Nachdem wir den ersten Abend nur kurz mal in die Stadt „reingeschnuppert“ haben, wurde es am ersten vollen Tag ernst. Heute stehen drei Dinge auf dem Programm und für die erste mussten wir uns mit einem Uber (was hier wirklich einfach funktioniert und super günstig ist) in das Stadtzentrum fahren lassen.
In Kapstadt gibt es nämlich auch „Free Walking Tours“, welche als einfaches Konzept haben, dass man kostenlos herumgeführt wird und danach das zahlt, was es einem Wert war.
Zwei Touren gibt es hier und wir haben uns auch aus zeitlichen Gründen für die „Bo-Kaap Tour“ entschieden.
Treffpunkt war ein recht zentraler Ort, von dem auch diese „HopOn-HopOff“-Busse starten. Und auch andere Touren starten hier. Es waren also sehr viele Touristen da und dementsprechend war es auch etwas chaotisch.
Kurz danach haben wir dann unseren Tourguide Darren entdeckt, der mit einem Schirm und einer auffälligen Jacke bekleidet quasi nicht zu übersehen ist. Wir wurden in den Keller des Gebäudes an der Haltestelle gebeten, wo es ein paar Touristen-Touren-Länden und einen kleinen Verkauf gab. Und, am wichtigsten, eine Toilette. Und hier haben wir dann erst einmal ein paar Infos zu der Tour und den Verhaltensregeln erhalten, wenn wir nach Bo-Kaap gehen.
Bo-Kaap wird auch „Malay Quarter“ oder „Slamsebuurt“ („Islamviertel“) genannt und ist ein Stadtteil von Kapstadt, der etwa ein Quadratkilometer groß zwischen dem Stadtzentrum und dem Hang des Signal Hill liegt. Über 6000 Menschen leben dort, von denen etwa 90 Prozent Muslime sind. Der Stadtteil zeichnet sich durch enge, steile Gassen und in unterschiedlichen grellen Farben gestrichene Fassaden aus, was ihn zu einem sehr geeigneten Ziel für eine Stadtrundführung macht.
Der Stadtteil, das hat Darren immer wieder gesagt, ist eben ein Stadtteil in dem auch wirklich Menschen leben und dementsprechend sollten wir uns auch verhalten. Gerade auch weil Ramadan ist und es sein kann, dass der ein oder andere einfach auch hungrig ist und daher noch weniger Lust hat, wenn eine Horde Touristen vor seiner Haustür stehen und Fotos machen.
Auch gab es die ein oder andere Warnung über Bettler, eine Gruppe von Verbrechern, die Touristen bedrohen und „Wegezoll“ verlangen und andere unschöne Dinge. Vorab: Nichts davon würden wir heute entdecken.
Die Tour, die übrigens zu fast 60 % aus Deutschen bestand, ging dann mit einem kleinen Fußmarsch los. Vorbei an dem ein oder anderen Gebäude, zu dem unser Guide ein paar Informationen hatte.
Über diese Straße, die quasi die Grenze zum Stadtteil „Bo-Kaap“ darstellt, mussten wir dann alle rüber. Was, da das grüne Licht für Fußgänger defekt war und die Regeln zum Thema „Abbiegen bei rotem Licht“ mehr in die Richtung von Vorschlägen gehen, generalstabsmäßig geplant wurde. Auch, weil die deutschen Rentner unserer Gruppe so gar nicht mit bei der Sache waren.
Aber am Ende haben wir es alle in den berühmte Stadtteil der „Mother City“ geschafft. Hier erzählte uns Darren dann von der Geschichte des Stadtteils.
1760 kaufte der niederländische Kaufmann Jan de Waal ein Grundstück am Fuße des Signal Hill, zwischen der damaligen Dorp und Wale Street. Ein Jahr später erwarb er eine angrenzende Parzelle und erweiterte damit seinen Besitz und baute ab 1763 auf diesem Land mehrere kleine „huurhuisjes“ (Miethäuser), die er an seine Sklaven vermietete. Was damals übrigens eine Besonderheit war, da er auch auf fließend Wasser, Hygiene und ausreichend Ernährung achtete.
