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Fischiges Abendessen in Knysna (Drydock)

Nun waren wir also in Knysna, einer kleinen, etwa 75.000 Einwohner großen Stadt am Indischen Ozean. Der Name stammt vermutlich von den Khoekhoe und bedeutet sowas wie „Ort der Farne“ oder auch „Steiler Abhang“, was eventuell mit den Klippen am Ortsrand zu tun haben könnte. Die ältesten menschlichen Zeugnisse sind etwa 90.000 Jahre alt, bis zu der ersten Landung von Europäern hier in 1760 weiß man aber recht wenig über die indigenen Bewohner dieser Gegend.

Mit etwa 18% Weißen ist hier auch eine recht durchmischte Bevölkerung vorhanden, was auch an der heutigen Hauptindustrie, dem Tourismus liegt. Aufgrund des ganzjährig warmen Klimas ist die Stadt ein beliebtes Ziel sowohl für Touristen als auch für Senioren im Ruhestand, insbesondere für Briten und ehemalige Auswanderer. In letzter Zeit hat sich die Stadt auch zu einem bevorzugten Ziel für Golfer entwickelt, da sie über mehrere erstklassige Golfplätze verfügt. Knysna liegt in der Nähe der Städte Plettenberg Bay und George, wo es auch Flughäfen gibt. In Knysna befindet sich auch die Brauerei Mitchell’s Brewery, obwohl das Unternehmen in der Stadt kein Bier mehr braut. Die Wälder, Flüsse, Flussmündungen und der Ozean, die die Stadt umgeben, sind mit Wanderwegen durchzogen und bieten zahlreiche Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten.

Wir richteten uns zuerst einmal in unserem Anwesen ein. Und Anwesen ist die richtige Umschreibung für das Parkes Manor, wo wir zwei Nächte verbringen würden, denn es handelte sich um ein altes britisches Herrenhaus, was heute als Gästehaus direkt am Ortseingang von Knysna liegt und einen wunderbaren Blick auf die Lagune bietet. Zumindest aus unserem Zimmer.

Die Einrichtung war gehoben britisch, was uns ja schon entgegen kommt, denn es erinnerte uns an das ein oder andere schottische B&B. Empfangen wurden wir von Jan-Hendrik, einem der beiden Hosts des Parkes Manor und ein Gastgeber, wie er im Buche steht. Freundlich, informativ, lustig und mit einem sympathischen Helfer-Syndrom gesegnet – hier würden wir uns wohl fühlen.

Kleines Beispiel zu den vielen Details hier? Überall im Bad waren so kleine Blumen-Bouquets ausgelegt.

Und der Blick vom eigenen Balkon war echt, echt schön. Fast zu schön, um das Zimmer jemals wieder zu verlassen.

Aber der Hunger kam und wir hatten von Jan ein paar Ideen für das Abendessen bekommen. Die sich passenderweise mit unseren Ideen aus der Vorplanung deckten, das war also schonmal ein gutes Zeichen.

Was wir dann gemacht haben, war ein „Erstes Mal“ in diesem Urlaub: Wir sind zu Fuß zum Essen gegangen! Das klingt jetzt nicht so beeindruckend, aber für uns war das was besonderes. Denn im Voraus hatten wir so viele Geschichten und Warnungen gehört, was das Spazieren beim Anbruch der Dunkelheit angeht („Da wird man überfallen!“ etc.), dass wir bisher immer nur mit Uber oder selber zum Abendessen gefahren sind.

Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch gingen wir dann vom Guest House runter zur N2 und dann darüber. Vermutlich waren wir die einzigen seit Jahren, die die Ampelkreuzung dafür verwendet haben. Dann ging es entlang einer kleinen Straße an einem recht industriellen Gebiet vorbei, wo wir schon etwas mehr auf die Umgebung geachtet haben. Am Ende hat sich aber niemand für uns interessiert und wir wurden Schritt für Schritt ruhiger und genossen immer mehr die Umgebung.

Bis 1954 gab es in Knysna einen Hafen, der vor allem für die Abfuhr von Holz, der Industrie der damaligen Zeit und der Grund, warum Knysna am Ende so reich wurde, verwendet wurde. Eine schmalspurige Eisenbahnstrecke, die Knysna Forest Railway, verband diesen Hafen zwischen 1907 und 1949 mit den Holzabbaugebieten und Sägewerken.

Im Jahre 1928 wurde Knysna an das Netz der früheren South African Railways angebunden, wodurch der Hafen an Bedeutung verlor. Zwischen der Nachbarstadt George und Knysna verkehrte bis August 2006 eine historische Dampfeisenbahn, der Outeniqua Choo-Tjoe. Dieser Zug war zuletzt einer der wenigen planmäßig verkehrenden Dampfzüge im Land und war wegen der spektakulären Strecke entlang der Küste bei Eisenbahnfreunden und Touristen beliebt.

