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In den Fängen des dänischen Feuerroß

In Erinnerung an die letztjährige Rückreise von Toronto in den Klauen des Kranichs hatten wir für den Rückweg von Kopenhagen eine klimatechnisch bessere Variante gewählt. Soviel vorneweg: Hätten wir gewusst, was uns in den Fängen der dänischen Staatsbahn erwartet, wir wären geflogen. Notfalls sogar mit Lufthansa … 😉

Sonntag, Rückreisetag. In unserem Fall, nicht wie bei unseren großen Urlauben üblich, mit dem Flugzeug und irgendwelchen Lounges oder Stop-Overs, sondern mit der Eisenbahn. Eigentlich ganz einfach: Kopenhagen nach Hamburg und dann von Hamburg nach Köln. Richtig? Nein!

Bei der Buchung wurde schon deutlich, dass dies nicht so einfach werden würde, denn der Zug von Kopenhagen nach Hamburg ist reservierungspflichtig und wenn keine Plätze mehr da sind, kann man nicht mitfahren. Also mussten wir den 13 Uhr Zug nach Hamburg nehmen, was eine Ankunft in Köln um 23 Uhr irgendwas zur Folge haben sollte. Zweites Problem: Der IC von Kopenhagen aus wurde lange Zeit von der dänischen Staatsbahn betrieben, allerdings mit recht alten IC3 Triebwagen, die recht fehleranfällig waren. Also wird seit Jahren schon geplant neue Züge für diese Route anzuschaffen, allerdings ohne Erfolg. Großprojekte zu versemmeln ist also keine rein deutsche Sache. Die DB hilft hier aktuell mit alten IC Waggons aus und die DSB stell Loks zur Verfügung, die in beiden Stromnetzen fahren können. Soweit die Theorie.

In der Praxis konnten wir ausschlafen und haben uns dann ein letztes Mal mit den Koffern vom Hotel in Richtung Nörreport Station aufgemacht.

Hier versuchten wir unser Glück mit der S-Bahn, die hier echt runtergekommen aussah.

In der S-Bahn merkte man gleich das größere Profil und damit der Platz. Welcher natürlich auch für Fahrräder genutzt wird, die hier sogar eine sehr kluge Ein- und Austiegsmethode haben.

Denn man muss an einer Tür einsteigen, mit den Rädern nach links durchgehen und dann an der nächsten Tür aussteigen. Dazwischen die im oberen Bild erkennbaren Stellplätze. Nix mit „Im Weg stehen“, nix mit „Tür blockieren“ wie zu Hause.

Wir haben noch so viel zu lernen in Deutschland …

Am Hauptbahnhof hatten wir viel zu viel Zeit um die paar Einkäufe zu erledigen. Durch unsere 2 Koffer waren wir auch nicht so bewegungsfreudig und so teilten wir uns immer wieder mal auf, um entweder Sandwiches ….

… oder andere Dinge zu kaufen.

Die Bahnhofshalle war schon recht voll, aber im Grunde genommen ging es ganz gut. Einzig die Tatsache, dass es wenig Sitzplätze gab, störte uns ein wenig. Erst Recht, da wir wirklich viel, viel zu früh da waren.

Also gingen wir einfach mal zum Gleis unseres ICs, um zu schauen, was da so los ist. Wie sich herausstellte ganz schön viel, denn der Zug war schon da.

Gut, er war gerade aus Hamburg angekommen aber das ist ja auch schonmal ein gutes Zeichen. Denn was da ist, kann auch wieder losfahren.

Nachdem unser IC von der neuen dänischen Lok ins Depot gefahren wurde, haben wir uns an eine recht ruhige Seite unseres Bahnsteiges verzogen und dort im Schatten gestanden und gewartet. OK, für Jens war noch das mit dem „Bahngucken“ eine Alternative, aber ansonsten war da wenig zu sehen.

Also was Essen, in diesem Fall das käuflich erworbene „Pølsehorn met ketchup“ verzehrt: Ein HotDog in einem Brötchen und Ketchup. Hörte sich wesentlich leckerer an als es am Ende geschmeckt hat.

An unsere Lieblings-Käsekrainer in Wien am Hauptbahnhof kam das jedenfalls nicht einmal ansatzweise ran.

Dann standen wir einfach so herum und wunderten uns, wo andauernd das Geschrei herkam. Bis wir das große Kettenkarussell im gleich neben dem Hauptbahnhof gelegenen Tivoli entdeckten.

Weiter mit ein wenig Trainspotting.

Spannend dieser Zug, der sage und schreibe 4 Mal geteilt wurde. Da ist es schon durchaus wichtig, in welchen Wagen man einsteigt. Und dagegen ist die Zugteilung von Hagen ein Witz.

Dann tauchte aber unser IC zumindest auf der Anzeigetafel auf.

Das mit dem Fahrtziel „Padborg“ sahen wir noch als witzige Anekdote zu diesem Zeitpunkt …

Unser IC wurde dann rückwärts an den Bahnsteig rangiert und unser Wagen lag natürlich am anderen Ende des Bahnsteiges. Aber glücklicherweise war genug Zeit und so konnten wir zu unserem Waggon gehen und unsere reservierten Plätze einnehmen.

Im alten 6er Abteil, voll besetzt. Mit irgendwelchen Polen, die von einer Kreuzfahrt kamen und das mit dem Thema „Platzreservierung“ nicht so wirklich verstanden haben. Und einer jungen Dänin, die zurück zur Uni nach Hamburg fahren wollte.

Vorbei am Depot der DSB EB Lokomitiven, 2020 in Dienst gestellt. Nagelneu also. Eine Besonderheit dieser Baureihe ist die oft erwähnte Mehrsystem-Fähigkeit, die Lokomotiven sollten sowohl in Dänemark als auch in Schweden und Deutschland fahren können.

