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Helsinki zu Fuß erkunden (und Shopping aus Gründen) (und Bier)

Nachdem wir uns die Nacht noch Gedanken gemacht hatten, was wohl wäre, wenn unsere Koffer die Nacht mit dem späten Flug von München aus nachgeschickt werden würden, wachten wir etwas enttäuscht auf. Mit den Sachen, die wir gestern beim Flug an hatten als Auswahl für den Tag.

Eine Nachfrage bei der Rezeption brachte auch keine frohen Nachrichten mit sich und so fügten wir uns in unser Schicksal, dass wir den Tag erst einmal ohne unsere Koffer und damit ohne neue Klamotten, ohne Zahnbürste und -paste und ohne Deo oder sonstgie Hygieneartikel beginnen müssen.

Da wir aber daran nix ändern können, machten wir erst einmal weiter wie geplant: Ein „self-guided GPS walk“ stand auf dem Programm. Also ab in die Stadt mit uns und das mit der Tram, die direkt vor unserem Hotel hielt.

Diese Tram-Station sollte die nächsten Tage häufiger unser Ausgangspunkt werden.

Im Vorfeld hatten wir uns ein paar Überlegungen angestellt, was wir in den Städten so machen wollen und seit einigen Urlauben sind wir von den geführten Touren zu sogenannten „Self-Guided Tours“ gekommen. Dafür gibt es Apps, wo man sich einen GPS Track runterladen kann und diesen dann abspatziert. Und genau das wollen wir jetzt tun.

Dafür stiegen wir nach einer kurzen Tram-Fahrt aus und machten unseren ersten Schritte durch ein langsam aufwachendes Helsinki.

Die Stadt hatte irgendwas und gefiel uns schon vom Anfang an: Saubere Straßen, breite Bürgersteige, gute Infrastruktur und … teilweise amüsante Gebäude.

Meike bewies dann gleich ihren Spürsinn und fand sofort einen Christmas-Shop.

Wobei, irgendwie waren wir in eine Art Christmas-Shop-Zentrum gekommen, denn nach dem ersten Shop, in dem wir was für unseren Weihnachtsbaum gekauft haben, fanden wir noch 4, 5 weitere. Einer sogar mit Aslak als Türsteher.

Dann aber der erste Halt auf unserer Tour: Die berühmte Felsenkirche.

Diese lutheranerische Kirche im Töölö (Finnisch klingt super!) wurde 1969 von einem Zwillingspaar Architekten in Fels geschlagen und gilt auch als „Rock Church“ oder „Church of Rock“. Überraschenderweise kostete es Eintritt, was für eine Kirche eher ungewöhnlich ist. Aber den Eintritt war es wert!

Eine Kirche sollte an dieser Stelle schon in den 30er Jahren gebaut werden, doch die ersten Entwürfe wurden abgelehnt, da sie nicht gut genug waren. Erst der Vorschlag von Timo und Tuomo Suomalainen fand den Zuspruch der Auftraggeber und sollte umgesetzt werden.

Der sichtbare Felsen war im Ursprungsvorschag allerdings nicht vorgesehen, da es den Brüdern zu radikal war. Und noch eine andere Sache hat sich zur Planung geändert: Die Kirche sollte eigentlich vier Mal so groß werden. Dies musste allerdings aus Budget-Gründen geändert werden.

Für Meike wie immer interessant: Die Orgel!

Man konnte sie nur knapp davon abhalten ein Karnevalslied zu spielen, denn alle Regler waren auch noch passenderweise in Deutsch.

Auf dem Weg zur Empore kam es dann noch zu was spannendem, denn auf dem Weg standen ein paar Personen mit relativ breiten Schultern, die uns anschauten und quasi beurteilten.

Des Rätsels Lösung: Es fand ein Kongress statt, zu dem hohe Staatsgäste aus Südkorea eingeladen waren und die hatten heute eine Sightseeingtour. Sogar ein koreanisches Fernsehteam war dabei.