Wie die meisten Bahnstrecken im Land fehlte aber jahrelang der politische Wille und schlicht das Geld, um die Strecken beziehungsweise die Züge fahrtüchtig zu erhalten. Daher verkam auch diese Strecke und wird bis heute nicht mehr befahren. Was schade ist, denn viele Leute erzählten uns von der Schönheit auch dieser Strecke und bei den Mengen an Touristen würde es wohl auch finanziell Sinn machen hier zumindest einen Touristenzug wieder zu betreiben.

Im ehemaligen Bahnhof von Knysna standen auch noch drei Waggons der alten Bahn herum und verrotten vor sich hin.

Traurig zu sehen, denn Kapital ist hier vorhanden wie ein Blick in den Yachthafen daneben zeigte.

Was hier auch steht ist ein Denkmal zur Erinnerung an die Brände in 2017.

Die Region erlebte in 2017 eine längere Periode extrem warmen Wetters, die Niederschläge der vorherigen Monate waren weit unter dem Durchschnitt, die Luftfeuchtigkeit war besonders niedrig, die Bodenfeuchtigkeit war erschöpft und die Vegetation zeigte Anzeichen einer schweren Dürre. In der Woche vor dem Ereignis sah es jedoch so aus, als würde sich ein Tiefdruckgebiet entwickeln, das nach allgemeiner Einschätzung schwere Regenfälle und Überschwemmungen mit sich bringen würde – so sehr, dass die Schulen im Westkap im Voraus angewiesen wurden, für den Tag zu schließen.

In den frühen Morgenstunden des 7. Juni begannen jedoch stürmische Nordwestwinde mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 90 km/h über das Gebiet zu ziehen, wobei im Laufe des Tages Windböen von bis zu 120 km/h gemessen wurden. (120 km/h gelten als Hurrikanstärke, die im Südkap noch nie zuvor gemessen wurde). Die Lufttemperatur stieg auf 28 Grad, die Luftfeuchtigkeit sank auf 8%, und obwohl es in anderen Teilen des Westkaps tatsächlich zu Überschwemmungen kam, wurde das Gebiet Knysna/Plettenberg Bay stattdessen von einem Feuersturm ungeheuren Ausmaßes heimgesucht.

Die Brände brachen an zwei Orten aus und es wurde im Nachgang vermutet, dass Blitzeinschläge dafür verantwortlich waren. Beide Brände wurden durch die Monokulturen der Plantagen und die in weiten Teilen der Region weit verbreitete gebietsfremde, invasive Vegetation (Schwarzes Flechtwerk, Rooikrans, Port-Jackson-Flechtwerk, Schwarzholz, Eukalyptus, Kiefer usw.) ausgelöst. Die enorme Stärke des Windes hat das Brennmaterial aufgewirbelt und rasend schnell verbreitet.

Die Stadtbevölkerung war auf die Katastrophe völlig unvorbereitet und beeilte sich, vor den Flammen zu evakuieren. Die Hitze soll so stark gewesen sein, dass sie die Motorblöcke der in Brand geratenen Kraftfahrzeuge zum Schmelzen brachte. Kein menschliches Eingreifen schien die Flammen aufhalten zu können. Starke Winde und dichter Rauch machten am ersten Tag die Brandbekämpfung per Hubschrauber unmöglich, und alle konzentrierten sich darauf, Freunde, Verwandte und Fremde zu evakuieren, um Leben zu retten.

Es gibt viele Geschichten, die zeigen, wie mutig man trotz der widrigen Umstände war: Das NSRI (National Sea Rescue Institute) schickte beispielsweise seine Boote und Mannschaften nach Belvidere, um eingeschlossene Bewohner und ihre Haustiere über die Lagune in Sicherheit zu bringen, und seine mobilen Einheiten halfen, wo immer sie konnten. Und in Buffalo Bay versammelte sich ein Konvoi von 4×4-Fahrzeugen, die von Freiwilligen gesteuert wurden, um die Bewohner von Brenton-on-Sea zu evakuieren, das zwar vom Strand aus, aber nicht über die Straße erreichbar war.

Offiziellen Schätzungen zufolge gab es sieben Tote und 10.000 Vertriebene (von denen die meisten in ihre Häuser zurückkehren konnten, als der Sturm vorüber war). 500 offizielle Wohnhäuser wurden zerstört und weitere 403 beschädigt wurden, während 180 informelle Bauten und 42 RDP-Häuser ebenfalls verloren gingen. Der Schaden an der Infrastruktur wurde auf zwischen 4 bis 5 Milliarden Rand, also um die 200.000 Euro geschätzt. Was man aber in Relation zum hiesigen Niveau setzen muss.

