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Abenteuer Autofahren und ein Essen zur Belohnung (von Patreksfjörður nach Budir)

Der heutige Tag versprach spannend zu werden. Gestern Nacht hatten sich unsere Handys fast vom Nachttisch vibriert, so oft kamen Warnmeldungen über Wind und Wetter in der Region, die wir heute befahren würden. Wir sind jetzt nicht wirklich so unerfahren im Autofahren und Jens hat ja auch ein bisschen Erfahrung im Offroad-Fahren, aber wenn selbst die Isländer eher zweifelnd schauten, wenn wir unser heutiges Etappenziel Búðir nannten, war klar: Das heute wird nicht einfach.

Auf dem Parkplatz war jetzt etwas mehr los, als wir unsere Koffer zum Auto rollerten. Wir fuhren aber mehr oder weniger zuerst los.

In Patreksfjördur haben wir noch kurz an einer Tankstelle den Tank aufgefüllt und dann ging es ab auf die Hauptstraße 62, die Barðastrandarvegur, und am Ósafjörður entlang. Dann ging es über die 404 Meter hohe Kleifaheiði und weiter am Barðaströnd entlang zurück zur Hauptstraße 60.

Gerade auf dem Pass wurde es dann aber doch schon spannend, denn der Wind blies stark von der Seite und die Bodenhaftung war dann doch nicht immer so gut.

Aber hier war noch alles auszuhalten, denn unser Kia fuhr angenehm, die Straße war recht gut befahrbar und die Heizung tat ihren Dienst. Und wir hatten ja keinen Zeitdruck, insofern konnten wir auch langsam und über-vorsichtig fahren.

Andere Autos waren allerdings auch nicht zu sehen, denn road.is hatte vorab gemeldet, dass man aufschiebbare Reisen nicht antreten soll und die Isländer hielten sich augenscheinlich daran.

Nach der Passstraße fuhren wir, wie gesagt, weiter an der Küste entlang. Weiterhin vorsichtig, denn auch hier blies der Wind recht stark. Aber die Aussicht war wieder einmal beeindruckend.

Wenn man in Island Auto fährt, sollte man vorher natürlich die Verkehrszeichen kennen. Was wir aber anfangs nicht sofort einordnen konnten, waren diese Digital-Anzeigen. Inzwischen hatten wir aber gelernt: Wenn auf so etwas eine rote Zahl steht, ist Vorsicht geboten!

Auf diesen Anzeigen werden die Wetterbedingungen (vor allem die Windstärke) auf der folgenden Passhöhe angezeigt, sodass man hier noch umkehren kann. Hier für den Klettshals, 330 Meter. Im Internet wird dieser Pass lapidar mit „Im Winter häufig unbefahrbar“ umschrieben.

Tja …

Jetzt wurde es doch etwas hektisch. Fotos haben wir hier keine gemacht, denn dafür war die Situation doch zu anstrengend für den Fahrer Jens bzw. zu aufregend für die Beifahrerin Meike. Man kann die Situation etwas an den Fahrspuren im Bild erkennen.

Die komplette Straße war mit etwas Schnee besprenkelt und unter diesem nassen Schnee lag mehr oder weniger Eis. Dadurch hatte unser Auto hier irgendwann überhaupt keine Traktion mehr und schlidderte hin und her. Und dann fast rechts ab, wobei Jens es noch vorher abfangen konnte. Im Grunde genommen ging es dann nicht mehr weiter.

Was tun? Einen Umweg gibt es mehr oder weniger nicht, es sei denn, wir würden über Isafjördur zurück fahren. Dadurch würde sich allerdings die Strecke um etwa 500 Kilometer verlängern. Und es war nicht sicher, ob die Strecke überhaupt frei ist. Also nach dem Motto „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“ fasste sich Jens ein Herz und versuchte es noch einmal. Was keine Verbesserung im Ergebnis brachte, denn an der gleichen Stelle blieben wir wieder hängen.

Dann wurde das nächste Motto ausgepackt, dieses Mal von Jeremy Clarkson, der in seinen Rolle als Moderator von Top Gear jedes Problem mit dem Spruch „More Speed!“ zu lösen versuchte. Zusätzlich versuchte wir so, die Reifen nicht zum Aquaplaning zu bringen und mit dem Schwung hoffentlich eine nicht mehr so eisige Stelle zu erreichen. Denn irgendwer schien es ja schon einmal geschafft zu haben, wie man an den Fahrspuren sehen konnte.

Und das verlief dann besser, denn nach etwa 100 Metern hektischem Hin- und Herlenken (und einer Meike, die vor Anspannung fast den Türgriff abgerissen hat) wurde die Strecke wieder etwas besser und wir kamen tatsächlich über den Pass. Gut, dass es hier recht windstill war, denn mit einem starken Seitenwind hätte das eher nicht geklappt.

Bis zur Passhöhe waren es dann noch 500 Meter und auf der anderen Seite ging es dann bergab mit besseren Straßenverhältnissen.

Und auf Seeniveau angekommen gab es dann, quasi zur Wiedergutmachung, einen Regenbogen.

Irgendwie war es aber immer noch nicht so entspannend, denn der Wind war immer noch recht stark. Auf der anderen Seite war das raue Wetter heute auch irgendwie schon fast klischeehaft passend für einen Islandurlaub im Herbst.

Immerhin hatten wir ja asphaltierte Straßen, auf denen wir … wait, what?

Oh Mann, neben dem Wind (die Wetter-App meldete hier Warnungen vor Windböen bis zu 23 m/s, was Windstärke 9 bedeutet) dann noch so eine Straße …

Aber langsam und vorsichtig haben wir unseren Weg gefunden und sind dann auch irgendwann mehr ins Landsinnere gekommen, wo es nicht so stark windete. In Dalabyggð haben wir dann den Tank wieder aufgefüllt und gleichzeitig, quasi als erste Belohnung für uns, in einem kleinen Supermarkt neben der Tankstelle nur ungesunde Sachen gekauft.