Draußen wollten wir noch in Erfahrung bringen, wer das jetzt genau war. Die Antwort war „I can not tell you that, sir. But it is a VIP!“. Na gut, dem Herrn mit den breiten Schultern wollten wir dann auch nicht weiter auf die Nerven gehen …

Weiter ging es zu Fuß in Richtung Innenstadt. Helsinki hat sehr viele, sehr unterschiedliche Gebäude, von modernen Wolkenkratzern bis zum Naturkundemuseum.

Etwas neuer war die Kampii Kapelle am Narinkka Platz. Eine konfessionsfreier Gebetsraum, der als Platz zur Ruhe und Besinnung mitten in der City verwendet wird.

Von Innen, wo wir keine Fotos gemacht haben, sieht der Raum aus hellem Holz sehr entspannend aus und man kann aus so ziemlich allen Bibeln, Korane und sonstigen Büchern der Religionen der Welt aussuchen und sich seinem Glauben widmen. Oder eben nur ein paar Minuten Ruhe gönnen.

Ein sehr interessanter Ort!

Weiter ging es an anderen Gebäuden vorbei, die eher nicht nach Ruhe aussahen.

Zum Beispiel der 1860 eröffnete und immer weiter erweiterte Hauptbahnhof von Helsinki.

Schönes Gebäude, schönes Interieur – etwa 200.000 Fahrgäste passieren den Hauptbahnhof pro Tag und es gehen Nah- und Fernzüge von hier ab.

Eine Besonderheit: Der Bahnhof hat eine noch in Benutzung befindliche „Presidential Lounge“, eine 50 m² große Lounge, die nur dem Präsidenten oder der Präsidentin Finnlands zur Nutzung bereitsteht. Beziehungsweise für Gäste genutzt werden kann.

Schräg gegenüber vom Bahnhof das Ateneum Kunstmuseum, eines von drei Museen, die zum Nationalmuseum gehören. 1887 von Theodor Höijer gebaut ist es eines der wenigen Gebäude in Helsinki, das mit Ornamenten geschmückt ist – der klassische Finne mag es eher schlicht.

Für Jens fast genauso spannend: Die vielen Trams!

Weiter zum zentralen Esplanadi Park, einem 1818 eröffneten, bei den Bewohnern sehr beliebten Park.

Heute allerdings war es recht windig, was sowohl die Bewohner Helsinkis als auch die Besucher der Stadt nervte.

Touristen: Man muss sie einfach zum Fressen gern haben …

Weiter zum Wasser, was in Helsinki eigentlich immer ziemlich schnell passiert. Und da sich auch langsam was Hunger einstellte, war der nächste Halt passend: Die alte Markthalle, Vanha kauppahalli!

1889 gebaut sind auch heute noch knapp 25 Händler im Markt vertreten und verkaufen alle möglichen Speisen und Waren.

Das Angebot war sehr, sehr verlockend.

Na gut, bis auf den Surströming – den wollten wir dann doch nicht haben.

Obwohl die Reaktion der anderen schon schön gewesen wäre, wenn wir das hier aufmachen. Aber vermutlich dürften wir dann auch nicht mehr wiederkommen. Und irgendwie gefällt es uns hier …

Am Hafenbecken entlang ging dann unsere Tour weiter. Helsinki hat natürlich den wichtigsten Hafen Finnlands und die im Hintergrund liegende Fähre der Silja Lines ist beispielhaft für den Fährverkehr zwischen den Städten Helsinki und Tallinn.

Die 80 Kilometer werden von so vielen regelmäßig verkehrenden Fähren befahren, dass man schon von der Region „Talsinki“ spricht. Die Route wird täglich von etwa 18.000 Esten als Pendlerstrecke befahren. Nicht nur deswegen wird schon seit Jahren der Helsinki-Tallinn Tunnel geplant.

Wir bleiben erst einmal hier und schauten uns auf dem Marktplatz die paar Zelte an.