Wenn man mit Locals spricht, bekommt man noch beeindruckendere Geschichten zu hören. Selbst bei unserem Guest House haben wir erfahren, dass die Flammen bis auf das Grundstück kamen und sogar da ein paar Bäume abbrannten.

Die Waterfront, um wieder zum Thema „Essen gehen“ zu kommen war unbetroffen und auch am heutigen Abend gut besucht. Gut das Jan-Hendrik vorher angerufen hatte, um uns zumindest die Wartezeit auf einen Tisch etwas zu verkürzen.

Unsere Wahl ist auf das Drydock gefallen, das lt. vielen beste Restaurant der Stadt.

Vom Ambiente, wir haben kein Foto gemacht, da es sehr, sehr voll war, eher ein Speisesaal. Es war super voll, super laut und es waren auch fast nur Weiße da. Vorwiegend mit britischem Aussehen (rote Köpfe, Segler-Adel, etwas zu laut und schon recht betrunken), aber das kann ja auch täuschen. Viele Gruppen, wobei eine besonders laut und nervig war. Die saß aber natürlich auch direkt neben uns – naja, die Weinkarte sollte da helfen.

Zumindest dem Blick von Jens nach war dem auch so.

Weine sind hier echt ein Ding, selbst die kleinste Kaschemme hat eine Weinkarte mit teilweise echt spannenden Flaschen. Und wenn man die Bedienung nach einer Empfehlung fragt, bekommt man in der Regel als Antwort „Also mir schmeckt der xyz am Besten, der andere geht aber auch. Ich bringe mal beide zum Probieren …“.

Bei der Essensbestellung konnten wir uns fast gar nicht entscheiden, leider gab es auch um uns herum nichts auf den Tischen, wo wir eine Unterstützung bei der Entscheidung erhalten konnten. Also aus dem Bauch heraus bestellt und da unsere Bäuche recht leer waren … naja. War ein wenig viel.

Wild-Carpaccio mit Pilzen. Etwas kalt aber lecker.

Aber dann – wenn man schon ein einem Ort mit einem Austernfest ist – die berühmten Knysna Oysters.

Geschmacklich gut, aber irgendwie recht klein und flach von der Muschelform her. Qualitativ alles gut, keine war schlecht oder so. Aber die Austern in Kapstadt waren besser.

Meike fand ihre seit Nova Scotia geliebte „Rockefeller Austern“, die hier in einer guten Packung Butter schwammen.

Am Tisch nebenan bestellte sich der Herr der Familie die zweite Flasche Wein, die Damen ein Cocktail nach dem anderen und die Teenager-Tochter setzte sich auf den Schoß ihrer Mutter, weil der Teenager-Bruder gemein zu ihr war. Wenn sie dabei nicht alle so laut gewesen wären, wäre das ja noch unter Trash-TV abzuspeichern und im weitesten Sinne unterhaltsam gewesen. So mussten wir aber teilweise sehr laut reden, um uns über die Tischecke zu verstehen.

Als Hauptgang gab es dann, weil wir uns eben nicht so richtig entscheiden konnten, die Seafood Platte für ein bis zwei Personen. Eine Person? Gut, Jens ist ja auch ein guter Esser im Zweifelsfall, aber diese Platte alleine essen? Niemals!

Die Muscheln sind hier irgendwie immer in einer dicken Sauce gekocht, das ist gewöhnungsbedürftig. Die Garnelen waren der Hammer mit einer recht scharfen Würzung. Und der weiße Fisch mit dem Reis und den Pommes war einfach nur lecker, genauso wie der Tintenfisch.

Ein echt leckeres Essen, wenn uns auch die Stärkebeilagen etwas zu viel waren. Im Falle von Meike aber nicht genug, um dem Dessert-Menü nicht noch eine „White Chocolate Crème Brûlée“ zu entlocken.

Die Bedienung lachte sich kaputt, als wir einen zweiten Löffel wollten und meinte nur „I hope you know what you are doing“ zu Jens. Der Service war überhaupt sehr herzlich und gefiel uns sehr gut. Im Falle von Jens so gut, dass er sich tatsächlich noch einen Brandy (KVV XXO 20yo) gönnte. Brandy war jahrelang das Getränk Südafrikas. Also das der weißen Siedler.

So gesättigt und leicht angetüddelt haben wir uns lieber zurück ein Uber geordert, was auch kurz danach kam. Die Waterfront war hier schon recht leer und nur noch ein paar Segler spazierten hier entlang. Die Waterfront ist aber auch von einem eigenen Sicherheitsdienst bewacht, insofern gilt das Areal auch als sicher.

Ein unterhaltsamer Abend und eine Restaurantempfehlung mit dem Drydock in Knysna.

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