Und zumindest in Dänemark fuhren sie auch gut. Links und Rechts der Bahnstrecke viel Wasser, viel schöne Landschaft. Die Klimaanlage funktionierte gut und im Abteil kehrte Ruhe ein. Es gab gratis Essen und Getränke und alles war gut.

Bis Padborg. Wir erinnern uns an die Anzeige in Kopenhagen. Denn so etwa 5 Minuten vor der Ankunft wurde der Zug signifikant langsam und rollte dann mehr oder weniger in Richtung Padborg. Gleichzeitig ertönte die Stimme des Zugbegleiters, der uns verkündete, dass der Zug in Padborg außer Dienst gestellt werden muss, da die Lok aufgrund eines Schadens nicht auf das deutsche Netz umschalten kann. Und damit fiel der ganze Zug aus.

Toll!

Also alles raus und … tja, da die Zugbegleiter alle erst vor 5 Minuten davon erfahren hatten, war alles sehr chaotisch.

Witzig war der deutsche Zugbegleiter, der ab hier übernehmen sollte und auch mindestens überrascht war, dass er keinen Zug zum Übernehmen mehr hatte.

Irgendwann sprach sich die Lösung rum: Ein Nahverkehrszug nach Flensburg sollte gleich kommen und den sollten dann alle (!) nehmen, um in Flensburg eine weitere Regionalbahn nach Hamburg zu bekommen.

Ein IC hat dann doch mehr Menschen als eine Regionalbahn so verkraften kann, wobei wir bei der 8 Minuten Fahrt nach Flensburg noch Glück hatten und tatsächlich noch zwei Sitzplätze in der ersten Klasse ergattern konnten.

Für die 2 Stunden von Flensburg nach Hamburg war die Aussicht dann … nicht mehr so gut.

Der Zug war völlig überfüllt. Am Ende war es so voll, dass sogar einige Fahrgäste, die zwischendurch zusteigen wollten, nicht mehr einsteigen konnten und per Durchsage angewiesen wurden, den nächsten Zug in einer Stunde zu nehmen.

Was auch nicht hilfreich war, war die Tatsache, dass es auch viele nicht deutsch sprechende Menschen betraf, allerdings alles nur auf Deutsch durchgesagt wurde. Eigentlich konnte man ja froh sein, dass man überhaupt weg kam, aber 2 Stunden im Stehen oder auf dem Koffer sitzend war schon hart an der Grenze.

In Neumünster wurde es etwas leerer, weil dort ein weiterer Zugteil von Kiel angekoppelt wurde, was ein paar nutzen, um den Waggon zu wechseln. Aber Plätze wurden natürlich keine frei.

Mit Musik und Zynismus ging es dann nach Hamburg, was überraschend pünktlich erreicht wurde.

In Hamburg dann der übliche Wahnsinn. Dieser Bahnhof ist für die Menge an Passagiere nicht geeignet, alles ist zu eng, überall genervte Gesichter und die hier üblichen stressigen Menschen vom Rande der Gesellschaft. Dazwischen Touristen, Geschäftsreisende, Hamburger und dann wir. Ursprünglich hatten wir überlegt für den ICE, den wir jetzt nehmen mussten, noch was zu Essen zu kaufen. Stattdessen haben wir noch 2 Sitzplätze reserviert, weil wir Angst hatten, dass der Zug zur voll werden würde.

Wurde er am Ende nicht, aber wir hatten dennoch Einzelplätze gegenüber am Fenster im Ruhebereich.

Und der Zug fuhr einigermaßen pünktlich ab, sodass wir uns mit den Resten der Einkäufe aus Kopenhagen und Musik beziehungsweise Filmen auf Handy und Tablet häuslich einrichteten.

Wie gesagt war der Zug überhaupt nicht voll und so rollerten wir durch Norddeutschland über Bremen und Osnabrück ins Müsterland dem Abend entgegen.

Der Zug ist ein Nachtzug ohne als solcher bezeichnet zu werden, denn seinen finalen Bahnhof München erreicht er am nächsten Tag um halb 7 morgens. So setzte in der ersten Klasse auch so im Ruhrgebiet eine gewisse Müdigkeit ein. Etwas irritierend war dabei das Pärchen im Vierer links, was in Münster eingestiegen war, sich die Wanderschuhe auszog und gleich hinlegte. Und dabei einen unglaublichen Gestank ausstieß, dass einem schon fast übel werden konnte.

Im Rest des Zuges war da noch mehr los, was wir dann in Köln-Deutz sehen konnten, wo wir um halb 1 ankamen und in Richtung der Taxen gingen. Hoffen wir für diejenigen, die es brauchen, dass sich was Schlaf finden konnten.

Ach so: In Köln waren es noch 21 Grad und die Luftfeuchtigkeit betrug gefühlte 99% (waren 73, reichte uns aber auch!) Wir vermissten Grönland so unglaublich in diesem Moment.

Auf jeden Fall waren wir zu dem Zeitpunkt durch, etwa 1 1/2 Stunden später als geplant zu Hause und mussten noch lange auf ein Taxi warten, nur um dann einem typischen Kölner Taxifahrer in die Hände zu fallen. Bedeutet: Redete unaufgefordert über unnötige Geschwindigkeitsbegrenzungen, fuhr überall zu schnell und blinkte quasi nie.

Aber glücklicherweise waren wir noch von der Reise entspannt und konnten so die Fahrt erdulden. Welche den Abschluss dieser unglaublich beindruckenden 2 Wochen Reise darstellte, die uns sowohl unglaubliche Landschaften als auch Genuss und nachhaltige Eindrücke auf allen Ebenen bescherte.

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