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Schlachten, Schnee und eine Schule mit Schwimmbad (von Siglufjördur nach Laugarhóll)

Nach dem leckeren Essen gestern Abend haben wir uns wieder ein spätes Frühstück gegönnt. Der heutige Tag versprach viel Zeit im Auto und bot aktuell nicht besonders beeindruckendes Wetter. Schon beim Frühstück war abzusehen: Dies wird ein langer Tag.

Gestern beziehungsweise vorgestern Abend haben wir einen kleinen Fehler in unserer Reiseplanung entdeckt. Gebucht hatten wir dieses Hotel und dann ein Hotel in Isafjördur. In unserer Reiseplanung war heute halt eine lange Autofahrt gebucht, aber in der Planung hatten wir zur Berechnung die Orte Siglufjörður und Sauðárkrókur verwechselt. Was eine um 2 Stunden verlängerte Autofahrt bedeutet hat.

Das wollten wir nicht, also suchten wir nach einer Art „Zwischenstopp“ und fanden diesen nach einiger Suche im Hotel Laugarhóll an der Ostseite der Westfjorde. Die Auswahl war aber auch nicht besonders toll, denn wir haben ja nicht gerade Hauptsaison. Also nahmen wir ein sehr günstiges Hotel ohne jede Sternebewertung, aber mit guten Bewertungen auf den diversen Portalen.

Für heute bedeutete diese Entscheidung knappe 5 Stunden Autofahrt. Wobei uns unsere bisherige Erfahrung gelehrt hat, dass wir durch unsere ganzen „Hier ein Wasserfall, dort ein Strand“-Umwege mindestens 50% Aufschlag auf diese Fahrzeit aufschlagen sollten.

Also auf geht es, die Koffer wurden im Kofferraum verpackt (wo übrigens 2 große Koffer und ein Trolly reinpassten) und ein letztes Mal das schöne Panorama von Siglufjördur fotografisch festgehalten.

Die erste Strecke führte entlang der Hauptstraße 76 (Siglufjarðarvegur) entlang der Halbinsel und dann südwärts nach Sauðárkrókur, von wo aus wir dann in Richtung der Westfjorde fahre würden. Die Fahrt war unproblematisch und hier und da gab es immer wieder schöne Ausblicke auf die ruhige See. Wir wollten jetzt aber nicht an jedem Ort anhalten und so fuhren wir mehr oder weniger durch. Der Weg war das Ziel hier und die Känguruh Chroniken als Hörbuch brachten gute Unterhaltung dabei.

Und schon waren wir in Sauðárkrókur mit knapp 2.600 Einwohnern die größte Ortschaft in Nordwest-Island. Hier bogen wir von der Straße 76 ab und fuhren durch den Ort und dann in einem Bogen zur Ringstraße. Dabei fielen uns Hinweisschilder auf ein neues Museum hier auf und da wir sowieso reif für eine kleine Pause waren, fuhren wir einfach mal da hin.

Das Museum ist das „1238 – The Battle of Iceland“ Musuem, wurde 2020 eröffnet (super passend also genau zu einem Zeitpunkt, ab dem es kein Tourismus mehr gab) und ist somit eines der neuesten Museen Islands.

Thema des Museum ist die am 21. August 1238 stattgefundende Schlacht um Örlygsstaðir, die größte jemals in Island stattgefundene Schlacht. Zu der Zeit befand sich Island in einer Art Bürgerkrieg und die Anführer mehrerer Clans fochten hier um die Vormachtstellung in Island.

Auf der einen Seite waren Sighvatur Sturluson und sein Sohn Sturla Sighvatsson, Kolbeinn Ungi und Gissur Þorvaldsson auf der anderen Seite. Insgesamt ware knappe 3.000 Soldaten an der Schlacht beteiligt, die Anzahl der Toten ist unbekannt. Im Anschluss an die Schlacht wurden noch mehrere Anführer bei einer Hochzeit brutal getötet. Die Isländer haben hierüber auch eine Saga, die Sturlunga Saga.