Kurz danach ging es dann von der 60 ab auf die Hauptstraße 54, den Snæfellsnesvegur. Hier fanden wir einen kleine Feldweg, in dem wir uns mit dem Auto einfach hinstellten, die gekauften Lebensmittel vertilgten, einfach nur in die Landschaft schauten und weiter unseren Hörbüchern zuhörten. Und versuchten etwas runter zu kommen, denn das war schon anstrengend bis hier hin.

Die Hauptstraße 54 ist insgesamt 229 Kilometer lang und führt in einem Bogen rund um die Halbinsel Snæfellsnes, die wir morgen erkunden wollten. Die Region wird auch „Island in Miniatur“ genannt, weswegen wir hier 2 Übernachtungen eingeplant hatten.

Aber erst einmal zum Hotel in Búðir kommen, denn noch waren wir nicht da.

Aber das Wetter war ab jetzt gnädig, die Stärke der Windböen nahm etwas ab und führten zu keinen Problemen mehr.

Dafür waren die Möglichkeiten von Meike als Beifahrerin etwas eingeschränkt, was das Fotografiere aus dem Autofenster hinaus angeht.

Über die 55 kürzten wir die Strecke nach Budir etwas ab, denn für die ganze Runde fehlte uns etwas Zeit und auch Lust – heute wollten wir tatsächlich erst einmal ankommen. Was wir dann auch kurz danach taten.

Das kleine Haus links ist das Hotel Búðir, rechts ist die Kirche Búðir. Und mehr gibt es in Búðir jetzt auch nicht so richtig, denn von seiner Rolle als wichtiger Handelsplatz im 16. Jahrhundert ist nichts mehr übrig.

Wir fanden einen Parkplatz nahe am Hotel und stiegen vorsichtig aus. Bei dem Wind muss man nämlich mit den Autotüren aufpassen, denn eine Böe kann sehr schnell dazu führen, dass man die Tür ins benachbarte Auto haut. Oder sich selber gegen das Schienbein, je nachdem.

Für uns ging aber alles gut und nachdem wir im Hotel waren, waren wir sehr angenehm überrascht. Denn das ganze Haus ist wunderschön und sehr gemütlich eingerichtet. Das Personal ist sehr bemüht (beim CheckIn hat eine spontan vorbeikommende Reinigungskraft einfach einen Koffer mit die Treppe hinauf getragen. Einzig unser Zimmer im Obergeschoss war auf der einen Seite sehr cool, denn es hatte ein Kippfenster, von dem aus man in Richtung Kirche schauen konnte und daher auch Nordlichter gut sehen könnte. Andererseits hatten wir eine direkte Lüftung nach draußen und der Wind nahm wieder zu und somit auch die Lautstärke der Lüftung.

Aber egal: Wir waren angekommen, hatten keinen Unfall gebaut und es gab eine sehr coole Hotelbar. Mit isländischem Craftbeer.

Läuft!

Da, wie schon gesagt, in Budir sonst nichts mehr ist und wir jetzt nicht wirklich Lust darauf hatten, mit dem Auto irgendwo hin zu fahren, aßen wir im Hotel-Restaurant.

Nicht die schlechteste Idee, denn das Essen hier war vorzüglich. Der Service sowieso auch.

Zu Essen gab es eine Schellfisch-Suppe mit Dillöl bei Meike.

Und ein Rindfleisch Carpaccio mit Haselnüssen, Trüffel-Mayonnaise und Parmesan bei Jens.

Und, weil er der Meinung war es als Fahrer verdient zu haben, noch eine Hühnerleber-Parfait mit Blaubeeren-Marmelade, Pistazien und Brioche.

Vorzüglich. Dazu gab es noch das eine oder andere Bier. Und für morgen hatten wir dann schonmal ein Tisch mit einem Menu im voraus reserviert, denn man kann hier auch eine Art „Tasting Menu“ machen.

Heute ging es weiter mit Mönchsfisch mit Brokkoli und Pesto – eine ungewöhnliche (und von Meike selbst zusammengestellte) Kombination, aber es funktionierte sehr gut!

Jens war eher klassisch unterwegs mit einem Lammkarree, Pesto und etwas Kartoffelpüree.

Wir wiederholen uns: Sehr gut!

Satt und zufrieden ging es dann zurück in die stylische Hotelbar, wo wir noch einige Getränke zu uns genommen haben.

Neben drei Whiskys für Jens gab es noch eins der wenigen isländischen Stouts für Meike – jetzt nicht der Kracher, aber in der Bar in einem Sofa sitzend mit dem Wind, der draußen heult, war es … angemessen!

Als wir da so saßen und unsere Getränke genossen, konnten wir die Unterhaltung zweier Angestellten mithören, die überlegten, ob sie heute nach der Schicht noch nach Hause fahren können. Die Winde nahmen nämlich wieder zu und es gab diverse Warnungen. Ein Tourguide erzählte uns dann noch, dass auf der Strecke, die wir heute gefahren sind, über 10 Autos von der Straße gerutscht sind – vorwiegend Touristen in Camper mit Sommerreifen.

Für morgen sollte es zwar kein Schnee geben, aber die Windstärken (das rot unterstrichene in den Boxen ist die Windgeschwindigkeit in Meter pro Sekunde und wir sind gerade unten in dem kleinen Zipfel unterhalb der roten (gesperrten) Straße.

Wir schauen mal, was morgen ist. Wenn wir hier nämlich eines gelernt haben, dann, dass das Wetter sich auch schnell ändern kann in Island.

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