Im 18. Jahrhundert zogen dann qualifizierte muslimische Arbeiter, Mardijkers genannt, aus Südostasien ans Kap und siedelten sich im Bo-Kaap an. Die meisten der neuen Bewohner waren Muslime, und es wurden mehrere Moscheen in der Gegend gebaut.
Dabei wurden immer neue Gebäude gebaut und bald entstand hier quasi eine eigene Welt.
Ältestes erhaltenes Haus im Originalzustand ist das heutige Bo-Kaap Museum aus den 1760er Jahren. Der Gelehrte Tuan Guru gab von hier aus der Islamisierung der Sklaven und freigelassenen schwarzen Bevölkerung wichtige Impulse. In der Folge wurden dann auch mehrere Moscheen errichtet, 1794 die Auwal-Moschee in der Dorp Street – die erste Moschee Südafrikas. Dabei spielte eine alte weiße Dame eine wichtige Rolle, denn sie gab ihr Haus dafür frei, obwohl Gottesdienste aller Art eigentlich verboten waren.
In den 1820er Jahren wurden laut einer Forschungsarbeit durch muslimische Geistliche des Bo-Kaap erstmals schriftliche Dokumente auf Afrikaans verfasst, was als Zeitpunkt gilt, seit dem der Islam in Südafrika vertreten ist. 1886 sollte auf Anordnung der Behörden die 1805 eingerichtete muslimische Begräbnisstätte Tana Baru Cemetery geschlossen werden; der – letztlich erfolglose – Widerstand tausender Bewohner gilt als bedeutendste Aktion der Kapmalaien gegen die Obrigkeit.
Die Apartheit ergab dann eine ganz andere Art von Probleme für das Bo-Kaap. Denn eigentlich sollte das ganze Viertel einer Umgehungsstraße weichen (siehe auch „Anhalter durch die Galaxis“, nur mit weniger Vogonen-Gedichten.) Und ohne Erfolg, denn dem Projekt ging dann recht schnell das Geld aus.
Heute ist das Viertel wie gesagt für seine bunten Häuser bekannt. Die übrigens keine weitere Bedeutung haben, denn irgendwann wurde einfach Geld für eine „Renovierung“ des Stadtteils freigegeben und das einfachste war: Ach, lass mal die Häuser streichen, dann sieht das schon schöner aus.
Mit noch viel mehr Geschichten als wir uns leider merken konnten ging es dann kreuz und quer durch Bo-Kaap. Immer wieder unterbrochen durch die ständigen Warnungen in Richtung der deutschen Rentner nicht auf der Straße zu stehen oder Einfahrten zu blockieren.
Und in einer Schleife ging es dann zurück zum Ausgangspunkt.
Heutzutage findet, wie ja fast überall, eine unglaubliche Gentrifizierung statt. AirBnB oder einfach nur Investoren kaufen Gebäude auf und verändern so rasend schnell die Gemeinschaft, die bislang Bo-Kaap ausgezeichnet hatte. Ist leider so, deswegen gehen wir auch nie in AirBnB Wohnungen, sondern in Hotels oder B&Bs.
Denn der ganze Stadtteil lebt von der Gemeinschaft und das wird Stück für Stück zerstört.
Wehren kann man sich dagegen nicht so richtig, es sei denn, man findet was neues, was man hier aufbauen kann – so zum Beispiel eine aufstrebende Kunstszene (es gibt eigene Art-Touren durch Bo-Kaap) oder eben kleinere Unternehmen. Im besten Falle ergänzen sich diese beiden Dinge wie dieser Anwalt hier zeigt … 😉
Zurück durchs Auenland … quatsch: Über die „Grenze“ ging es zum Ausgangspunkt der Tour zurück.
Wo wir dann ein gutes Trinkgeld / Entgeld für die Tour hinterlassen haben. Es gab wirklich sehr viele Informationen, kurzweilige Geschichten und einen guten ersten Eindruck für unseren ersten Tag in Kapstadt.
Nächster Programmpunkt ist ein Welt-Kulturerbe!