Das Museum war natürlich auch innen sehr neu und nachdem uns ein freundlicher Museumsangestellter zwei Tickets verkauft hatte, ging es auch gerade rein. Dieses Mal also „Enter through the gift shop“, hatten wir auch so noch nicht …

Das Museum zeigt, was man heutzutage in einem Museum alles so machen kann. Es gab eine 360° Darstellung des Schlachtfeldes, mehrere interaktive Stationen und sogar ein digitales Buch, wo man die Saga nachschlagen konnte.

Daneben eben auch Ausstellungsstücke und Replikas aus der damaligen Zeit.

Highlight des Ganzen war aber dieser Raum hier.

Denn mittels VR-Brillen kann man hier Teilnehmer der Schlacht werden und dabei versuchen, einen wertvollen Speer zu finden. Dabei muss man die anstürmenden Krieger mit Steinen und anderen Wurfgeschossen abwehren.

Wir waren zwar erfolgreich, sind uns aber sicher, dass das Ganze auf die Schwierigkeitsstufe „Baby“ eingestellt war. Jens zum Beispiel hat konsequent an den Angreifern vorbeigeworfen. Bis auf Einen, der mitten in seine … isländischen Kronjuwelen getroffen wurde.

Sehr interaktiv und erlebnisreich. Danach gab es sogar einen Raum, in dem man die Geschichte mit dem „Wir töten alle bei dieser Hochzeit, indem wir das Haus abfackeln“ inkl. Rauchgeruch nacherleben konnte.

Gut, das war in unserer Phantasie doch spektakulärer. So war es nur ein Raum mit ein bisschen Nebel drin.

Aber ein echt cooles Museum, was hoffentlich noch weit mehr Zuspruch bekommt, wenn Island wieder mehr Urlauber zulassen kann. Hoffen wir das Beste, denn hier kann man sehen, wie ein historisches Museum in der heutigen Zeit aussehen kann.

Nach diesem schönen Zwischenstopp ging es weiter in Richtung der Westfjorde. Von Saudarkrokur aus ging es über die 744 und die 74 zur Ringstraße. Wie immer mit wunderschönen, einsamen Stränden, schneebedeckten Bergen und anderen schönen Blicken links und rechts der Straße.

Auch der ein oder andere Pass war schon ganz schön mit Schnee bedeckt – dies sollte in den nächsten Tagen noch spannend werden.

Aber schön ist die Gegend hier schon.

Am Ende des Hrútafjörður bogen wir dann von der Hauptstraße Nummer 1 ab in Richtung der Westfjorde auf die Hauptstraße 68 (Innstrandavegur) ab, welche uns für die nächsten 104 Kilometer zu der kleinen Halbinsel bringen sollte, auf der unser Ziel für heute liegt. Von den 104 Kilometern waren 39 Kilometer nicht asphaltiert.

Inzwischen hatte Meike das Steuer übernommen und machte eine erste Bekanntschaft mit dem isländischen Splitt.

Das Wetter hielt sich einigermaßen und so konnten wir, wenn links oder rechts des Weges etwas interessantes erblickt werden konnte, auch mal angehalten werden.

Die Westfjorde, die wir die nächsten Tage besichtigen wollen, sind eine recht dünn besiedelte, mit dem Rest von Island nur durch einen schmalen Landhals verbundene Halbinsel. Touristen lassen diese Region oft einfach links (beziehungsweise rechts, je nach Fahrtrichtung auf der Ringstraße) liegen, denn die Westfjorde sind selbst für isländische Verhältnisse echt ländlich.

Die vielen Fjorde reichen hier sehr tief ins Land hinein, weswegen knapp 30% der Küstenlinie Islands auf die Westfjorde entfallen. Hierdurch sind die Entfernungen oft sehr groß, auch wenn die Luftlinie relativ kurz ist. Und die Straßenverhältnisse sind oft … rumpelig.

