorie. So richtig konnten wir nicht herausfinden, was die Gründe dafür waren, denn Chef Lefteris Lazarou hat das Restaurant nicht verlassen, was ja oft ein Grund ist. Auch hatte sich der Einsatz an Lebensmitteln und Personal nicht wesentlich geändert. Schauen wir mal, was uns erwartet – der Eingang war auf jeden Fall genau so wie vor zwei Jahren. Und auch der Aufzug war der gleiche, auch wenn wir heute nicht auf der Dachterrasse speisen würden, sondern im Gastraum darunter.
Der Blick war sehr gut, im kleinen Hafen war zwar wenig los, aber die einsetzende Dämmerung brachte genug Abwechslung. Und das Essen natürlich auch.
Die Bestellung war relativ schnell aufgegeben, denn Jens hatte ziemlich schnell ein Auge auf das 13 Gang Degustationsmenü geworfen. Meike war da etwas vernünftiger und gab sich mit 11 Gängen zufrieden.
Weintechnisch verzichteten wir auf eine Weinbegleitung und orientierten uns lieber an der Empfehlung des Sommeliers, der uns für die ersten Gänge auf die Insel Santorini verwies, von der wir einen schöne Assyrtiko orderten: Den 2022er Orycton von Kyanos. Ein sehr frischer Wein, hergestellt aus drei Lagen in Akrotiri, Pyrgos und Megalochori. Der Wein reift 12 Monate lang auf der Hefe mit intensiver Batonnage. Und es werden nur 2.800 Einzelflaschen abgefüllt. Eine gute Empfehlung, die gleich mal mit dem ersten Gruß aus der Küche verkostet wurde.
Eine kleine Tartelette mit einem kleinen Fisch-Cake und frischer Tomate darauf öffnete unsere Mägen mal gleich richtig. Denn Fisch ist hier nun einmal das Thema und unsere Menüs sollten auch nur aus Fisch-Gerichten bestehen. Genauso wie der zweite Gruß, der aus einer sehr festen Creme mit Zitrus-Gel, Pfeffer und einem weißen Fisch bestand, wo wir leider nicht mehr notiert haben, welcher das war.
Danach folgte eine immer noch brillante Brotbegleitung: Die Vanille-Tomatencreme mit Öl. Dazu ein paar sehr gute Oliven und eben gutes Brot. Mehr brauchte es nicht.
Naja, aber nur für das Brot waren wir ja nicht hier, denn jetzt sollte es mit dem Menü losgehen. Im Gegensatz zum letzten Besuch, wo wir ja a la carte bestellt hatten, waren die Portionen heute etwas kleiner dimensioniert und dadurch auch nicht so verschwenderisch wie wir es in der Erinnerung hatten. Aber, und das wurde gleich beim ersten Gang „Krabbenfleisch mit grünem Apfel, Ingwer, Dill und Kaviar“ klar: Das bedeutet keineswegs, dass man hier immer noch versteht, wie man den Fisch oder die Meeresfrucht in Szene zu setzen.
Alleine die Sauce war schon der Knaller, leider wurde des Rest weggetragen und nicht zum direkten Konsum auf dem Tisch gelassen. Durch den frischen, sehr sauren Apfel bekam der Teller noch einmal eine andere Geschmacksrichtung dazu. Sehr gelungen!
Gleiches galt für den zweiten Gang: Tartar von der roten Langustine mit starken Zitrusnote über ein Gel, Basilikum und Mandarine.
Sehr spitze Säure aber in Kombination mit der Garnele wieder gut balanciert. Sehr coole Kombination.
Auf den nächsten Gang hatte sich Jens sehr gefreut, denn es gab eine überraschend herbstliche Kürbissuppe mit Schalotten und Gewürzen sowie Aal.
Leider war der Aal nicht nach unserem Geschmack und somit das Gericht für uns eher eine Enttäuschung. Der Aal war noch zu fettig und harmonierte nicht so gut mit der Suppe und gar nicht mit den Gewürzen. Schade.
Und irgendwie fanden wir dann doch bei den einzelnen Gerichten immer wieder Kleinigkeiten, die in einem Sterne-Restaurant nicht passieren sollten. Bei der Dorade beispielsweise waren die Saucen schon kalt, was bei der Auberginencreme dazu führte, dass sie schon etwas bröckelig und fest wurde. Allerdings war die Dorade genau auf den Punkt zubereitet und da das auch die Hauptkomponente auf dem Teller war, war das ja auch wichtiger.
Wie gesagt: Kleinigkeiten, das gesamte Menü war einfach hervorragend und auf sehr hohem Niveau zubereitet und präsentiert. Hier und da gab es kleinere Abzüge, die unsere Stimmung aber nicht trübten. Erst Recht nicht Meikes beim nächsten Gang, den nur Jens bekam: Thunfisch im Filo-Teig, Shiso, Seetang und Ponzu. Ein Ausflug in die japanische Welt quasi.
Meike bekam vom sehr freundlichen Service einfach auch einen Teller und eine Gabel hingelegt, mit den Worten „You know what you have to do, right?“
Der Thunfisch war sehr gut von der Qualität her aber auch hier gab es Abzüge in der B-Note durch den viel zu säurelastigen Ponzu und den super neutralen Wakame-Salat.