Bis auf den „Glöggi“, einer Art Glühwein Finnlands nur ohne Wein, war da aber nix interessantes. Spannender dagegen die Sauna. 1,6 Millionen Saunen soll es für die 5,5 Millionen Finnen geben. Und eine davon direkt am Hafenbecken.

Zur Abkühlung geht es in selbiges Hafenbecken. Wer es mag …

Uns war das zu kalt und daher machten wir uns weiter auf den Rest unserer Rundtour. Nächster Halt: Die Uspenski-Kathedrale, 1868 erbaut als Zeichen des russischen Einflusses über Finnland.

Das Innere war, typisch für orthodoxe Kirchen, sehr prächtig verziert.

Aber es waren auch ein paar irritierende Touristen da, also machten wir uns weiter zum Ende der Tour. Wobei das bei über 500.000 Besuchern pro Jahr nicht verwunderlich, dass da ein paar komische Exemplare dabei sind.

Ach ja, in der Kirche waren ein paar sehr wertvolle Artefakte, von denen vor ein paar Jahren zwei gestohlen wurden. Aus wundersame Weise ist allerdings eines davon kurze Zeit später zurückgegeben wurden. Man vermutet, dass hier die russische Mafia ihre Hände im Spiel hatte, aber beweisen kann man das natürlich nicht.

Wie gesagt, für uns ging es weiter eine kleine Seitenstraße entlang.

Und zurück zu einem Platz, von dem ein Bild jahrelang in Jens Zimmer hing. Gut, auf dem Bild waren noch der Alexandrov Red Army Ensamble drauf. Und die Leningrad Cowboys. „We come from Brooklyn“ sage ich nur …

We do not come from Brooklyn but Cologne! 🙂

Eine nette Tour und kostenlos. Die App hatte auch zu jedem Ort ein paar ergänzende Informationen und war so ihr Geld durchaus wert. Ein paar weitere Routen gibt es auch noch, mal schauen ob wir die noch angehen.

Aber jetzt ging es erst einmal zum Mittagessen, was aber in einem seperaten Blogartikel Thema sein wird. Danach war es allerdings, da ein Anruf bei der Gepäck-Hotline der Lufthansa kein Ergebnis brachte, Einkaufen angesagt. Denn einen zweiten Tag wollten wir jetzt nicht in den gleichen Sachen unterwegs sein und ein Deo beziehungsweise Zahnbürste und -pasta wären auch nett.

Also ging es in ein Kaufhaus (ja, sowas gibt es hier noch) und wir kauften dort Unterwäsche, Pullover, Hemden und Socken.

Was man halt so braucht. Wenn man nix mehr hat.

Die Beute wurde auf das Hotelzimmer gebracht und da das Mittagessen etwas üppiger ausgefallen war, stand am Abend nur ein kleiner Imbiss auf dem Plan. Und Bier.

Die estische Sori-Brauerei hat einen Außenposten hier in Helsinki und da fuhr unsere Stamm-Tram direkt hin, also schnell einen Tisch gebucht und vor Ort die Untappd-Anzeige in Beschlag genommen.

Essen war auch gut, wobei die rechts liegenden Nachos zwar ok, aber nichts besonders waren. Die Tacos dagegen waren sehr lecker.

Das haben vor uns auch Holstein Kiel-Fans aus Eckernförde, Werder Bremen Fans und weitere Reisende im Namen des Fußballs feststellen dürfen.

Mit einem dem Namen des Blogs angemessenen Bier wurde dann auch das Ende des Abends eingeleitet.

Nicht ohne vorher sich über die „Happy Birthday“ wünschende Tram zu wundern.

Na gut – und nebenan noch ein Bier zu ordern. Was, wie eigentlich immer, eine schlechte Idee war.

Aber ein echt schöner, lehrreicher, abwechslungsreicher und auch leckerer erster Tag in Helsinki. Wenn jetzt noch die Koffer da wären …

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