Hin- und Rückfahrten an einem Tag sind kaum möglich. Bei Unwetter und Schnee sind die Schotterstraßen nicht selten unpassierbar. Schutzhütten mit Telefon und Nahrung werden regelmäßig genutzt und retten jedes Jahr einige Leben. Und Fährverbindungen gibt es nicht, daher sind die Straßen essentiell.

Heute wollten wir aber nur noch zum Hotel, denn die Fahrt war schon recht lang. Also hielten wir eher selten, machten noch einen kurzen Tankstop im kleinen Ort Holmavik und fuhren dann in Richtung unserer Unterkunft.

Wenn man die Hauptstraßen verlässt und in die 3-stelligen Straßen oder die F-Roads („Fjallabaksleið“, lyrisch „Weg hinter den Bergen“ übersetzt) abbiegt, bekommt man oftmals solche Schilder zu sehen. Merke: Ein dicker Strich auf solchen Karten bedeutet nicht zwangsläuft, dass das eine … angenehm befahrbare Straße sein wird.

Unser Ziel, das Hótel Laugarhóll, war nur eine kurze Strecke auf der 643 entlang und tauchte kurz danach auf.

Das Hotel, was wir spontan gestern gebucht hatten, ist die ehemalige Grundschule der Region. Die 2 Klassenzimmer wurden in mehrere Zimmer aufgeteilt, es gibt kein Fernseher und auch sonst ist alles recht … rudimentär. Aber witzig.

Beim freundlichen CheckIn durch einen sehr jungen MItarbeiter wurden wir auf einen der Hauptgründe hingewiesen, weswegen wir auch genau das Hotel ausgesucht hatten: Das Schwimmbad. Und genau dahin führte unser Weg gleich nachdem wir uns im Zimmer ausgebreitet hatten.

Kein so schlechter Ort, um die in Siglufjördur im Alkohol-Shop gekauften Biere zu genießen.

Das Schwimmbad hier hat den Namen „Gvendarlaug“ und wurde tatsächlich zwischen 1943 bis 1947 eröffnet. Seine Geschichte geht aber viel weiter zurück. 1928 haben hier Bauarbeiter, die die nahe Straße gebaut haben, mit ein paar Steinen einen Bachlauf aufgestaut und dort gebadet. Und selbst das war erst der zweite Pool an dieser Stelle, denn um das Jahr 1200 herum hat weiter oben am Berg (da, wo das warme Wasser für den Pool herkommt) ein Bischof eine „Hot Spring“ entdeckt und eingeweiht.

Neben dem Schwimmbad gibt es hier auch noch (3 Meter Fußweg entfernt) ein paar Naturquellen. Muss schon nicht so schlecht gewesen sein, hier als Grundschüler Sportunterricht gehabt zu haben. Und danach alle in eine Hot Spring …

Es gab hier sogar mal einen Schwimmverein, der hier Wettkämpfe abgehalten hat.

Sogar in der Männer-Umkleide sah es aus wie in einer Grundschule.

Die Schule wurde vor vielen Jahren geschlossen, denn im ganzen Bezirk leben aktuell noch 105 Menschen. Von denen übrigens 103 geimpft sind (2 Kinder sind noch nicht, die kennt man aber).

Das inkludierte Abendessen gab es in der alten Mensa.

Die 2 Angestellten, die heute Abend das ganze Hotel betreuten, zauberten ein kleines Buffet, was vorwiegend vegetarisch war. Dazu gab es noch eine Lasagne und frisch vom Mann der Inhaberin gefangenen Fisch, den der portugiesische Koch wunderbar einfach zubereitete.

Später hatten wir dann noch ein paar nette Gespräche mit den anderen Gästen, was bei so einem Speiseraum fast schon natürlich passiert. Also quatschten wir noch mit dem netten Ehepaar aus Washington D.C. (er ein AI Entwickler, sie eine Psychologin) und einer Isländerin (ehemalige Pilotin und aktuell Ausbilderin bei dem Betreiber aller Flughäfen in Island). Und danach ging es auf ins Bett.

Für einen „Tag im Auto“ war das aber auch ganz schön viel heute … 😉

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