Der Ausflug aus Griechenland heraus wurde dann beendet und wir kehrten in Form einer Jakobsmuschel mit Kohl, Zwiebel und einem leichten Mandel-Curry zurück. Also so ein bisschen, denn irgendwie scheinen wir einen Zwischenstopp in Indien eingelegt zu haben. Gepaart mit einer kleinen Anlehnung an ein Grünkohl-Abendessen in Norddeutschland.
Ein wilder Gang, wo uns die Grundidee nicht so richtig klar war. Außerdem hätte für uns die Jakobsmuschel besser gebraten sein können – das einzige Mal, wo uns die Hauptkomponente für uns nicht so gut zubereitet wurde.
Der nächste Gang war wieder nur für Jens: Der Fisch-Cake mit Pfeffer und Basilikum. Hier hatten wir dann wieder einen sehr leckeren Gang, die Aromen harmonierten gut miteinander und die Frischfrikadelle, wie Jens sie halt nannte, war sehr gut gebraten und saftig.
Sehr cool und mit den „Dolmas“ waren wir wieder vollständig in Griechenland angekommen. Ein klarer Teller, schöne Farben, starke Aromen und in dem Weinblatt war eine schöne Kombination aus Meeresfrüchten.
Langsam wurde es Zeit für den Hauptgang. Ach ja, irgendwo davor haben wir die zweite Flasche Wein geordert und dabei übrigens, genau wie beim ersten Wein, nicht genau auf den Preis geachtet. Der Wein war damit fast genau so teuer wie beide Menüs mit 125 beziehungsweise 145 Euro. Der zweite Wein kam wieder von Santorini, ein Assyriko von Sigalas, und war super lecker. Außerdem wuchs der Drang wieder einmal nach Santorini zurück zu kehren.
Aber nun zum Hauptgang: Ein sehr gut gebratener Fisch mit Salami, Sellerie-Püree, einem Gel aus grünem Apfel und einer Tarragon-Sauce.
Sehr schöner Abschluss, auch wenn hier die Kombination aus Salami, Apfel und dem sehr cremigen Sellerie-Pü wohl nicht für jeden was ist.
Ein sehr schöner Abend ging somit langsam zu Ende. Der Service war hervorragend, gar keine Frage. Mit jeder Servicekraft und dem Sommelier haben wir über den Abend immer wieder gequatscht, sowohl über kulinarisches als auch über andere Themen. Mit einer Dame hatten wir nach kurzer Zeit auch einen Running Gag, denn sie sagte jedes Mal, dass wir auch den hingelegten Löffel verwenden sollen. Was uns wiederum dazu animierte zu fragen, wie wir denn jetzt essen sollen, als einmal kein Löffel hingelegt wurde.
Sowas lockert den Abend einfach auch auf und wir hoffen immer, dass es auch für die Menschen angenehmer ist, wenn man ein bisschen quatschen kann und das Ganze nicht so steif macht.
Das Essen war bis auf ein paar wenige Ausnahmen sehr, sehr gut. Kleinere Dinge haben uns nicht so gefallen, bei zwei Gängen stand vermutlich der Teller zu lange am Pass herum. Und der Ausflug nach Japan passt nicht so richtig in den Flow des Menüs. Jakobsmuschel und Aal waren für uns nicht so zubereitet, wie wir es mögen.
Aber bislang waren wir sehr glücklich wieder hier zu sein. Und das Pre-Dessert, immer noch ein gutes Konzept finden wir, war zum Glück nicht zu füllend. Denn gerade Jens hatte hier langsam seinen maximale Füllstand erreicht.
Und auch der eigentliche Nachtisch, eine Schoko-Panna-Cotta mit Birne, Lemongrass, Karamell-Eis und Nuss war auch nicht so füllend, wie es aussieht.
Und die kleinen Pralinen zum Kaffee schafften wir dann auch noch.
Ein Digestif gab es hier nicht, dafür waren unsere Mägen zu voll. Gut, die Food-Tour davor war jetzt wohl auch keine so gute Idee, aber wir haben alles geschafft und zu satt waren wir auch nicht. Aber ein kleiner Spaziergang sollte es dann doch noch sein, bevor wir mit dem Taxi zurück zum Hotel fahren wollten, also machten wir uns auf eine kleine Runde um den inzwischen dunklen Hafen.
Was bleibt hängen? Sicherlich der Service und sicherlich auch die Gänge, die uns sehr geschmeckt haben. Verstehen wir, warum hier der Stern abgenommen wurde? Hier können wir nur mutmaßen, vom Einsatz an Lebensmitteln und Personal fühlte es sich doch eher „sterniger“ an. Auch die anderen Gäste, über die wir hier überraschend wenig gelästert haben, obwohl es dafür mehr als einen Grund gegeben hätte, waren eher dem „fine dining“ zuzuordnen.
Wir sind gespannt, was die nächsten Jahre hier passiert – für den heutigen Abend waren wir aber sehr froh wieder hier gewesen zu sein.
Im Anschluss an unseren Spaziergang hielten wir noch an einem kleinen Kiosk, kauften eine Cola, etwas Wasser und ein Schokoriegel für die Nacht, zahlten das mit einer Karte (ja, das geht hier auch an kleinem Kiosk) und riefen uns per App ein Taxi zurück zum Hotel. Wo wir, während wir unsere Bäuche streichelten, dann satt und zufrieden ins Land der Träume gingen. Und von Seafood träumten …